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Saskia Esken (SPD) spricht bei der aktuellen Stunde in der Plenarsitzung des Deutschen Bundestages.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Bewerberin Saskia Esken: Diese Kandidatin ist für viele in der SPD ein rotes Tuch

Aufbruch statt „Weiter so“, das verspricht die Abgeordnete aus dem Südwesten der SPD. Die Abgeordnete kannte vor kurzem kaum jemand. Nun polarisiert sie stark.

Von Hans Monath

Sie ist die Kandidatin, bei deren Wortmeldungen sich Ministerpräsident Stephan Weil „die Nackenhaare sträuben“. Vielen wichtigen SPD-Politikern geht es mit Saskia Esken ähnlich. Auf der anderen Seite stehen die Jusos und viele Sozialdemokraten, die sich nach einem Aufbruch und dem Ende der großen Koalition sehnen, das Esken und ihr Partner Norbert Walter-Borjans eher liefern als die Konkurrenz. Fest steht: Die Bundestagsabgeordnete polarisiert.

Das noch nicht lange. Bis Ende August war die 58-Jährige aus dem Nordschwarzwald ein Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion, das sich wenig zu Wort meldete. Die Informatikerin machte sich als Digitalpolitikerin einen Namen. Obwohl sie 2013 erstmals in den Bundestag eingezogen war, gehörte sie bei den Koalitionsverhandlungen Anfang 2018 zur Arbeitsgruppe Digitales der SPD.

Zur Politik, zunächst zur Kommunalpolitik gekommen war die verheiratete Mutter dreier erwachsener Kinder durch ihren Einsatz als Elternvertreterin in Calw. Von 2012 bis 2014 war sie Vizechefin des Landeselternbeirats. Die Erfahrung, so sagt sie, qualifiziere sie für die anspruchsvolle Aufgabe einer SPD-Chefin. Und: „Führungsaufgaben sind auch dazu da, dass man sich da reinentwickelt.“ Weniger gut entwickelt hatte sich allerdings ihr Engagement in der Partei auf Landesebene. Von 2013 bis 2015 war sie Vizechefin der Südwest-SPD, überzeugte ihre Genossen aber offenbar nicht. 2016 wurde sie nicht wiedergewählt.

Die Wahl in den Bundestag gelang ihr 2017 auf dem vorletzten Listenplatz der SPD, der noch zog. Von ihrer Entscheidung, sich gemeinsam mit dem Ex-NRW-Finanzminister um den Parteivorsitz zu bewerben, wurden die Genossen in ihrem Wahlkreis völlig überrascht. Viele kritisierten sie dafür. Sozialdemokraten aus dem Schwarzwald unterstellen ihr auch ein taktisches Motiv: Weil sie gewusst habe, dass sie 2021 keinen sicheren Listenplatz mehr gewinnen werde, sei sie durchgestartet.

„Angst ist einfach nicht mein Ding“

Machtpolitische Erfolge in der SPD im Bundestag kann die Parteilinke nicht vorweisen. Versuche, sich zur Chefin von Arbeitsgruppen wählen zu lassen, seien gescheitert, heißt es in der Fraktion. Esken will die SPD wieder zusammenführen. Manche Kollegen sprechen ihr unter dem Schutz der Anonymität aber Teamfähigkeit ab: Absprachen seien schwierig oder nicht belastbar. Sie habe sich immer mehr darauf verlegt, die Ergebnisse der Regierungsarbeit schlechtzureden, sagen parteiinternen Gegner. Tatsache ist: Die Kandidatin wechselt, so bei der Grundrente, Positionen innerhalb von Tagen.

Die Herausforderin des Vizekanzlers scheint das nicht anzufechten. Vor der riesigen Aufgabe schreckt sie nicht zurück. „Angst ist einfach nicht mein Ding“, sagt sie. Sie müsse es sich vorwerfen, wenn sie nun nicht versuchen würde, die SPD zu retten. Die Alternative beschreibt sie so: „Es geht um Aufbruch oder weiter so.“ Zunächst schien sie direkt auf den Bruch der Koalition zuzusteuern, nun hält sie die Folgen ihrer Wahl offener. Das Ziel ist jedenfalls groß: „Wir wollen die Systemfragen angehen und nicht Reparaturarbeiten machen.“ Das ist die Berufung von Saskia Esken.

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