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Sonnenaufgang mit Windrad: Der Bundesrechnungshof sieht mehr die Schattenseiten bei der Umsetzung der Energiewende.

© dpa/Julian Stratenschulte

Energiewende: Bundesrechnungshof watscht Wirtschaftsministerium ab

Die Energiewende wird schlecht gemanagt, kritisiert der Bundesrechnungshof in einem neuen Bericht und schlägt einen CO2-Preis vor.

Ein schlechtes Zeugnis fürs Management der Energiewende hat der Bundesrechnungshof dem Bundeswirtschaftsministerium ausgestellt. Deutlich prangern die Prüfer die Defizite in einem Sonderbericht an. „Trotz des erheblichen Einsatzes von Personal und Finanzmitteln erreicht Deutschland die Ziele der Energiewende bisher überwiegend nicht“, heißt es dort.

Das Wirtschaftsministerium ist seit fünf Jahren federführend für die Energiewende zuständig. In dieser Zeit hat der Rechnungshof 160 Milliarden Euro Aufwendungen des Bundes und der Verbraucher für die Energiewende ermittelt. 2017 waren es 34 Milliarden Euro, davon 24 Milliarden für die EEG-Umlage, die die Verbraucher über den Strompreis zahlen, und gut drei Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt, etwa für Förderprogramme. Weitere Ausgaben entstanden etwa durch weitere Umlagen auf den Strompreis.

Trotz dieser hohen Ausgaben werde Deutschland die für 2020 angepeilten Ziele der Energiewende überwiegend nicht erreichen, kritisiert der Bundesrechnungshof. Das gelte für die Minderung von Treibhausgasen und Energieverbrauch, die Steigerung der Energieproduktivität und den Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr. „All dies macht deutlich: Viel hilft nicht viel“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller. Ähnlich hatte sich der Rechnungshof bereits 2016 in einem Bericht geäußert.

Das Dickicht der Regelungen mit einem CO2-Preis lichten

Die magere Bilanz der Energiewende hält er für hausgemacht: Es fehle an einer Gesamtkoordination und an dem Willen, gegenzusteuern. Das Wirtschaftsministerium sieht das anders. Es findet die derzeitige Koordination der Energiewende für „effektiv und effizient“, berichtete der Rechnungshof, der das Ministerium um eine Stellungnahme gebeten hatte.

„Das deckt sich jedoch nicht mit dem Stand der Zielerreichung“, kontert Scheller und macht einen nicht ganz neuen Vorschlag, wie die Bundesregierung umsteuern sollte: Stärkere Anreize und weniger Regelung durch eine CO2-Bepreisung. Sie mache den CO2-Ausstoß teuer und setze damit einen Anreiz, ihn zu minimieren. Gerade hier würden die Ziele ja besonders deutlich verfehlt. „Im Gegenzug könnte das Dickicht komplizierter Regelungen gelichtet werden“, sagte Scheller.

Autoindustrie begünstigt

Sind es Beharrungskräfte in der Gesellschaft, die die Art und Weise der Energiewendepolitik formen? „Es gibt Akteure, die von den Maßnahmen profitieren“, sagte Scheller. So habe sich die Regierung bei der Förderung der Elektromobilität entgegen der Empfehlung von Experten nicht für ein Bonus/Malus-System entschieden. Es hätte Fahrzeuge mit hohem CO2-Ausstoß wie SUV höher belastet. Stattdessen gab es Kaufprämien („Umweltbonus“) aus einem 600-Millionen-Euro Programm, das bisher schlecht angenommen worden sei. Es liege nahe, dass die deutsche Automobilindustrie hier Einfluss genommen habe, sagte Scheller.

Explizit schreibt der Rechnungshof dies auch in einem Bericht zur Förderung der Elektromobilität: „Die deutsche Automobilindustrie hat die Entscheidung der Bunderegierung zu diesem Umweltbonus und dessen Ausgestaltung wesentlich beeinflusst.“ Dabei habe der Rechnungshof das Wirtschaftsministerium auf das Risiko hingewiesen, das besteht, wenn Dritte Einfluss auf gesamtwirtschaftliche Entscheidungen nehmen. „Dies gilt besonders für den Fall, dass Dritte dadurch begünstigt werden.“ Das Bundeswirtschaftsministerium sollte seine ordnungspolitische Verantwortung unbefangen und neutral wahrnehmen. Dazu gehöre, die Automobilindustrie stärker für die Herstellung von Elektroautos zu motivieren.

Dieser Beitrag erscheint auch im Tagesspiegel Background Energie & Klima, dem Entscheider-Briefing für den Energie- und Klima-Sektor.

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