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© privat / Tagesspiegel

Steigende Sozialbeiträge: „Wir brauchen Debatten statt Denkverbote“

Der Anteil der Sozialabgaben beträgt heute schon fast 41 Prozent vom Bruttolohn. Und er dürfte noch steigen. Die Politik geht einen Irrweg, meint der Präsident der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg.

Eine Kolumne von Stefan Moschko

Wir leben in der Ära der Zeitenwenden. Bei der Verteidigung, beim Klimaschutz, bei der Energieversorgung, überall sollen Kehrtwenden stattfinden. So will es die Politik. Nur bei den Sozialversicherungen beharrt sie auf dem Status quo, allen Reformzwängen zum Trotz. Mit dem geplanten Rentenpaket II will sie sogar noch eins draufsetzen. Es wäre das teuerste Sozialgesetz des Jahrhunderts mit jährlichen Mehrausgaben von bis zu 50 Milliarden Euro.

Das würde die Summe der Sozialbeiträge weiter in die Höhe treiben. Schon heute liegt sie bei beachtlichen 40,9 Prozent. 2040 werden es mehr als 50 Prozent sein, wenn niemand gegensteuert. Einerseits beziehen immer mehr Menschen Rente, andererseits zahlen immer weniger in Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung ein.

Derart hohe Beiträge würden tausende Jobs kosten. Zugleich würden sie die Lasten der Demografie einseitig den jungen, arbeitenden Menschen aufbürden. Das wäre das Ende des Generationenvertrags.

Eine sachliche Debatte über die Zukunft der Sozialversicherung ist dennoch kaum möglich. Wer darauf hinweist, wie brisant die Entwicklung ist, wird der sozialen Kälte geziehen. Rentenkürzungen redeten die Arbeitgeber das Wort, heißt es dann, sie nähmen Altersarmut und Verelendung billigend in Kauf.

Diese Holzhammer-Debatten führen nirgendwo hin. Die Mathematik lässt sich weder überzeugen noch überlisten. Je länger sich die Politik um Weichenstellungen drückt, desto geringer wird der Spielraum für Reformen. Ganz abgesehen von der Attraktivität des Standortes Deutschland, die mit jedem Prozentpunkt geringer wird, um den die Sozialbeiträge steigen. Die Politik muss tragfähige Lösungen finden, um das Sozialsystem zu sichern – und die Sozialpartner dazu ins Boot holen.

Diese Kolumne „In der Lobby“ kommentieren Köpfe aus Verbänden, Kammern und Gewerkschaften die politische Lage.

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