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Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grüne) spricht am 09.04.2016 in Berlin beim Kleinen Parteitag der Grünen.

© dpa

Kleiner Parteitag der Grünen in Berlin: Winfried Kretschmann fordert mehr Kompromisse

Baden-Württembergs grüner Wahlsieger Winfried Kretschmann hat seiner Partei Kompromissfähigkeit ans Herz gelegt. "Wir müssen in den Grundsätzen elastisch und flexibel sein", sagte der Landeschef der Partei in Berlin.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat seine Partei aufgefordert, stärker um die Mitte der Gesellschaft zu werben. Die Grünen seien mit ihren Themen wie der Ökologie mehrheitsfähig geworden, sagte er auf dem Länderrat in Berlin. „Deutschland hat sich an der CDU vorbei entwickelt“, stellte er fest. Die Republik ticke viel offener, ökologischer und sozialer, als auch die Grünen manchmal wahrnehmen würden. „Wir müssen uns endlich an die Spitze stellen und den Dingen nicht immer hinterherbellen“, ermahnte Kretschmann seine Parteifreunde.

Die Grünen dürften keine Angst vor Kompromissen haben, verlangte Kretschmann. „Dann können wir auch wachsen und die Republik entscheidend prägen.“ Die Partei müsse „konkrete, umsetzbare und mehrheitsfähige“ Antworten finden. Dazu gehörten auch mehrheitsfähige Alternativen in der Flüchtlingspolitik. „Wenn man selbst nichts Besseres auf den Tisch legen kann, muss man sich mit Globalkritik zurückhalten.“

Für seinen Appell erhielt Kretschmann Standing Ovations. Dass Kretschmann mit seinem Wahlerfolg in Baden-Württemberg momentan auch der Bundespartei zu einem Aufschwung verhilft, darüber freuen sich viele der Funktionäre, die an diesem Samstag in die Uferstudios in den Berliner Wedding gekommen sind. Pünktlich zum Länderrat ist Kretschmann im Politbarometer beim Ranking der beliebtesten Politiker auf Platz eins aufgerückt.

"Schön, dass wir alle den Choral singen: Wir sind Kretschmann"

Doch in welchem Umfang die Partei tatsächlich bereit ist, Lehren aus den Landtagswahlen zu ziehen, ist noch nicht ausgemacht. Zum Mainstream gehört inzwischen, was Simone Peter zu Beginn der Debatte ausspricht: „Authentische Persönlichkeiten und Geschlossenheit zahlen sich aus“, sagt die Parteichefin. Der Parteiführung ist klar, dass es auch für die Ökopartei in Wahlkämpfen immer stärker auf Personalisierung ankommt.

Bei aller Euphorie über den Grünen-Star Kretschmann fordert Reinhard Bütikofer die Partei auf, sich ehrlich zu machen. „Schön, dass wir alle den Choral singen: Wir sind Kretschmann“, sagt der frühere Parteichef. „Wir wissen aber auch: Wir sind es nicht oder nicht genug.“ Schließlich sind die Grünen bei den letzten Landtagswahlen zwar in Baden-Württemberg mit 30 Prozent stärkste Kraft geworden, gleichzeitig mussten sie aber in Rheinland-Pfalz und in Sachsen-Anhalt um den Einzug in den Landtag bangen.

Mehrere Politiker vom Realo-Flügel mahnen daher, die Grünen müssten sich anders aufstellen, um künftig mehr Wähler anzusprechen. „Die Leute suchen Orientierung“, sagt der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck. Diese Suche habe noch keinen richtigen Ort. In der Partei gebe es viele Konzepte, aber auch noch viele Widersprüche. „Wir müssen Relevanz beweisen“, fordert Habeck, der Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2017 werden will. Auch der hessische Fraktionschef Matthias Wagner fordert eine andere „Art, auf die Menschen zuzugehen“.

Ähnlich argumentiert auch Bütikofer. Die Grünen dürften sich nicht mehr mit der „kleinteiligen Addition von Klientelinteressen“ begnügen, sondern müssten stärker zu „Bewegungspartei“ werden. Die Grünen müssten die Veränderungen in der Wirtschaft „wahrnehmen und aufgreifen und politisch was draus machen“.

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