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Plakat von Renate Gaulke für den Zoo Schwerin aus dem Jahr 1987.

© Jens Ziehe/Promo

Schau zu ostdeutschen Grafikerinnen: „Feminismus war für sie kaum ein Thema“

Kunsthistorikerin Helene Roolf erklärt im Interview, worin sich die Plakatkunst der DDR von der BRD unterschied und warum grade in Cottbus Plakate gesammelt werden.

Frau Roolf, im Dieselkraftwerk in Cottbus wird unter dem Titel „Sammlungseinsichten. Plakate ostdeutscher Grafikerinnen“ Plakatkunst gezeigt. Warum bleiben Grafiker dabei diesmal außen vor?
Es ist eine Kooperationsausstellung mit der Stiftung Plakat OST, Berlin, die seit 2009 vorrangig Plakate aus der DDR sammelt. Deren Leiterin, Sylke Wunderlich hatte 2015 im Schleswig-Holstein-Haus in Schwerin schon einmal eine Ausstellung kuratiert, wo der Fokus ausschließlich auf Plakaten von Grafikerinnen lag.

Diesen Ansatz wollte ich gern unterstützen und auch anhand unserer Sammlung nachvollziehen. Es gibt ja generell im Kunst- und Kulturbereich den berechtigten Trend, Werken von Frauen mehr Aufmerksamkeit zu schenken.

Sind die gezeigten Plakate von Frauen dann auch feministisch?
Nein, darum geht es in der Ausstellung erstmal nicht. Im Zuge der Forschung zu ostdeutschen Frauen im Grafikdesign zeigte sich, dass ein explizit feministischer Anspruch für sie kaum Thema war. Die Gebrauchsgrafikerinnen in der DDR haben sich in weiten Teilen gleichberechtigt in ihrem beruflichen Schaffen gefühlt.

Plakat von Renate Lehnhof aus dem Jahr 1991 zum Ionesco-Stück „Die Nashöher“ im Landestheater Dessau

© Bernd SchönbergerPromo

Wir zeigen rund 200 Plakate aus beiden Sammlungsbeständen. Die meisten sind vor 1989/90 entstanden. Zwar sind in den Sammlungen quantitativ mehr Arbeiten von Plakatkünstlern als von -künstlerinnen vorhanden. Doch im jährlichen Wettbewerb der „100 besten Plakate“ waren die ostdeutschen Grafikerinnen immer gut vertreten, was die Qualität ihrer Arbeiten unterstreicht.

Plakate zur Ausstellung „Sammlungseinsichten. Plakate ostdeutscher Grafikerinnen“ in Cottbus. Die Person ist Helene Roolf Kustodin Sammlung Plakatkunst

© SPO/Promo

Gibt es Unterschiede zur Plakatkunst im Westen?
Die Ausstellung zeigt mehrheitlich Werke in dem DDR-typischen, kleineren P1-Format. Deutlich wird, dass das Malerische, Zeichnerische überwiegt und der Einsatz von Fotografie nicht so dominant ist wie in der westdeutschen Plakatkunst.

Der Entwurf von Plakaten stand bei den Grafikerinnen nicht im Vordergrund, eher waren sie als Illustratorinnen in den Bereichen Belletristik, Kinderbuch oder Zeitschrift tätig.

Plakat von Gisela Räder zum Musical „Can Can“ von Cole Porter im Metropol-Theater aus dem Jahr 1968

© Jens Ziehe/Promo

Dies wird auch in der Ausstellung sichtbar, beispielsweise an vielen Kinoplakaten. Politische Plakate sind hier unterrepräsentiert. Die meisten Plakate waren Auftragsarbeiten für Kultureinrichtungen jeglicher Art, etwa für das Internationale Bach-Fest in Leipzig. Reine Produktwerbung ist in unseren Beständen selten.

Oft überzeugen die Plakate durch Prägnanz und Witz: Auf einem Jubiläumsplakat von Marita Herold sieht man nur eine runde Brille – und weiß sofort, um wen es geht: Bertolt Brecht. Renate Gaulke hat 1987 eine herrliche Plakatwerbung für den Schweriner Zoo gestaltet. Unter dem Motto „…mal andere Gesichter sehen“, blickt man auf eine lustige Vogel-Parade aus Pelikan, Kakadu, Pinguin und Flamingo.

Warum hat Cottbus überhaupt Plakate als Sammlungsgebiet?
Wir sind 2017 fusioniert und nun zusammen mit den zwei Ausstellungsorten in Frankfurt/Oder das „Brandenburgische Landesmuseum für moderne Kunst“, kurz BLMK. Cottbus besitzt bereits seit 1979 eigene Abteilungen für Fotografie und Plakatkunst.

Plakat von Regine Blumenthal zum Stück „Dantons Tod“ von Georg Büchner für die Bühnen der Stadt Magdeburg Maxim Gorki, 1973.

© SPO/Promo

Ihre Einrichtung war der gelungene Versuch, ein eigenständiges Sammlungsprofil innerhalb der Museumslandschaft der DDR zu schaffen, da es sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR keineswegs übliche Praxis war, eine Plakatsammlung, also eine traditionell der angewandten Kunst zugeordnete Gattung, an einem Kunstmuseum anzusiedeln.

Wir sind da in gewisser Hinsicht ein kleiner, aber feiner Sonderfall, da die größeren Plakatsammlungen zusammen mit allen weiteren gebrauchsgrafischen Formen sich an Kunstgewerbe- bzw. Design- und Stadtmuseen befinden.

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