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Seine populärste Rolle. Sean Connery als Agent 007 in „Goldfinger“ (1964).

© imago images/Everett Collection

Sean Connery wird 90: Er wollte nie ein Sklave der Bond-Figur werden

Sean Connery gilt als der beliebteste James Bond, dabei wollte er dem Image schon früh entkommen. Jetzt feiert der Star in aller Abgeschiedenheit seinen 90.

Von Andreas Busche

Zu James Bond pflegt Sean Connery ein noch gespalteneres Verhältnis als zu seinen diversen Nachfolgern in der Rolle des berühmtesten Agenten in Dienste Ihrer Majestät. Vor allem Roger Moore fiel auf wohl denkwürdigste Weise in Ungnade. Mit dem Snobismus Bonds, seinem Schöpfer Ian Fleming nachempfunden, konnte das schottische Arbeiterkind schon nichts anfangen, aber die Albernheiten der Moore-Filme machten 007 in seinen Augen endgültig zur Karikatur.

Als ironisches Statement hat bei Connery meist die berühmte Augenbraue gereicht. Dass ausgerechnet der aktuelle Bond seinen Segen erhält, passt insofern. Man kann sich gut vorstellen, was der Hobby-Bodybuilder Connery in Daniel Craig sieht, der im Smoking eine genauso gute Figur macht wie in der Badehose.

Bei Bond-Fans verhält es sich mit der Liebe zu Sean Connery diametral umgekehrt. Laut einer aktuellen Umfrage, ungefähr die tausendste, schneidet er bei den Lesern der „Radio Times“ mit großem Vorsprung als beliebtester Bond-Darsteller ab. Connery, der am Dienstag seinen 90. Geburtstag feiert, dürfte die Nachricht auf seinem Wohnsitz auf den Bahamas mit Fassung zur Kenntnis genommen haben.

Von der Filmbranche hat er sich schon 2003 mit dem Fantasy-Kintopp „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ verabschiedet. Eine Rückkehr als Harrisons Ford Vater im vierten „Indiana Jones“ scheiterte 2008 an künstlerischen Differenzen mit dem Regisseur Steven Spielberg.

Connery lebt seit über zehn Jahren zurückgezogen

Inzwischen hat sich Sean Connery seit über zehn Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Auch beim ersten Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands 2014, eigentlich eine Herzensangelegenheit für jemanden, der sich in seinen Sturm-und-Drang-Jahren „Scotland Forever“ auf den Arm tätowieren ließ, hielt er sich bedeckt, was ihm seine Landleute verübelt haben. Dass er sich in Schottland heute so rar macht, hat vor allem steuerliche Gründe.

Zu seinem Ritterschlag durch die Queen erschien Sir Sean Connery 2000 im traditionell schottischen Kilt.
Zu seinem Ritterschlag durch die Queen erschien Sir Sean Connery 2000 im traditionell schottischen Kilt.

© David Cheskin/dpa

Sein Schweigen wiederum soll im Zusammenhang stehen mit den Vorwürfen seiner zweiten, inzwischen verstorbenen Frau Diane Cilento, die Connery in ihrer Biografie 2006 häusliche Gewalt vorwarf. Die Enthüllungen ließen seine freimütige Aussage aus den Sechzigern, dass eine Frau gelegentlich „einen Klapps“ vertragen könne, in einem neuen Licht erscheinen.

Connerys Rückzug aus dem Filmgeschäft hat aber auch mit gekränkter Eitelkeit zu tun. Dass er sich sein Denkmal schon zu Lebzeiten geschaffen hat (wie viele werden innerhalb eines Jahres zum „Sexiest Man of the Century“ gewählt und von der Queen zum Ritter geschlagen?), ist dabei nur die halbe Wahrheit. Connery litt lange unter seinem Image als Sexsymbol, das er seit seinem ersten Auftritt in „Dr. No“ 1962 kultiviert hatte.

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Hochgearbeitet aus armen Verhältnissen

Ein sozialer Emporkömmling (der Vater war Trucker, seine Mutter Putzfrau) mit Gentleman-Silhouette, der seine ungehobelten Manieren – nicht nur gegenüber Frauen – aber nie ganz ablegen konnte. Connery will auch als Schauspieler Anerkennung finden, darum verabschiedet er sich 1971 nach sechs Bond-Filmen von der Figur, die ihn berühmt machte. Er habe nicht vor, zum „Sklaven Bonds“ zu werden, erklärt er schon Mitte der Sechziger in einem Interview.

