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Eine Frau sieht im Fernsehen eine Ansprache des russischen Präsidenten Wladimir Putin an die Nation in Jekaterinburg.

© Foto: Imago/Sputnik/Pavel Lisitsyn

Auf Weisung des Kreml: Russisches Staatsfernsehen berichtet erstmals von Niederlagen in der Ukraine

Russische Fernsehzuschauer bekommen neuerdings ein realistischeres Bild aus der Ukraine. Dahinter steckt eine Strategie.

| Update:

Das russische Staatsfernsehen berichtet in letzter Zeit über Rückzüge und Niederlagen der eigenen Truppen in der Ukraine. Die Anweisung käme direkt aus dem Kreml, wie die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Grund sei die Sorge Putins, „dass seine unerbittlich optimistische Propaganda wachsende Zweifel in der Öffentlichkeit schürt“.

Der prominenteste Nachrichtenmoderator Russlands, Wladimir Solowjow, soll am Dienstag in seiner Nachrichtensendung bei Rossija 1 gesagt haben: „Auf dem Schlachtfeld läuft es nicht gut für uns.“ Ebenfalls im ersten Sender soll Kriegsreporter Alexander Sladkow Schwierigkeiten in der Ukraine zugegeben haben. „Ich weiß, es ist schrecklich, das im achten Monat der Operation zu hören.“

Der Politikwechsel habe zu einer Zunahme „ungewöhnlich öffentlicher Kritik am Militär“ geführt, bestätigen Personen, die mit dem strengen Nachrichtenmanagement des Kremls vertraut sind, der Nachrichtenagentur. Schon in den vergangenen Wochen nahm die lautstarke Kritik aus dem Umfeld Putins zu – Ramzan Kadyrow griff sogar das Verteidigungsministerium direkt an.

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Die Behörden würden zudem hoffen, dass weniger Unwahrheiten in den Berichten über die Situation in der Ukraine zu mehr Unterstützung seitens der Öffentlichkeit führt. Diese sei seit der Teilmobilisierung in Sorge, berichtet Bloomberg.

Umfragen würden zeigen, dass die Einberufung von Tausenden Soldaten bei einigen Menschen erstmals dazu geführt habe, den Fortschritt der Ukraine-Invasion infrage zu stellen. Zu viele Positiv-Berichte von der Front könnten der russischen Führung das Vertrauen in der Öffentlichkeit kosten.

„Wir müssen aufhören zu lügen“,  sagte Andrey Kartapolov, Leiter des Verteidigungsausschusses der Duma in einer beliebten russischen Talkshow, berichtet Bloomberg. „Unsere Leute sind nicht dumm“, soll er gesagt haben. 

Russische Tageszeitung rät von Atomwaffen ab

Zudem könnten die Berichte über Niederlagen in der Ukraine dazu führen, dass die russische Elite „willkürlichere Angriffe auf ukrainische Städte und Infrastruktur“ einfordert, sagte Tatiana Stanovaya, Gründerin der Forschungsgruppe „R.Politik“ der Nachrichtenagentur.

„In der herrschenden Klasse gibt es eine große Debatte darüber, wie man diesen Krieg gewinnt, jetzt hat die Armee gezeigt, dass sie dazu nicht in der Lage ist“, sagte sie. Zudem gebe es „Bemühungen, Putin dazu zu bringen, nach anderen Lösungen zu suchen.“

Die russische Tageszeitung „Kommersant“ veröffentlichte am Freitag, dem 70. Geburtstag Wladimir Putins einen Kommentar gegen den Einsatz von Atomwaffen im Ukrainekrieg. „Sie müssen verstehen, dass der Einsatz einer taktischen Nuklearwaffe keine Garantie dafür ist, dass Sie das Blatt zu Ihren Gunsten wenden können“, übersetzt die BBC den Text. „Ihre militärische Effektivität ist fraglich.“

Eine Sache sei aber garantiert: „Es besteht die Gefahr, dass ein umfassender Atomkrieg ausgelöst wird, dass Sie strategisch völlig isoliert werden und dass Sie den Status eines internationalen Parias erhalten. Alle Pole der multipolaren Welt werden sich von Ihnen abwenden.“ Ob der Kommentar eine direkte Folge der laxeren Bestimmungen über die Ukraine-Berichterstattung ist, ist jedoch unklar.

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