zum Hauptinhalt
Wird die Republikanische Partei zu einem Trump-Kult verkommen?

© Jonathan Ernst/REUTERS

Der lange Schatten des Ex-Präsidenten: So zerrissen sind die Republikaner nach Trump

Die US-Republikaner liefern sich einen harten Richtungsstreit um ihre Zukunft. Vor dem Impeachment-Prozess gegen den Ex-Präsidenten gärt es in der Partei.

Zwei Frauen stehen in diesen Tagen für den Richtungsstreit, den die US-Republikaner nach der Wahlniederlage austragen. Beide haben sich bei großen Teilen ihrer Partei unbeliebt gemacht, allerdings aus diametral entgegengesetzten Gründen. Wie es mit der politischen Karriere der beiden Abgeordneten weitergeht, wird viel darüber aussagen, was aus der „Grand Old Party“ (GOP) wird.

Auf der einen Seite ist Liz Cheney aus dem konservativen Bundesstaat Wyoming, die älteste Tochter des einstigen Vizepräsidenten von George W. Bush, Dick Cheney. Auf der anderen Seite steht Marjorie Taylor Greene, eine erstmals in den Kongress gewählte Abgeordnete aus Georgia mit radikalen Ansichten.

Marjorie Taylor Greene aus Georgia vertritt radikale Ansichten.
Marjorie Taylor Greene aus Georgia vertritt radikale Ansichten.

© Brynn Anderson/dpa

Cheney hat sich den Ärger vieler ihrer Parteikollegen zugezogen, weil sie am 13. Januar, eine Woche nach dem Sturm auf das Kapitol, mit neun weiteren republikanischen Abgeordneten für ein Impeachment von Donald Trump gestimmt hatte. An diesem Mittwoch muss die 54-Jährige bei einer Fraktionssitzung um ihre Position als Nummer drei der Republikaner im Repräsentantenhaus kämpfen.

Trump-Anhänger mobilisieren massiv gegen sie. Inzwischen werden sogar Anti-Cheney-Rallyes in ihrem Heimatstaat abgehalten und sie muss damit rechnen, bei den Kongress-Zwischenwahlen im Herbst 2022 gleich mehrere parteiinterne Herausforderer zu haben.

Liz Cheney aus dem konservativen Bundesstaat Wyoming.
Liz Cheney aus dem konservativen Bundesstaat Wyoming.

© Aaron P. Bernstein/Reuters

Gewaltaufrufe gegen Demokraten

Greene wiederum, die mit ihrer Unterstützung durch Trump prahlt, steht in der Kritik, weil sie abstruse Verschwörungstheorien von QAnon verbreitet hat, nach denen die Demokratische Partei dem Satanismus anhängt und einen Pädophilenring betreibt. Auch bestreitet sie, die häufig eine Maske mit den Worten „Trump hat gewonnen“ trägt, weiter den Wahlsieg von Joe Biden und unterstützte in der Vergangenheit Gewaltaufrufe gegen Demokraten in sozialen Netzwerken.

Nachdem der Sender CNN über die Einträge berichtet hatte, löschte sie die entsprechenden Facebook-Posts. Genauso wie ein Video, in dem sie einen Überlebenden des Schulmassakers von Parkland/Florida bedrängt: Er lasse sich missbrauchen, die Schießerei mit 17 Toten sei 2018 von Waffengegnern inszeniert worden, um schärfe Regulierungen durchzusetzen. Entschuldigt hat sie sich nicht.

[Jeden Donnerstag die wichtigsten Entwicklungen aus Amerika direkt ins Postfach – mit dem Newsletter „Washington Weekly“ unserer USA-Korrespondentin Juliane Schäuble. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung: tagesspiegel.de/washington-weekly]

Demokraten wie der kalifornische Abgeordnete Jimmy Gomez forderten den Rücktritt der 46-Jährigen. Am Montag brachten die Demokraten zudem eine Resolution im Abgeordnetenhaus ein, wonach Greene ihre Aufgaben im Finanz- und im Bildungsausschuss verlieren soll.

Auch ein paar Republikaner reagierten entsetzt auf die Berichte, aber viele in der Partei begeistert sie mit ihren extremen Auftritten. Der Fraktionschef im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, ließ bisher lediglich erklären, die Posts und Videos seien „verstörend“ und er werde in den nächsten Tagen ein Gespräch mit Greene führen. Auch sie wird Thema des Fraktionstreffens sein. Ob sie sich dabei entschuldigen muss, ist offen.

„Krebsgeschwür für die Partei“

Deutlicher als McCarthy positionierte sich am Montag der republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, der Verschwörungstheorien, wie sie die Abgeordnete verbreitet, als „Krebsgeschwür für die Partei“ bezeichnete. Wer andeute, dass am 11. September 2001 gar kein Flugzeug ins Pentagon gestürzt sei oder dass schreckliche Schusswaffenmassaker in Schulen nur inszeniert gewesen seien, der lebe nicht in der Realität.

Mitch McConnell bezeichnet Verschwörungstheorien als „Krebsgeschwür für die Partei“.
Mitch McConnell bezeichnet Verschwörungstheorien als „Krebsgeschwür für die Partei“.

© Michael Brochstein/dpa

Gleichzeitig verteidigte McConnell die Trump-Kritikerin Cheney. „Liz Cheney ist eine Führungspersönlichkeit mit tiefen Überzeugungen und dem Mut, nach diesen zu handeln“, hieß es in einer Erklärung.

[Wenn Sie alle aktuellen Entwicklungen zur Coronavirus-Pandemie live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Was genau hinter McConnells klarer Parteinahme steckt und wie weit sein Zerwürfnis mit Trump nach den Angriffen von dessen Anhängern auf das Kapitol tatsächlich geht, ist dabei umstritten. Dass er seinen Einfluss nutzt, um eine Verurteilung Trumps bei dem am Montag beginnenden Impeachment-Verfahren zu erreichen, ist eher unwahrscheinlich.

Sicher ist dagegen, dass sich der 78-Jährige um die Mehrheitsfähigkeit seiner Partei sorgt, wenn sie Extremisten wie Greene toleriert und traditionelle Republikaner wie Cheney verdrängt. Der 78-Jährige hofft, bei den Zwischenwahlen die Mehrheit im Senat zurückerobern zu können. 2022 steht unter anderem einer der beiden Senatssitze aus Greenes Heimatstaat Georgia zur Wahl, die die Demokraten gerade überraschend gewonnen haben.

Demokraten gewinnen an Zustimmung

Umfragen in dem eigentlich konservativen Südstaat zeigen, wie gefährlich der republikanische Bürgerkrieg und Trumps anhaltender Einfluss für die Partei ist. Während der Ex-Präsident weiter behauptet, die Wahl sei ihm gestohlen worden, und Republikaner wie Georgias Gouverneur Brian Kemp attackiert, die sich seinem Versuch widersetzt hatten, den Wahlausgang zu sabotieren, gewinnen die Demokraten derzeit weiter an Zustimmung.

Ein weiteres Zeichen für die Zerrissenheit der Republikaner setzten am Montag Dutzende ehemalige Mitarbeiter von George W. Bush.

Sie erklärten, nicht mehr Teil einer Partei sein zu können, deren Spitze sich nach dem Angriff auf das Kapitol nicht von ihrem ehemaligen Präsidenten distanziere. Die GOP sei zu einem Trump-Kult verkommen. Bereits die nächsten Tage könnten zeigen, ob sie recht haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false