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Doch keine 8.000 freien Intensivbetten?: Patientenschützer warnen vor „Fake-Zahlen“ von Krankenhäusern

Die Auslastung in den Intensivstationen steigt deutlich - doch offiziell gibt es noch freie Betten. Die Zahlen könnten jedoch trügen, mahnen Patientenschützer.


Patientenschützer werfen den Kliniken vor, freie Intensivbetten zu melden, die mangels Personal gar nicht genutzt werden können. „Aktuell ist schon der Zugriff auf die 8.000 freien Intensivbetten nicht möglich“, sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Denn durch das fehlende Personal ist nicht mal die Grundversorgung sichergestellt.“

Das würden aber nicht alle Kliniken bei ihren Meldungen berücksichtigen. „Die Krankenhäuser sind aufgefordert, keine Fake-Zahlen von Intensivbetten zu melden“, erläuterte der Patientenschützer. Entsprechend sollte die Politik gegen die falschen Meldungen vorgehen. Die Länder müssten „die Fakten in den Kliniken ermitteln und Verstöße ahnden.“

Schon im März habe Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Kliniken 600 Millionen Euro zur kurzfristigen Schaffung von 12.000 zusätzlichen Beatmungsbetten bereitgestellt, sagte der Patientenschützer. Damit müssten Stand heute insgesamt 42.000 Intensivbetten zur Verfügung stehen.

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Das Intensivbettenregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), für das Kliniken täglich belegbare Betten melden müssten, suggeriere aber Kapazitäten, die gar nicht vorhanden seien. Um in der Krise belastbare Zahlen zu haben und das Leben der Menschen zu schützen, müssten die Länder „endlich ihre Aufgabe erfüllen und die tatsächliche Verfügbarkeit prüfen“, mahnte der Stiftungsvorstand.

Offiziell sind rund 8000 Intensivbetten frei

Laut den offiziellen Divi-Zahlen vom Sonntag sind rund 8000 Intensivbetten in Deutschland frei. 2061 Covid-19-Patienten werden demnach in Intensivstationen versorgt, damit hat sich binnen zwei Wochen diese Zahl verdreifacht. Gesundheitsminister Jens Spahn warnte angesichts dieser Entwicklung per Twitter: “Wir müssen diese Dynamik brechen, gemeinsam und entschlossen."

Gibt es bald zu wenig Pflegerinnen und Pfleger in den Intensivstationen?
Gibt es bald zu wenig Pflegerinnen und Pfleger in den Intensivstationen?

© Marcel Kusch/dpa

Auch der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, befürchtet deutlich steigende Patientenzahlen in den Kliniken. „In zwei bis drei Wochen werden wir die Höchstzahl der Intensivpatienten aus dem April übertreffen - und das können wir gar nicht mehr verhindern. Wer bei uns in drei Wochen ins Krankenhaus eingeliefert wird, ist heute schon infiziert“, sagte er der „Bild“-Zeitung.

„Wir haben nicht eine müde Maus mehr beim Personal“

In der vergangenen Woche hatte auch Divi-Präsident Uwe Janssens vor der sich zuspitzenden Lage gewarnt. „In 14 Tagen haben wir die schweren Krankheitsfälle, und unsere großen Zentren kommen unter Maximalbelastung“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. 

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Das Problem sei nicht so sehr die Zahl der Intensivbetten. „Wir haben mehr Betten und mehr Beatmungsgeräte als zu Beginn der Pandemie. Aber wir haben nicht eine müde Maus mehr beim Personal.“

Gaß kündigte an, auch Pflegepersonal aus nicht-intensivmedizinischen Bereichen auf den Intensivstationen einzusetzen. „Das ist natürlich nicht optimal, aber in einer solchen Ausnahmesituation zu rechtfertigen.“

Wie unter der Bevölkerung allgemein steigt mit wachsenden Fallzahlen auch unter Klinik-Mitarbeitern der Anteil akut Infizierter, die am Arbeitsplatz fehlen. Das Schichtsystem auf Intensivstationen könne dann schnell aus den Fugen geraten, so Janssens. Ein beatmeter Covid-19-Patient braucht allein bis zu fünf Schwestern oder Pfleger. (Tsp, epd, dpa)

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