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Die undatierte Aufnahme zeigt die deutsch-kurdische Sängerin Hozan Cane. Eine seit Ende Juni in der Türkei inhaftierte deutsch-kurdische Sängerin ist wegen Mitgliedschaft in der als terroristisch eingestuften Organisation PKK zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.

© dpa

Hozan Cane: Lange Haftstrafe für deutsche Sängerin

In der Türkei müssen sich einige Deutsche vor Gericht verantworten. Ihnen drohen Haftstrafen – wie jetzt der Sängerin Hozan Cane.

Die türkische Justiz geht weiter mit langen Haftstrafen gegen Bundesbürger vor, denen Unterstützung für kurdische Separatisten vorgeworfen wird. Knapp vier Wochen nach der Verurteilung des Gießeners Patrick Kraicker zu sechs Jahren und drei Monaten Gefängnis erhielt die kurdischstämmige deutsche Sängerin Hozan Cane jetzt eine ebenso lange Strafe, weil sie Propaganda für die Terrororganisation PKK verbreitet haben soll. Kommende Woche beginnt der Prozess gegen einen weiteren Bundesbürger.

Die 47-jährige Kölnerin Cane war kurz vor der türkischen Präsidentschafts- und Parlamentswahl im Juni in der Stadt Edirne festgenommen worden, wo sie am Wahlkampf der legalen Kurdenpartei HDP teilnahm. Nach Angaben ihrer Anwälte wurde ihr unter anderem ein Bild zur Last gelegt, das sie mit mutmaßlichen PKK-Kämpfern zeigte.

Cane sagte, es handele sich um Bilder aus einem Film, den sie mit ihrer Tochter zusammen gedreht hatte. Er handelt von der Verfolgung der Jesiden durch den "Islamischen Staat" (IS) und zeigt kurdische Kämpfer, die im Kampf gegen die Dschihadisten siegen und die Jesiden damit vor Tod und Versklavung retten. Türkischen Medienberichten zufolge wurden bei Canes Festnahme zudem Erinnerungsfotos auf ihrem Telefon gefunden, die sie zusammen mit führenden PKK-Kommandanten im Hauptquartier der Terrorgruppe im Nordirak zeigten.

Vor Gericht wies die Sängerin, die mit bürgerlichem Name Saide Inac heißt, die Vorwürfe der Anklage zurück. Wenn sie zur PKK gehören würde oder Propaganda für die Rebellen verbreitet hätte, wäre sie das Risiko einer Reise in die Türkei nicht eingegangen. Ihre Anwälte wollen das am Mittwoch verkündete Urteil anfechten. Die in Istanbul inhaftierte Künstlerin bleibt jedoch hinter Gittern.

Patrick Kraicker war im Frühjahr in Silopi an der syrischen Grenze in Südostanatolien aufgegriffen worden. Türkischen Regierungsmedien zufolge gab Kraicker in ersten Vernehmungen zu, er habe sich in Syrien der Kurdenmiliz YPG anschließen wollen, einer Schwesterorganisation der PKK. Kraicker sagte dagegen, er habe in der Gegend wandern wollen.

Wegen der Inhaftierung von Bundesbürgern in der Türkei hatte es in den vergangenen Jahren Spannungen zwischen beiden Ländern gegeben, weil Berlin der türkischen Justiz vorwarf, mit fadenscheinigen Gründen gegen die Beschuldigten vorzugehen. Nach der Freilassung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel Anfang des Jahres betonten beide Seiten ihre Bereitschaft zu einem Neuanfang. Doch Fälle wie die von Cane und Kraicker belasten die Bemühungen um eine Normalisierung.

Mindestens ein halbes Dutzend Bundesbürger müssen sich derzeit wegen politischer Vorwürfe vor der Justiz verantworten. Ende September war der Hamburger Ilhami Akter wegen angeblich über Facebook verbreiteter Terrorpropaganda für die PKK zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Akter ist auf freiem Fuß, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, darf die Türkei aber nicht verlassen. Im Juli wurde im südtürkischen Hatay der Hamburger Dennis E. verhaftet, der ebenfalls in sozialen Medien für die PKK geworben haben soll.

Bereits seit August vergangenen Jahres sitzt der 74-jährige Enver Altayli in der Türkei in Haft. Altayli, der die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft besitzt, ist ein früherer Mitarbeiter des türkischen Geheimdienstes MIT. Ihm wird eine Verwicklung in den Putschversuch von 2016 vorgeworfen. Am Dienstag beginnt in Istanbul der Prozess gegen Adil Demirci aus Köln. Er war im April bei einem Besuch in der Türkei wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer Terrororganisation festgenommen worden

Wie die Übersetzerin Mesale Tolu sieht er sich dem Vorwurf ausgesetzt, an Beisetzungen und Gedenkfeiern für Linksextremisten teilgenommen zu haben. Tolu wurde nach mehrmonatiger Untersuchungshaft im Dezember freigelassen und durfte inzwischen die Türkei verlassen. Auch der Braunschweiger Hüseyin M. konnte nach einiger Zeit in türkischer Haft wieder nach Hause fahren. M. war wegen Beleidigung von Staatschef Recep Tayyip Erdogan verhaftet worden.

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