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Bei einer Protestkundgebung in Hongkong versuchen Demonstranten, Tränengas-Kartuschen zu löschen.

© Reuters/Thomas Peter

Hongkong: Tränengas und Wurfgeschosse

Und wieder gehen tausende Hongkonger auf die Straße - das zehnte Wochenende in Folge. Dabei schlagen die meist friedlichen Proteste zum Teil in Gewalt um.

In Hongkong haben tausende Menschen das zehnte Wochenende in Folge gegen die Peking-treue Regierung von Carrie Lam protestiert. Am Sonntag schlugen die meist friedlichen Kundgebungen zum Teil in Gewalt um. Im Stadtteil Sham Shui Po versammelten sich überwiegend junge Leute vor einer Polizeiwache. Die Polizei setzte Tränengas gegen sie ein und versuchte vergeblich, die Menge zu zerstreuen. Im nahe gelegenen Stadtteil Cheung Sha Wan bewarfen einige Demonstranten Polizisten mit Gegenständen, die mit dem Einsatz von Tränengas reagierte.

Mehr als tausend schwarz gekleidete Demonstranten füllten den dritten Tag in Folge die Ankunftshallen des internationalen Flughafens in der chinesischen Sonderwirtschaftszone und forderten in Sprechchören: "Befreit Hongkong!" Im Victoria Park im Stadtzentrum versammelten sich bei brütender Hitze junge und ältere Menschen, darunter auch Familien mit Kindern. Sie warfen der Polizei Brutalität gegenüber den Demonstranten vor und forderten eine unabhängige Untersuchung des Vorgehens der Behörden.

"Wir haben unser ganzes Leben lang in Hongkong verbracht", sagte ein 63-jähriger Mann, der in Begleitung seines im Rollstuhl sitzenden 93-jährigen Vaters an einem Demonstrationszug teilnahm. "Das ist jetzt die schlimmste Zeit, denn die Regierung hört den Bürgern nicht zu." Die Bürger müssten zusammenhalten, sagte der Mann weiter. "Wir werden immer unsere Kinder unterstützen."

Ein Demonstrant sagt: „Jetzt oder nie“

Bereits am Samstag hatten Sicherheitskräfte bei Zusammenstößen mit Demonstranten erneut Tränengas eingesetzt. Nach Polizeiangaben wurden 16 Menschen festgenommen. Ihnen wird die Teilnahme an nicht erlaubten Kundgebungen und der Besitz von "Offensiv-Waffen" vorgeworfen. Seit Beginn der Proteste im Juni haben die Behörden mehr als 600 Menschen festgenommen.

Die Regierung in Peking hat die Proteste scharf verurteilt und unter anderem die Hongkonger Fluglinie Cathay Pacific Airways aufgefordert, gegen Personal vorzugehen, das sich an den Demonstrationen beteiligt hat. Das Unternehmen teilte mit, man werde jeden "übermäßig radikalen" Angestellten von Flügen zu chinesischen Zielen ausschließen. Außerdem sei ein Pilot vom Dienst suspendiert worden, der bei den Protesten festgenommen worden war.

Die Proteste hatten sich an Plänen der Regierung für ein Gesetz zur Auslieferung von Beschuldigten an China entzündet. Regierungschefin Lam hat den Gesetzentwurf zwar für tot erklärt, doch die Proteste weiten sich seit Mitte Juni stetig aus. Mittlerweile fordern die Demonstranten den Rücktritt Lams, der sie zu große Nähe zur Führung in Peking vorwerfen.

Der früheren britischen Kronkolonie Hongkong wurden nach der Übergabe an China 1997 besondere Rechte wie das der freien Meinungsäußerung eingeräumt. Diese Rechte sehen die Regierungskritiker nun gefährdet. Anfangs habe er die Kundgebungen nicht ernst genommen, sagte ein 29-jähriger Demonstrant. "Aber nach diesen zwei Monaten denke ich: jetzt oder nie. Denn in zwanzig Jahren werden wir nicht mehr in der Lage sein, irgendetwas zu unternehmen." (Reuters)

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