Und er beweist früh ein gutes Händchen für interessante Rollen und Regisseure, die sein Profil zu schärfen verstehen. Hitchcock erkennt in Connery mehr als den Kleiderständer mit breiten Schultern, leider gehört „Marnie“ (1964) zu den schwächeren Werken des Meisters.

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Mit Sidney Lumet dreht er zwei seiner besten Filme: den Antikriegsfilm „Ein Haufen toller Hunde“ (1965), in dem Connery mitansehen muss, wie ein sadistischer Drill-Sergeant in einem nordafrikanischen Straflager die Rekruten bei brüllender Hitze immer wieder einen Hügel stürmen lässt. Und das Psychodrama „Sein Leben in meiner Gewalt“, in dem Connery sein Faible für gebrochene Charaktere beweist.

Rustikale Maskulinität und Brustbehaarung

Aber kein Film unterstreicht so nachdrücklich seinen Willen, sich vom Bond-Image zu lösen, wie John Boormans dystopischer Science-Fiction-Film „Zardoz“ von 1974, in dem Connery einen Brutalo spielt, der als Zuchtbulle für eine degenerierte Oberschicht auserkoren wird. Denkwürdig ist der psychedelische Kultfilm nicht nur wegen seiner fliegenden Steinschädel, inspiriert von den Moai-Skulpturen auf den Osterinseln, sondern vor allem für Connerys Outfit aus Fell-Lendenschurz und Overknee-Stiefeln.

Für Regisseur und Hauptdarsteller war es eine Traumpartie. Boorman hatte nach „Beim Sterben ist jeder der Erste“ eine Carte blanche erhalten, Connery bekam Gelegenheit, seine rustikale Maskulinität zu karikieren – und gleichzeitig seine Brustbehaarung zur Schau zu stellen. „Zardoz“ zeigt sein ganzes Spektrum. In den Siebzigern gelingt es ihm, seinen Superstarstatus zu festigen, aber schon da wirkt Connery, auf dem Höhepunkt von New Hollywood, aus der Zeit gefallen.

1988 erhielt Sean Connery für seine Nebenrolle im Prohibitionsdrama "Die Unbestechlichen" den ersehnten Oscar.
1988 erhielt Sean Connery für seine Nebenrolle im Prohibitionsdrama "Die Unbestechlichen" den ersehnten Oscar.

© imago images

Er dreht Ensemblefilme wie „Mord im Orient-Express“ und „Die Brücke von Arnheim“ und mit John Huston „Der Mann, der König sein wollte“, die letzten Atemzüge des alten Studiosystems. Dazwischen noch, gut versteckt, die böse Mediensatire „Flammen am Horizont“ (1982), mit Connery als Kriegsreporter.

Sag niemals nie

Insgeheim aber warteten alle auf seine Rückkehr als James Bond. „Sag niemals nie“, der Titel seines siebten Bond-Films, wurde 1983 zum geflügelten Wort für Connerys Karriere. Inzwischen war mit 007 versöhnt.

Vielleicht war dieser Exorzismus aber auch nötig zur endgültigen Anerkennung. 1986 dreht er für Bernd Eichinger „Der Name der Rose“, wieder schöner Kintopp, Connerys schwindender Haaransatz ähnelt inzwischen einer mönchischen Tonsur.

Zwei Jahre später erhält er endlich den Oscar, für seine Nebenrolle als irischer Cop im Prohibitionsdrama „Die Unbestechlichen“. 1989 wird er, mit 59 Jahren, zum „Sexiest Man Alive“ gekürt. Der Titel hängt ihm, mehr als der Oscar, bis heute an.

Sein Kumpel Michael Caine, der andere britische working class hero in Hollywood, hat den Zeitenwandel besser überstanden. Gerade ist er in „Tenet“ zu sehen. Zu seinem 90. Geburtstag wird sich Sean Connery vermutlich nicht äußern. Doch man darf sich sicher sein, dass wir spätestens wieder von ihm hören werden, wenn der nächste Bond-Darsteller feststeht.

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