zum Hauptinhalt
Boris Johnson mit einer Kiste des Impstoffs von Astrazeneca

© Stefan Rousseau/REUTERS

Neidisch auf den britischen Impfstart?: Die EU war bei den Verhandlungen einfach zu schwerfällig

Beim Impfen hat die EU ihr eigenes Tempo. In mancher Hinsicht ist das gut so, doch es wurden Fehler gemacht. Was ist die Lehre daraus? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Als Anfang Januar die Bilder des 82-jährigen Brian Pinker veröffentlicht wurden, dem als ersten Patienten in Oxford der Impfstoff von Astrazeneca verabreicht wurde, da schauten auch in Deutschland manche neidisch nach Großbritannien. Hatten es nicht die Briten beim Impfen besser auf die Reihe gebracht als die schwerfällige Europäische Union?

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Die EU hat beim Impfen ihr eigenes Tempo. Das ist in manchen Punkten kritikwürdig, in anderer Hinsicht aber auch ganz gut so. So hat sich die EU ganz bewusst gegen eine Notzulassung des Impfstoffs von Astrazeneca entschieden, wie sie in Großbritannien durchgezogen wurde.

Das Verfahren der EU hängt auch damit zusammen, dass es keinen Sinn ergeben würde, die in einigen Mitgliedsländern wie Frankreich besonders grassierende Impfskepsis durch eine allzu oberflächliche Prüfung der Vakzine auch noch zu befördern. Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission in Deutschland, den Astrazeneca-Impfstoff zunächst einmal nur in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen zu verwenden, stützt genau dieses Vorgehen.

EU erwies sich bei Verhandlungen als zu schwerfällig

Was das Tempo anbelangt, so muss sich die EU allerdings den Vorwurf gefallen lassen, dass andere Konkurrenten auf dem weltweiten Markt in der entscheidenden Phase im vergangenen Frühjahr und Sommer bei den Verhandlungen mit den Herstellern fixer waren.

Der Impfstoff von Astrazeneca, der an diesem Freitag in der EU zugelassen werden soll, wurde gemeinsam vom Unternehmen und Forschern der Universität Oxford entwickelt. Der Brexit lag im vergangenen Jahr gerade drei Monate zurück, als die Regierung von Premierminister Boris Johnson einen Impfstoff-Deal mit dem britisch-schwedischen Konzern verkündete.

Das Vakzin von Astrazeneca wird im englischen Bath verimpft.
Das Vakzin von Astrazeneca wird im englischen Bath verimpft.

© AFP

Dürfen sich nun die Brexit-Befürworter auf der Insel angesichts der zögerlichen Verhandlungen, wie sie die EU anschließend an den Tag legte, bestätigt fühlen? Die Antwort lautet: Niemand konnte im vergangenen Frühjahr und Sommer wissen, welche Vakzine sich als Erste durchsetzen würden.

Zudem hat sich die EU damals zu Recht darauf besonnen, im Verbund bei den Konzernen Impfstoffe zu sichern und so einen zerstörerischen Preiskampf innerhalb der Gemeinschaft zu verhindern. Aber dennoch muss die Gemeinschaft vor allem aus dem späten Abschluss mit Biontech/Pfizer ihre Lehren ziehen – und künftig bei Verhandlungen mit den Pharmariesen mehr aufs Tempo achten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false