zum Hauptinhalt
Die Ostseepipeline Nord Stream transportiert seit 2011 Gas von Russland nach Deutschland. Sie soll um zwei weitere Stränge ergänzt werden.

© dpa

Russlandtag in Rostock: Heikle Leitung

Der Russlandtag in Mecklenburg-Vorpommern wird vor allem von Unternehmen gesponsert, denen ein Ausbau der Ostseepipeline nützt.

Zum zweiten Mal lädt das Land Mecklenburg-Vorpommern an diesem Mittwoch zum Russlandtag nach Rostock, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus der Region und russischen Firmen voranzubringen. Vor zwei Jahren war der erste Russlandtag in die Kritik geraten, weil die Landesregierung trotz der russischen Intervention in der Ukraine an dem Treffen festgehalten hatte. Doch die neue Tagung fällt in eine Zeit, in der Forderungen nach einer Annäherung an Russland lauter werden.

Während 2014 Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), der nach seinem Ausscheiden aus der Politik sein Geld als Aufsichtsratschef beim Gaspipeline-Unternehmen Nord Stream verdient, Hauptredner in Rostock war, wird in diesem Jahr ein Mitglied der Bundesregierung erwartet: Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hält die Festrede beim „Russland-Gala-Abend“. Gabriel setzt sich seit längerem für einen Neuanfang im Dialog mit Moskau ein. Bereits im Herbst vergangenen Jahres brachte er ein Ende der von der EU verhängten Sanktionen gegen Russland ins Gespräch und grenzte sich damit vom Kurs der Kanzlerin ab. Den Gastgeber des Unternehmertages in Rostock, Erwin Sellering (SPD), weiß er dabei auf seiner Seite. Denn auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident hat sich für eine Aufhebung der Sanktionen ausgesprochen.
In Rostock werden an diesem Mittwoch etwa 600 Teilnehmer erwartet, darunter 100 aus Russland. Auch der russische Industrieminister Denis Manturow zählt zu den Ehrengästen der Veranstaltung, die von der Staatskanzlei in Schwerin gemeinsam mit der IHK Mecklenburg-Vorpommern und dem vom Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement mitgegründeten Ostinstitut Wismar organisiert wird. Wie schon 2014 wird die Tagung, deren Gesamtkosten die Landesregierung auf etwa 250000 Euro schätzt, von Sponsoren aus der Wirtschaft finanziell unterstützt.

Gazprom, Nord Stream 2 und Gascade sind größte Sponsoren

Doch die Auswahl der Sponsoren wirft durchaus Fragen auf. Drei der vier größten Sponsoren des Unternehmertreffens haben derzeit ein Interesse an einer Erweiterung der Ostsee-Pipeline Nord Stream, die von Russland nach Lubmin bei Greifswald führt. Den Antrag zum Bau der neuen Gasleitungen muss auch eine Landesbehörde genehmigen. Der vom russischen Staat kontrollierte Energiekonzern Gazprom zählt ebenso zu den Hauptsponsoren wie das Konsortium Nord Stream 2, an dem Gazprom zur Hälfte beteiligt ist. Nord Stream 2 will die bestehende Ostseepipeline um zwei Stränge erweitern. Der dritte große Sponsor, die Erdgastransportfirma Gascade, gehört zu einer Holding, die Gazprom und Wintershall gehört. Das Unternehmen betreibt ein Netz von Pipelines, durch die auch das über Nord Stream gelieferte Gas weitertransportiert wird.

Die drei Unternehmen beteiligen sich mit jeweils 10000 Euro am Russlandtag und tragen damit fast die Hälfte der Sponsorenzahlungen. Gazprom und Nord Stream haben bereits den ersten Russlandtag 2014 finanziell unterstützt. Allerdings war damals der erste Teil der Pipeline längst gebaut, von einer Erweiterung war noch keine Rede.

Bergamt Stralsund muss über Genehmigung entscheiden

Der Bau der Pipeline Nord Stream 2 könnte nach den Plänen des Konsortiums bis Ende 2019 abgeschlossen sein. Noch in diesem Jahr sollen die nötigen Genehmigungsanträge in fünf Staaten eingereicht werden. In Deutschland gibt es neben dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie eine weitere Behörde, die dem Bau zustimmen muss: das Bergamt Stralsund, eine Behörde des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Ist es also angemessen, wenn ausgerechnet in dieser Situation Nord Stream und Gazprom eine vom Land organisierte Veranstaltung sponsern? „Wir sehen da kein Problem“, sagt Regierungssprecher Andreas Timm. „Die Landesregierung hält den geplanten Ausbau der Ostsee-Pipeline für richtig.“ Über eine Genehmigung der konkreten Pläne müssten aber die zuständigen Fachbehörden in einem rechtsstaatlichen Verfahren entscheiden. „Da gibt es keinen Zusammenhang zum Russlandtag.“
In der Vergangenheit war das Sponsoring öffentlicher Veranstaltungen, beispielsweise von Sommerfesten der Landesvertretungen in Berlin, immer wieder in die Kritik geraten. Das Bundesinnenministerium mahnt in einer Verwaltungsvorschrift, über die Annahme von Sponsorengeldern sei „grundsätzlich restriktiv“ zu entscheiden. Auch das Land Mecklenburg-Vorpommern hat Grundsätze für Sponsoring, Werbung und Spenden beschlossen. Darin heißt es: „Sponsoring ist ausgeschlossen, wenn der Anschein entstehen könnte, Verwaltungshandeln würde durch die Sponsoringleistung beeinflusst werden.“

Zur Startseite