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Donald Trump mit seinem damaligen Sicherheitsberater John Bolton (Archivbild von 2018) 

© imago images/MediaPunch

Gefährliche Enthüllungen: Warum das Bolton-Buch dem US-Präsidenten schaden könnte

Es gibt inzwischen viele Enthüllungsbücher über Trump - sie alle hat der US-Präsident ausgesessen. Doch was sein früherer Mitstreiters John Bolton schreibt, hat Sprengkraft. Eine Analyse.

Noch zwei „Tell it all“-Bücher über Donald Trump, in denen der Präsident als Ignorant dargestellt wird? Ein Mann, der sich für Fakten und Details wenig interessiert, bedenkenlos gegen Vorschriften und Gesetze verstößt, immer nur auf seinen persönlichen Vorteil aus ist und dafür selbst zentrale nationale Interessen hintanstellt. 

Die beiden neuen Titel, die in den USA Neugier und Häme auslösen, können ihm gefährlicher werden als frühere Publikationen, die ebenfalls als angebliche Enthüllungsbücher von angeblichen Insidern vermarktet wurden.

Anders als deren Autorinnen und Autoren hat Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton einen beträchtlichen Glaubwürdigkeitsbonus unter Konservativen. Das trifft auf einer anderen Ebene, durch die Familienzugehörigkeit, auch auf seine Nichte Mary Trump zu, Tochter seines früh verstorbenen Bruders Fred. Ihre Schilderung des aus ihrer Perspektive schäbigen Verhaltens Donald Trumps in Familien- und Erbangelegenheiten soll Ende Juli erscheinen.

Schnauzbart Bolton wirkt auf typische Trump-Wähler vertrauenswürdig. Sie können nun im Wahljahr in einen Loyalitätskonflikt geraten. Darin liegt die politische Brisanz. Bolton ist ein strammer Konservativer und außenpolitischer Falke. 

Diese ideologische Nähe und dieses „Eine(r) von uns“-Gefühl galt weder für Ex-FBI-Chef James Comey noch für Trumps schwarze Kommunikationschefin Omarosa Manigault Newman noch für den Journalisten Michael Wolff, als die Trump-kritische Bücher vorlegten. Der Präsident tat sich leicht, sie als Charaktere abzustempeln, die schon immer unzuverlässig waren und halb im Lager der Demokraten standen.

Die Vorwürfe: Nähe zu Diktatoren, Amtsmissbrauch, Unwissen

Außenpolitische Ignoranz, Nähe zu Diktatoren, Amtsmissbrauch: Solche Vorwürfe bekommen größeres Gewicht, wenn der Ex-Sicherheitsberater sie erhebt. Deshalb versucht das Weiße Haus, das Erscheinen des Buches „The Room Where It Happened: A White House Memoir“ gerichtlich zu stoppen. D

er öffentliche Schaden ist freilich längst da. Progressive Medien wie die „New York Times“ und konservative wie das „Wall Street Journal“ haben pikante Auszüge der Bolton-Anklage bereits veröffentlicht.

Trump fehlen demnach außenpolitische Grundkenntnisse. Er sei anfällig für Schmeicheleien von Diktatoren und missbrauche sein Amt für persönliche Zwecke. Bolton schreibt, ein Amtsenthebungsverfahren habe Trump nicht nur wegen der Vorwürfe in der Ukraine-Affäre verdient, sondern wegen weiterer Fälle. Er habe strafrechtliche Ermittlungen gegen China und die Türkei unterbunden.

Damit zieht Bolton freilich Gegenangriffe auf sich. Warum macht er das erst jetzt öffentlich? Warum hat er im Amtsenthebungsverfahren nicht ausgesagt?

Angeblich bat Trump China um Wahlhilfe

Brisant ist seine Schilderung des Gesprächs zwischen Trump und Chinas Präsident Xi am Rande des G-20-Gipfels in Japan im Juni 2019. Trump habe Xi unverblümt um Wahlkampfhilfe gebeten. Er tat also, was ihm die Demokraten beim Impeachment mit Blick auf die Ukraine vorhielten. 

Xi habe sich über antichinesische Kräfte in den USA beschwert, die einen neuen Kalten Krieg wollten. Daraufhin habe Trump über die US-Wahl 2020 gesprochen. China könne sicherstellen, dass er dank der Stimmen der US-Farmer gewinne, wenn Peking mehr Sojabohnen und Weizen kaufe.

John Bolton war als Sicherheitsberater Ohrenzeuge, wie Trump seine Außenpolitik betrieb.
John Bolton war als Sicherheitsberater Ohrenzeuge, wie Trump seine Außenpolitik betrieb.

© Evan Vucci/AP/dpa

Im Wahlkampf dreht Trump die Vorwürfe um, auch mit Blick auf China. Sein Rivale, der Demokrat Joe Biden, zeige zu viel Nähe zu China. Er, Trump, weise Peking bei Strafzöllen, Corona und beim geostrategischen Machtkampf in die Schranken.

Peinliche Anekdote über Außenminister Pompeo

Peinlich für Außenminister Pompeo und sein Verhältnis zu Trump: Laut Bolton habe Pompeo ihm bei Trumps Treffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un 2018 einen Zettel zugeschoben: Trump rede so viel Mist. Ein weiterer Vorwurf: Die Termine, in denen die US-Geheimdienste Trump über ihre Erkenntnisse unterrichten, seien „reine Zeitverschwendung“. Statt zuzuhören, rede Trump. 

Ins bekannte Bild passt Boltons Urteil, Trump habe von Außenpolitik wenig Ahnung. Er habe gefragt, ob Finnland ein Teil von Russland und ob Großbritannien eine Atommacht sei. Auch habe Trump erwogen, in Venezuela einzumarschieren.

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Die reine Zahl der Vorbestellungen – angeblich über eine Million Exemplare, die das Buch vor dem Erscheinen an die Spitze des Bestseller-Listen in den USA katapultieren – ist noch kein Indiz, dass der Inhalt Trumps Wiederwahl gefährdet. Unter den Käufern sind wohl auch viele politische Gegner, die nach Häme über Trump gieren. Sie würden ohnehin nicht für ihn stimmen. Wichtiger ist, wie bisherige Trump-Anhänger Zweifel bekommen. Das werden erste die Umfragen der nächsten Wochen zeigen.

Die Anklage der Nichte

In der Wirkung auf Trump-Wähler liegt auch die potenzielle Brisanz des Buchs der Trump-Nichte Mary. Die Familie ist ein wichtiger Wert für Konservative. In „Too Much and Never Enough: How My Family Created the World’s Most Dangerous Man“ beschreibt die 55-jährige promovierte Psychologin den Trump-Clan als kaputte Familie, in der freilich niemand – außer ihr – sich traue, die Wahrheit zu sagen. Die Kindheit ihres Vaters Fred und des jüngeren Bruders Donald sei ein Albtraum gewesen mit „Traumata, zerstörerischen Beziehungen und einer tragischen Kombination von Vernachlässigung und Missbrauch“.

Fred überwarf sich mit der Familie und starb mit 42 Jahren an einem Herzinfarkt, der wohl Folge seiner Alkoholabhängigkeit war. Weder der Vater noch Bruder Donald hätten ihm beigestanden gegen die Sucht. Sie behauptet auch, Onkel Donald habe sie bei der Verteilung des Erbes ihres Großvaters übervorteilt.

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