zum Hauptinhalt
Mehr als 90.000 Medieneinheiten wurden während der Arbeiten um- und neu eingeräumt.

© Mike Wolff

Kulturkaufhaus in Berlin-Mitte: Der neue Dussmann ist endlich ganz fertig

Der Umbau von Dussmann in der Friedrichstraße ist beendet. Für die Hausherrin ist es „das klopfende Herz der Stadt“. Am Freitag und Samstag ist "Housewarming Party".

Vermutlich ist es vor allem der ansteckende Enthusiasmus von Catherine von Fürstenberg-Dussmann, der ihr Kulturkaufhaus florieren lässt – ein Geschäftsmodell, das angeblich dem Untergang geweiht und in Berlin praktisch nur noch an der Friedrichstraße zu finden ist. Doch die Kunden mögen sie und ihre Bücherverrücktheit, und so war es wohl kein Risiko, in den vergangenen Jahren das Haus unter laufendem Betrieb umzubauen, es kommunikativer, offener, einladender zu machen. Am Freitag und Samstag wird „Housewarming“ gefeiert, der Abschluss des 2014 gestarteten Projekts.

Ganz ohne Umsatzeinbrüche ging der Umbau nicht, zumal zuletzt, als die Bauarbeiter im ersten Stock und Erdgeschoss hinlangten und die Besucher abschreckten. „Das hat uns eine ganze Menge Geld gekostet“, sagt Geschäftsführerin Julia Claren. Genaue Zahlen werden nicht verraten, aber es dürften wohl deutlich mehr als zehn Millionen Euro gewesen sein, die ein privat geführtes Haus mit Konzernhintergrund natürlich ohne Banken-Hilfe stemmen kann. Besonders stolz ist man darauf, den Zeitplan exakt eingehalten zu haben.

Alles wirkt größer als früher

Was ist geschehen? Das gesamte Sortiment – rund 90.000 verschiedene Medieneinheiten – wurde auf den fünf Etagen neu sortiert. Ganz oben im dritten Stock konzentriert sich nun das Fachbuchsortiment für Profis, darunter folgt das eher populärwissenschaftliche Sachbuch, im ersten Stock sind Belletristik und Hörbücher versammelt, im Erdgeschoss gibt es die englischen und die Berlin-Bücher sowie CDs aus Rock, Pop und Jazz – und im Keller das Café sowie traditionell die Klassikabteilung mitsamt gedruckten Noten, wo sogar ein E-Piano mit Kopfhörern zum Ausprobieren bereitsteht.

Dass alles größer wirkt als früher, hat zwei Gründe: Zum einen wurden gläserne Trennwände entfernt und das Regallabyrinth entzerrt, zum anderen sind viele kleine Lagerräume, vor allem zur Straße hin, beim Umbau der Verkaufsfläche aufgelöst worden; die betreffenden Bücher liegen jetzt in diskreten Schränken unter den Regalen.

Catherine von Fürstenberg-Dussmann vergleicht das Kulturkaufhaus mit einer Kirche, in der man sich begegnen kann.
Catherine von Fürstenberg-Dussmann vergleicht das Kulturkaufhaus mit einer Kirche, in der man sich begegnen kann.

© Rainer Jensen / dpa

Ein Blick durch die Etage genügt, um die wichtigsten Angebote zu überblicken. Zudem gibt es mehr Sitzmöglichkeiten, zum Beispiel ein kleines schwarzes Amphitheater für etwa 30 Besucher mit Straßenblick und einen separaten Raum mit Stühlen und Tischen für Kinderbücher in elf Sprachen, „das gibt es sonst nirgendwo auf der Welt“, wie Catherine Dussmann sagt. Überhaupt ist die Friedrichstraße durch den Umbau optisch viel präsenter geworden im Haus.

Der Buchladen bringt die Menschen zusammen

In einem Durchgang im dritten Stock hat sich die Chefin noch ein besonderes Schmankerl gegönnt, nämlich ein Mauer-Memorial mit ihrem von Ronald Reagan beschrifteten Mauerstück und modernen Touch-Displays, die über diese Zeit informieren. Sie präsentiert das alles ohne falsche Bescheidenheit, spricht davon, dass ihr Haus „the beating heart of the city“ sei, das klopfende Herz der Kulturmetropole. Und überhaupt seien Buchläden wie dieser eigentlich so etwas wie Kirchen, weil sie die Menschen zusammenführten und miteinander ins Gespräch brächten – und das sei auf lange Sicht wichtiger und erfolgsträchtiger als das einsame Bestellen von Büchern am häuslichen Computer.

Dennoch hat sie, wie sie sehr überzeugend sagt, nie ernsthaft erwogen, das in Berlin erfolgreiche Ladenkonzept auch anderswo in der Welt auszuprobieren. „Es gibt ja auch nur ein Harrod’s“ sagt sie, und ihre Geschäftsführerin ergänzt, man habe das natürlich alles mal durchgespielt, sei aber letztlich zu dem Ergebnis gekommen, dass ein so intensiv mit einem Ort wie Berlin verbundenes Kaufhaus überall woanders wieder bei null anfangen würde.

Inzwischen hat das Kaufhaus rund 200 Mitarbeiter. Man habe keine typischen Buchhändler haben wollen, sondern Seiteneinsteiger, die ihr Fachgebiet bis ins Detail beherrschen, sagt die Chefin. Die Kunden sollen nicht nur für den schnellen Einkauf kommen, sondern stöbern und plaudern dürfen. Dafür stehen auch die Öffnungszeiten, für die Peter Dussmann seinerzeit sehr unkonventionell gekämpft hat. Die Rendite: „Zwischen 20 und 24 Uhr“, sagt Julia Claren, „machen wir die höchsten Umsätze.“

Zur Startseite