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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) besucht die Endoskopieabteilung der Sana-Klinik.

© dpa/JOHN MACDOUGALL

Update

Länder drohen mit Blockade: Kabinett bringt Lauterbachs Krankenhausreform auf den Weg

Die umstrittene Neuaufstellung der Kliniken kommt voran. Die Regierung schickt die Pläne für eine große Reform ins Parlament – doch die Debatten gehen weiter.

Die Krankenhäuser in Deutschland sollen unter weniger finanziellem Druck stehen und sich bei Behandlungen stärker spezialisieren. Darauf zielen Gesetzespläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), die das Kabinett am Mittwoch auf den Weg gebracht hat. Die Reform soll die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle ändern. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen.

Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen zudem genauer definierte „Leistungsgruppen“ sein. Sie sollen bestimmte Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben absichern.

Lauterbach sagte, mit der Reform ziehe die Regierung die Notbremse: „Ohne die Strukturen der stationären Versorgung zu ändern, drohen Klinik-Insolvenzen, schlechte Behandlung und weite Wege.“ Die Neuregelungen sollten in einer alternden Gesellschaft gute stationäre Behandlung für alle gewährleisten. „Fallpauschalen, die momentan oft das medizinische Handeln bestimmen, werden wir deshalb durch Vorhaltepauschalen und Qualitätsvorgaben ersetzen. Dann bestimmt der medizinische Bedarf die Behandlung, nicht die Ökonomie.“

Gegen die Pläne hatten zuvor die Länder Einwände angemeldet. Lauterbach hat das Gesetz aber nicht mehr so angelegt, dass es im Bundesrat zustimmungsbedürftig ist. Der Entwurf kommt nun in die Beratungen im Bundestag. In Kraft treten soll das Gesetz Anfang 2025, die konkrete Umsetzung soll dann Schritt für Schritt in den Jahren danach folgen.

Kurz vor der heutigen Veraschiedung formierte sich in den Ländern parteiübergreifender Widerstand gegen die Pläne des Bundesgesundheitsministers. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne), der lange die Verhandlungen aufseiten der Länder geleitet hatte, warf Lauterbach in der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwoch) mehrfachen Wortbruch vor und drohte mit einer Blockade der Gesetzespläne im Bundesrat durch den Vermittlungsausschuss.

„Größter Wortbruch“ – Klage nicht ausgeschlossen

Der Minister habe bei der Reform „den Weg der Verständigung mit den Ländern verlassen und hält sich nicht mehr an gemeinsame Absprachen“, kritisierte Lucha. Alle 16 Länder-Gesundheitsminister forderten parteiübergreifend Änderungen, fügte er hinzu: „Sollte der Bund die Vorschläge der Länder nicht aufgreifen, ist der Gang in den Vermittlungsausschuss unausweichlich. Und ob Karl Lauterbach dann ein gemeinsames Vermittlungsergebnis noch in seiner Amtszeit als Minister erleben wird, halte ich für fraglich.“

Wenn Lauterbach nicht auf die Vorschläge der Länder eingehe, müsse der Bundestag die Reform im parlamentarischen Verfahren deutlich nachbessern: „Am Ende entscheidet der Bundesrat so oder so.“ Das Vorgehen, die Reform als nichtzustimmungspflichtiges Gesetz auf den Weg zu bringen, sei „der größte Wortbruch, den sich der Bundesgesundheitsminister entgegen früheren Zusagen gegenüber den Ländern geleistet hat“.

Ein Gutachten im Auftrag mehrerer Länder sei zum Ergebnis gekommen, dass die Reform ein im Bundesrat zustimmungspflichtiges Gesetz sein müsse: „Die Länder halten sich eine Klage offen, das hängt vom weiteren Verhalten des Bundes ab.“.

Lauterbachs Pläne widersprächen auch inhaltlich dem föderalen Prinzip, ergänzte der Grünen-Politiker: „Der Minister glaubt, zentralistisch vom Bund aus über das Krankenhausangebot vor Ort entscheiden zu können, obwohl die Planungshoheit laut dem Grundgesetz bei den Ländern liegt.“ Die Reform begünstige zudem einseitig Universitätskliniken in den Großstädten, nötig sei aber eine möglichst optimale Versorgung auch im Umland.

Dahmen begrüßt Pläne zu Krankenhausreform

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen hat das Maßnahmenpaket der geplanten Krankenhausreform dagegen begrüßt. Das Vorhaben sei „notwendig, wirksam und überfällig“, sagte er am Mittwoch dem Sender NDR Info. Dies gelte insbesondere angesichts der existenziellen wirtschaftlichen Not, in der sich viele Kliniken befänden. Menschen müssten sich auch zukünftig darauf verlassen können, „das richtige Krankenhaus zur richtigen Zeit am richtigen Ort überall in Deutschland zu haben“, betonte Dahmen.

Zugleich sah Dahmen Raum für Verbesserungen. „Ich kann mir vorstellen, dass es in der Ausgestaltung des Gesetzes beispielsweise noch einfacher gemacht werden muss, Kooperationen und Konzentrationen von Krankenhäusern, dort wo sie regional gewünscht und sinnvoll sind, noch leichter zu machen“, sagte er.

Mit der Krankenhausreform will die Regierung Finanzierung, Organisation und Leistungsspektrum der rund 1.900 Krankenhäuser im Land grundlegend verändern. Dabei soll die Behandlungsqualität verbessert werden, indem nicht mehr jede Klinik alles machen darf, sondern nur die für eine Leistung notwendigen Mindeststrukturen vorgewiesen werden müssen.

Das dürfte auch die Zahl der Kliniken verringern und für mehr große Kliniken sorgen. Allerdings streiten der Bund und die Länder um die damit verbundene Krankenhausplanung. Die Länder befürchten, dass insbesondere in ländlichen Regionen zu viele Krankenhäuser geschlossen werden und bestimmte Leistungen nicht angeboten werden. Auch über die Finanzierung wird gestritten. (dpa, KNA)

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