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US-Präsident Donald Trump am Mittwoch im Weißen Haus.

© Nicholas Kamm/AFP

Update

Ermittlungen gegen US-Präsidenten: Trump sieht sich als Opfer einer "Hexenjagd"

Es könnte ein Wendepunkt in der Russland-Affäre sein: Der Sonderermittler Robert Mueller prüft Medienberichten zufolge, ob der US-Präsident die Justiz behinderte.

Fünf Monate nach seinem Amtsantritt im Januar sieht sich US-Präsident Donald Trump einem Ermittlungsverfahren wegen Behinderung der Justiz gegenüber. Sonderermittler Robert Mueller wolle herausfinden, ob der Präsident in die Nachforschungen der Bundespolizei FBI im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Manipulationsversuchen Russlands bei der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr eingegriffen habe, meldete die „Washington Post“ am Mittwoch. Muellers Entscheidung ist ein möglicher Wendepunkt im Russland-Skandal. Erstmals steht Trump, der am Tag der neuen Vorwürfe 71 Jahre alt wurde, selbst im Zentrum von Untersuchungen, die ihn das Amt kosten könnten. Der Präsident reagierte mit Gegenvorwürfen an die Ermittler.

Bereits in den kommenden Tagen wolle das mit weitreichenden Vollmachten ausgestattete Expertenteam Muellers mehrere Chefs der amerikanischen Geheimdienste befragen, meldeten die „Post“ und die „New York Times“ übereinstimmend. Geheimdienstkoordinator Dan Coats, der Chef des Abhördienstes NSA, Michael Rogers, sowie der frühere NSA-Vize Richard Ledgett sollen den Ermittlern Auskunft geben. Dabei geht es offenbar um den Verdacht, dass Präsident Trump die Geheimdienstleiter gebeten haben soll, das FBI zur Einstellung von Ermittlungen gegen Ex-Berater Michael Flynn zu bewegen.

Mueller geht auf Anordnung des Justizministeriums seit einem Monat dem Verdacht nach, dass Hacker auf Befehl der russischen Regierung versuchten, auf die US-Präsidentenwahl im vergangenen Jahr Einfluss zu nehmen und Trump dabei Vorteile zu verschaffen. Bisher ist unklar, wie weit die russischen Manipulationsversuche gingen – laut Medienberichten sind Hacker-Attacken in 39 der 50 Bundesstaaten festgestellt worden – und ob Trumps Wahlkampfteam dabei mithalf. Der Präsident weist alle Vorwürfe zurück.

Durch seine Äußerungen nährte Trump selbst den Verdacht

Über Twitter beklagte er am Donnerstag, seine Gegner hätten keine Beweise für eine Kungelei mit Russland finden können und zauberten deshalb jetzt den Vorwurf der Justizbehinderung aus dem Hut. Er sei das Opfer der größten „Hexenjagd“ der amerikanischen Geschichte, die von einigen „sehr bösen“ Menschen geleitet werde. Es war unklar, ob Trump damit den Sonderermittler Mueller meinte. Trump betrachtet die Russland-Vorwürfe als Teil einer Verschwörung der bei der Wahl im vergangenen Jahr unterlegenen Demokraten, doch sein Verhalten in den vergangenen Wochen hat kritische Fragen lauter werden lassen.

So entließ der Präsident den FBI-Chef James Comey und erklärte anschließend, die Entscheidung habe im Zusammenhang mit den Russland-Ermittlungen den Druck auf ihn vermindert. Vor Comeys Entlassung soll Trump den Polizeichef gedrängt haben, Ermittlungen gegen seinen früheren Sicherheitsberater Flynn fallen zu lassen. Comey hatte Trump versichert, dass er nicht persönlich im Visier der Ermittler stehe – doch das änderte sich laut der „Washington Post“ nach der Entlassung des FBI-Chefs. Das Blatt berief sich auf fünf namentlich nicht genannte Gewährsleute. Mueller äußerte sich nicht zur Meldung.

Mueller, der selbst zwölf Jahre lang die Bundespolizei leitete, will wissen, ob Trump durch seine Forderungen an Comey oder seine Bitten an die Geheimdienstchefs illegalerweise in die Russland-Ermittlungen eingriff. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, könnte der Kongress ein Amtsenthebungsverfahren wegen Strafvereitelung im Amt gegen Trump einleiten.

Im Kongress haben Trumps Republikaner die Mehrheit. Um ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anzustoßen, müsste sich die Regierungspartei also gegen den Präsidenten wenden. Dafür gibt es bisher keine Hinweise, auch wenn sich mehrere Ausschüsse des Parlaments mit der Russland-Akte befassen.

Präsident sich sich als Opfer einer politischen Verschwörung

Trump erklärte über seine Anwälte, die neuesten Enthüllungen seien skandalös und illegal. Der Präsident sieht die Russland-Ermittlungen als Teil einer politischen Verschwörung der bei der Wahl unterlegenen Demokraten. Philip Rucker, der Chef der Präsidialamtsreporter der „Washington Post“, veröffentlichte am Mittwochabend auf Twitter den Text einer Sprachregelung der Regierung für den Umgang mit den neuen Vorwürfen. Demnach wird Sonderermittler Mueller vorgeworfen, er wolle dem Präsidenten eine Justizbehinderung anhängen, weil er keine Hinweise auf eine Zusammenarbeit von Trumps Wahlkampfteam mit Russland finden könne.

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Berater und Freunde von Trump hatten in den vergangenen Tagen über eine Entlassung Muellers durch den Präsidenten spekuliert. Ein solcher Schritt würde den Verdacht gegen den Präsident jedoch nur noch weiter stärken.

Die Nachrichten-Website „Daily Beast“ zitierte ungenannte Mitarbeiter des Präsidialamts mit den Worten, Trump habe sich die jüngste Wendung im Russland-Skandal selbst zuzuschreiben, indem er die Überlegungen über eine Entlassung Muellers an die Öffentlichkeit durchsickern ließ. Möglicherweise habe der Präsident den Sonderermittler mit der Entlassungsdrohung dazu bringen wollen, ihn selbst von den Ermittlungen auszunehmen, lautet demnach die Einschätzung im Weißen Haus.

Russen dementieren und bieten Comey politisches Asyl

Wie Trump dementiert auch Russland alle Berichte im Zusammenhang mit den Ermittlungen. Staatschef Wladimir Putin sagte am Donnerstag, sein Land habe keine verdeckten Aktionen gegen die USA gestartet. Zugleich bot Putin dem geschassten FBI-Chef Comey politisches Asyl in Russland an.

Theoretisch könnte Trump zudem den jetzt von Mueller vorgeladenen Geheimdienstchefs auferlegen, bei der Befragung durch die Ermittler keine Interna preiszugeben. Laut „Washington Post“ würde ein solcher Schritt jedoch gegen ein Verfassungsgerichtsurteil aus der Zeit des Watergate-Skandals in den 1970er Jahren widersprechen. Damals hatte das höchste Gericht der USA entschieden, dass sich Regierungsmitarbeiter bei strafrechtlichen Ermittlungen nicht auf das Prinzip der Vertraulichkeit zurückziehen dürfen.

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