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Entspannte Atmosphäre. Sigmar Gabriel bei Benjamin Netanjahu.

© imago/photothek

Außenminister Gabriel in Israel: Gabriel betont besonderes Verhältnis zu Israel

Knapp zehn Monate nach dem diplomatischen Eklat reiste Außenminister Sigmar Gabriel erneut nach Israel. Diesmal traf er auch Benjamin Netanjahu.

Harmonisch schien es nicht gerade, das Zusammentreffen zwischen dem geschäftsführenden deutschen Außenminister Sigmar Gabriel und dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu am Mittwoch in Jerusalem. Zwar blieb ein Eklat wie im vergangenen Jahr, als Netanjahu das Treffen platzen ließ, aus. Gabriel war vielmehr gekommen, um Wogen zu glätten. Und doch wurde bei dem eintägigen Kurzbesuch in der Region deutlich, wie uneins sich diese beiden Politiker nach wie vor sind – auch beim Thema Nahostkonflikt: Er sei dankbar gewesen, zu hören, dass auch Israels Regierung für die Zweistaatenlösung sei, sagte Gabriel nach dem Treffen mit dem Premier.

Netanjahu hakte ein und verbesserte: Israel werde auch zukünftig die Sicherheit westlich des Jordans kontrollieren – also das Westjordanland. „Ob das dann als Staat definiert wird, wenn wir die militärische Kontrolle haben … Bezeichnungen möchte ich lieber nicht diskutieren.“

Soll heißen: Wenn es nach Israels Regierung geht, wird die militärische Besatzung anhalten – eine Politik, die von kritischen israelischen Menschenrechtsorganisationen seit Jahren kritisiert wird. Jene Organisationen waren auch der Grund für den diplomatischen Eklat im April 2017: Damals hatte Gabriel in Israel auch NGOs wie Schowrim Schtika (Das Schweigen brechen) und Btselem getroffen. Schowrim Schtika ist eine Gruppe von ehemaligen Soldaten und Reservisten, die das Vorgehen der Armee in den besetzten Gebieten kritisiert. Betselem macht Israels Menschenrechtsverletzungen in den Gebieten öffentlich. Für viele Israelis sind sie Nestbeschmutzer, Israelhasser und Verräter.

Gabriel ohne Visite bei Menschenrechtsorganisationen

Netanjahu sieht das ähnlich, er sagte deshalb im April sein Treffen mit Gabriel kurzfristig ab und ließ wissen: Es gehöre nicht zur seiner Politik, ausländische Besucher zu treffen, die auf diplomatischen Reisen mit Gruppen sprechen, die Soldaten des israelischen Militärs als Kriegsverbrecher beschimpfen. Dabei war der deutsche Außenminister bei Weitem nicht der erste ausländische Politiker, der mit diesen Gruppen sprach.

Dieses Mal also sollte alles anders werden: Menschenrechtsorganisationen standen nicht auf dem straffen Reiseplan, der Gabriel innerhalb eines Tages auch nach Ramallah zu Palästinenserpräsident Abbas und für eine Rede zur Jahreskonferenz des Instituts für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) nach Tel Aviv führte.

Gabriel: Israel kann sich immer auf Deutschland verlassen

Sein Vorgehen im April bereut Gabriel deshalb aber nicht. Sowohl Netanjahu als auch er selbst seien überzeugt, beim letzten Besuch alles richtig gemacht zu haben, sagte Gabriel Anfang der Woche. „Aber wir bekamen beide, wie ich glaube, Beifall von der falschen Seite.“ Unter denen, die ihm, Gabriel, zujubelten, seien vermutlich auch jene gewesen, die hinter ihren antiisraelischen Positionen eine antisemitische Position verbärgen. Der große Beifall in Deutschland habe ihn sehr verunsichert, sagte Gabriel.

Und so versuchte der Außenminister, bei allem Dissens mit Netanjahu, auch das besondere freundschaftliche Verhältnis zwischen Israel und Deutschland zu betonen. „Israel kann sich immer auf Deutschland als einen fairen Partner verlassen, wenn es um die Verteidigung der Sicherheit Israels geht“, sagte Gabriel nach dem Treffen. Man habe vielleicht andere Ansichten bezüglich des Nuklearabkommens, nicht aber über das Verhalten des Iran. Während Deutschland am Nuklearabkommen festhalten will, kritisiert Israel den Deal und plädiert dafür, ihn zu verändern oder ganz zu annullieren.

Immer im Dienst: Bundesaußenminister Sigmar Gabriel telefoniert im Hotel King David in Jerusalem.
Immer im Dienst: Bundesaußenminister Sigmar Gabriel telefoniert im Hotel King David in Jerusalem.

© imago/photothek

Angespannt ist die Situation in Nahost auch dadurch, dass US-Präsident Donald Trump im Dezember Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkannt hat. Bei seinem Besuch in Ramallah machte Gabriel seiner Frustration Luft. Aufgrund der nicht existierenden Friedensverhandlungen hätten viele Menschen den Eindruck, dass man sich jeden Tag ein Stück vom Osloer Friedensprozess entferne. „Die Entscheidung der USA, die Gelder für die palästinensische Autonomiebehörde und für die UNRWA zu kürzen, halten wir für falsch“, sagte Gabriel nach seinem Treffen mit Abbas.

Die USA waren bislang der größte Geldgeber für das UN- Flüchtlingshilfswerk für Palästinenser und haben gut ein Viertel des Jahresbudgets gezahlt. Nun wollen sie erst wieder Geld geben, wenn die Palästinenser an den Verhandlungstisch mit den Israelis zurückkehren. Gabriel sagte, er hoffe, dass die USA einen Vorschlag vorlegen würden, über den man verhandeln könne. Für die Palästinenser kommen die USA nach Trumps Jerusalem-Entscheidung als Vermittler im Friedensprozess jedoch nicht mehr infrage.

Auf der INSS-Konferenz kritisierte Gabriel, dass sich auch einige israelische Kabinettsmitglieder offen gegen die Zweistaatenlösung aussprächen. Diese sei aber Grundlage des deutschen Engagements für den Friedensprozess. „Diese bestenfalls gemischten Signale gehen in Europa nicht ungehört vorbei. Dort wächst die Frustration über Israels Handeln“, sagte Gabriel. Junge Menschen seien immer weniger geneigt, die ihres Erachtens unfaire Behandlung der Palästinenser zu akzeptieren. So werde es „immer schwieriger, zu erklären, warum unsere Unterstützung für Israel anhalten muss“.

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