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Ein Foto des türkischen Verteidigungsministeriums zeigt Minister Hulusi Akar (Mitte) beim Besuch türkischer Truppen an der Grenze zum Irak.

© Turkish Defense Ministry/AP/dpa

Exklusiv

Ankaras Kampf gegen kurdische Autonomiezone: Bundesregierung kritisiert türkischen Syrien-Einmarsch

Türkischer Invasion in die Kurdenregion fehle "völkerrechtliche Legitimation". Berlins Entwicklungsministerium will in Nordsyrien wegen Covid-19 helfen.

Die Bundesregierung hat sich ungewöhnlich konkret zur türkischen Syrien-Politik geäußert und den Einmarsch in die dortige Kurdenregion als illegitim kritisiert. Maria Flachsbarth (CDU), Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium, schreibt in einer Antwort auf eine Linken-Anfrage, die dem Tagesspiegel vorliegt: „Aus Sicht der Bundesregierung ist die türkische Argumentation nicht zweifelsfrei. Hinsichtlich der ,Operation Friedensquelle’ hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass sie keine Gründe erkennen könne, die die Operation völkerrechtlich legitimieren würden.“

Die türkische Regierung hatte sich bei ihren Invasionen – nicht nur beim „Operation Friedensquelle“ genannten Einmarsch 2019 – auf ihr Selbstverteidigungsrecht berufen: In Syriens kurdischer Autonomiezone regierten Schwesterverbände der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK.

Wie Flachsbarth schreibt, will die Bundesregierung in dem von den Kurden auch Rojava genannten Gebiet „mehrere im Gesundheitsbereich tätige humanitäre Nichtregierungsorganisationen“ mit einer Million Euro für Covid-19-Maßnahmen unterstützen.

Die türkische Luftwaffe griff vor kurzem in Syrien und Irak kurdische Camps an. Dabei starben verschiedenen Quellen zufolge jesidische Aktivisten in Schingal sowie Vertreter des oppositionellen Demokratischen Syrien-Rats bei Kobane, wo Kurden 2014 erstmals den „Islamischen Staat“ (IS) gestoppt hatten.

Kurdinnen demonstrieren im Sommer 2020 in Nordsyrien gegen türkische Bombardements.
Kurdinnen demonstrieren im Sommer 2020 in Nordsyrien gegen türkische Bombardements.

© Delil SOULEIMAN / AFP

„Dass die Bundesregierung erstmals offiziell verlautbart, dass sie keine Gründe erkennt, die die Angriffe der Türkei gegen die demokratische Selbstverwaltung in Nordostsyrien völkerrechtlich legitimieren, ist begrüßenswert“, sagte Bundestagsabgeordnete Evrim Sommer (Linke) dem Tagesspiegel. Die Regierung widerspreche der türkischen Darstellung, wonach sich Ankara gegen die Kurden verteidige: „Das ist eine diplomatisch verpackte, aber schallende Ohrfeige für das Regime von Recep Tayyip Erdogan.“

Die Lage im westsyrischen Idlib, der Hochburg verbliebener Aufständischer, beurteilt die Bundesregierung anders: „Hinsichtlich der türkischen Militärpräsenz in der Provinz Idlib stützt die Türkei ihre Präsenz auf das am 17. 9. 2018 in Sotschi getroffene Abkommen zwischen ihr und der Russischen Föderation zu Idlib, dem Syrien zugestimmt hat.“ Die Armee Ankaras habe „nach Kenntnis der Bundesregierung eine Gesamtstärke von bis zu 10 000 Soldaten in der Provinz Idlib disloziert“, also vor Ort stationiert.

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