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Menschen bringen sich in der Provinz Idlib in Syrien in Sicherheit.

© Abdulaziz Ketaz/AFP

Luftangriffe und Bodenkämpfe in Syrien: Waffenruhe für Idlib hält nicht einmal eine Woche

Russlands Präsident Putin hatte in Idlib Hoffnung geweckt. Doch wieder gibt es in Syrien Dutzende Tote und Verletzte. Es droht eine neue Massenflucht.

Eine von Russland verkündete Waffenruhe für die syrische Provinz Idlib hat keine Woche gehalten: Bei heftigen Gefechten wurden innerhalb von 24 Stunden dutzende Kämpfer und Zivilisten getötet, Helfer warnen vor einer neuen Massenflucht. "Noch einmal 650.000 Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder, könnten angesichts der Kämpfe gezwungen sein, ihre Häuser zu verlassen", erklärte die Nichtregierungsorganisationen International Rescue Committee (IRC).

Offenbar rund 60 Luftangriffe auf 28 Städte in Syrien

Die neuen Kämpfe hätten in der Nacht zum Donnerstag südlich der Stadt Maaret al Numan eingesetzt, berichtete die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die sich auf ein Netz von Informanten in dem Bürgerkriegsland stützt. Die Eroberung von Maaret al Numan sei derzeit das wichtigste Ziel der Regierungstruppen in Idlib. Die Provinz ist die letzte Rebellen-Hochburg in Syrien, die Führung in Damaskus will sie mit aller Macht zurückerobern.

Bei den neuen Gefechten wurden nach Angaben der Beobachtungsstelle mehr als 50 Kämpfer getötet. Es habe Luftangriffe, Artilleriebeschuss und Kämpfe am Boden gegeben. Unter den Toten seien 26 Kämpfer von Dschihadisten- und Rebellengruppen sowie 29 Kämpfer der syrischen Armee und verbündeter Milizen. Zuvor waren am Mittwoch in der Stadt Idlib mindestens 19 Zivilisten bei Luftangriffen der syrischen und russischen Armee getötet worden. AFP-Reporter berichteten am Donnerstag von anhaltendem Chaos in der Stadt.

Wie die "Bild" am Freitag unter Berufung auf syrische Aktivisten berichtete, sollen die syrische und russische Luftwaffe seit Sonntag rund 60 Luftangriffe auf 28 Städte geflogen haben. Alle Luftangriffe des Regimes von Baschar al Assad werden demnach von der russischen Leitstelle nahe der syrischen Hafenstadt Latakia koordiniert.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hat die anhaltende blutige Gewalt im Nordwesten Syriens scharf verurteilt. Trotz der Ausrufung einer Waffenruhe seien bei Angriffen in den vergangenen Tagen Dutzende Zivilisten verletzt und getötet worden, erklärte Bachelet am Freitag in Genf. Wehrlose Kinder, Frauen und Männer würden zu Opfern des „sinnlosen“ Beschusses in der Provinz Idlib und angrenzenden Gebieten.

Assads Truppen werden von Russland unterstützt

Seit Beginn der Offensive des Regimes des syrischen Machthabers Assad und russischer Streitkräfte auf die Provinz Idlib und angrenzende Gebiete im April 2019 sind Bachelet zufolge 1506 Zivilisten getötet worden, darunter 293 Frauen und 433 Kinder. Rund 95 Prozent der Opfer seien in Gebieten zu beklagen, die von Gegnern Assads kontrolliert werden.

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Die syrischen Regierungstruppen werden von Russland unterstützt. Erst am vergangenen Donnerstag hatte Moskau verkündet, dass in Idlib eine neue Feuerpause in Kraft getreten sei. Diese gehe auf eine russisch-türkische Vereinbarung zurück - die Türkei unterstützt in dem Konflikt die gegen die Regierung kämpfenden Rebellen.

Syrien soll auch Thema bei Libyen-Konferenz in Berlin werden

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will bei der Berliner Konferenz zu Libyen am Sonntag auch den Konflikt in Syrien ansprechen. Das sagte er am Freitag am Rande eines Moscheebesuchs in Istanbul. Er wolle sich dort mit Kremlchef Wladimir Putin über die Lage im Rebellengebiet Idlib austauschen. "Die aktuellen Entwicklungen in Idlib sind leider besorgniserregend."

Auch die Europäische Union warnte. "Das ist ein enormer Anlass zur Sorge", sagte ein Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell in Brüssel. "Wieder einmal" werde bei den Angriffen nicht zwischen militärischen und zivilen Zielen unterschieden. "Wir sehen eine wachsende Zahl von zivilen Opfern und das Risiko einer großen Zahl von Flüchtlingen."

Idlib sowie Teile der angrenzenden Provinzen Hama, Aleppo und Latakia werden von dem früheren Al-Qaida-Ableger HTS und anderen islamistischen Milizen kontrolliert. Syriens Machthaber Assad ist entschlossen, die Region wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Der Syrien-Krieg begann 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad. Hunderttausende Menschen kamen seither ums Leben. Millionen Menschen wurden in die Flucht gezwungen. (AFP, epd, Tsp)

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