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Sigmar Gabriel (SPD), Außenminister, an der Sitzung im Fraktionssaal im Bundestag.

© Britta Pedersen/dpa

Nach seiner Niederlage: Sigmar Gabriel rechnet mit der SPD und Schulz ab

Nachdem Martin Schulz das Außenamt beansprucht hat, beklagt sich Gabriel bitterlich und wirft der Gegenseite Respektlosigkeit und Unehrlichkeit vor.

Der scheidende Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) ist in scharfer Form mit seiner Partei ins Gericht gegangen. Der frühere SPD-Chef bedauerte in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben), dass er die Leitung des Auswärtigen Amtes abgeben soll, und kritisierte einen respektlosen Umgang in seiner Partei.

"Ich habe das Amt des Außenministers gern und in den Augen der Bevölkerung offenbar auch ganz gut und erfolgreich gemacht", sagte Gabriel den Funke-Zeitungen. "Und da ist es ja klar, dass ich bedauere, dass diese öffentliche Wertschätzung meiner Arbeit der neuen SPD-Führung herzlich egal war."

Der scheidende Minister betonte, dass er die Personalentscheidung nicht kritisiere, da jede neue SPD-Führung das Recht auf die Neubesetzung von Ministerposten habe. Politiker seien "Gewählte und keine Erwählten". "Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt", fügte Gabriel hinzu.

Welches Versprechen er meint, sagte er nicht. Gabriel hatte im Januar zugunsten von Martin Schulz auf den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur verzichtet, um Außenminister zu werden. Es wird seither kolportiert, dass Schulz ihm damals für den Fall einer neuen großen Koalition versprochen hat, dass er das Außenamt behalten darf.

"Besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht"

Schulz hatte am Mittwoch erklärt, dass er selbst Außenminister werden will, obwohl er nach der Wahl ausgeschlossen hatte, in ein Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einzutreten.

Der 58-jährige Gabriel, bisher Vizekanzler und von 2009 bis 2017 der am längsten amtierende Parteichef seit Willy Brandt, droht der Sturz in die politische Bedeutungslosigkeit, obwohl er laut letztem ARD-„Deutschlandtrend“ Deutschlands beliebtester Politiker ist.

Ihm sei bewusst, dass in der Politik mitunter mit harten Bandagen gestritten werde. "Aber es sollte mit offenem Visier erfolgen", mahnte Gabriel. Er warf der SPD-Spitze indirekt Unehrlichkeit vor: "Ich komme wohl noch zu sehr aus einer analogen Welt, in der man sich nicht immer nur umschleicht, sondern sich einfach mal in die Augen schaut und die Wahrheit sagt." Dies sei anscheinend "aus der Mode gekommen".

Zu seiner persönlichen Zukunft sagte Gabriel, für ihn beginne "jetzt eine neue Zeit". "Zuhause freuen sich schon mal alle darauf", fügte der Familienvater hinzu. Seine kleine Tochter Marie habe ihm am Donnerstagmorgen gesagt: "Du musst nicht traurig sein, Papa, jetzt hast Du doch mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht."

Termine und Reisen als Außenminister abgesagt

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte am Abend in Springe bei Hannover noch - in Unkenntnis des Interviews - über den scheidenden Außenminister Gabriel gesagt: „Das ist nicht das Ende seiner politischen Arbeit und auch nicht seiner politischen Karriere." Gabriel hatte am Donnerstag nach Bekanntwerden der geplanten Ressortverteilung diverse Termine und Reisen, die er noch als geschäftsführender Außenminister geplant hatte, abgesagt, darunter auch den Besuch bei der Münchner Sicherheitskonferenz.

Nach vielen Alleingängen und einer gewissen Sprunghaftigkeit hatte er vor der Abgabe des SPD-Vorsitzes massiv an Vertrauen in der Partei verloren. Der Mann aus Goslar verzichtete am Ende zugunsten Schulz' auch auf die Kanzlerkandidatur. Seine wiederholte Kritik an der SPD und ihrer Wahlkampagne ließ ihn noch einsamer werden. (mes, AFP, dpa)

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