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US-Präsident Donald Trump.

© imago images/UPI Photo/Kevin Dietsch

Trumps Außenpolitik: Und was, wenn er Erfolg hat?

Die meisten Deutschen halten Trump für brandgefährlich. Viele Amerikaner glauben, dass seine Drohgebärden China und Iran zum Einlenken zwingen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Für viele Deutsche klingt es unglaublich: In den USA wächst die Zustimmung zu Donald Trump. Er liegt jetzt über 45 Prozent, sein bester Wert seit zwei Jahren und nahe an den 46 Prozent, die 2016 für den Sieg gegen Hillary Clinton reichten. In Deutschland dagegen verfinstert sich sein Bild. Er geht rücksichtslos vor, gilt als Kriegstreiber. Wie ist die konträre Wahrnehmung zu erklären? Die Hoffnung der Einen und die Furcht der Anderen sind zwei Seiten derselben Medaille. Amerikaner sehen die Chancen, Deutsche die Risiken.

Chancen und Risiken einer Eskalation

Viele US-Bürger halten es für gut, dass Trump härter vorgeht als Obama: gegen China, den Iran und Nordkorea, an der Seite Israels. Er vertritt, so sehen sie das, ihre Interessen; zuvor wurden sie vernachlässigt. Mit Poltern und Eskalation werde er Erfolg haben und die Schwarzmaler widerlegen. So wie in der US-Wirtschaft. Die boomt – trotz der Warnungen, Trumps Steuersenkungen würden nur ein Strohfeuer entfachen und danach komme es um so schlimmer. Ähnlich schauen sie auf die Weltpolitik: China wird die Exporte beschränken, der Iran ein verbessertes Atomabkommen akzeptieren. Die Palästinenser und Nordkorea werden am Ende klein beigeben.
Die meisten Deutschen betonen die Gefahren: Krieg mit dem Iran, Handelskrieg mit China, neue Waffengänge in Nahost und ein Kim Jong Un, den Trump zu neuem Zündeln provoziert. Zu den begründeten Risiken in jedem Einzelfall kommt die Besorgnis, dass die Summe der Risiken, die Trump heraufbeschwört, kaum noch zu beherrschen ist.
Wollen die Amerikaner das nicht sehen? Doch, zur Hälfte teilen sie die Sorgen. Die andere Hälfte, das Trump-Lager, ist aber an der Macht. Die risikoblinde Bereitschaft, zu testen, wie weit man gehen kann, verschlägt Europa den Atem. Umgekehrt darf man aber fragen: Sind die Deutschen offen für die Idee, dass ein härterer Umgang mit den Gefährdern der internationalen Ordnung Erfolg haben könnte? Nur wenige weisen darauf hin, dass Trumps Eskalationen meist kühl kalkuliert sind, den Druck erhöhen und Zeitfenster für eine Einigung offen lassen, wie der Ökonom Gabriel Felbermayr im Zollkrieg mit China oder der Außenpolitiker Norbert Röttgen in der Diskussionssendung "Anne Will" zum Atomkonflikt mit dem Iran.

In Paris und Warschau hört man: Trump hat in manchem Recht

In anderen EU-Ländern ist das Trump-Bild nicht ganz so negativ wie in Deutschland. Regierende in Frankreich und Polen sagen, Trump habe in manchem Recht. Man müsse China zu Fairness bei Handel, Investitionen und Urheberrecht zwingen. Auch manche Deutsche wechseln den Kurs. Der Bundesverband der Deutschen Industrie ist für mehr Druck auf Peking. Deutsche Iranexperten nennen den Atom-Deal von 2015 unzureichend und wollen vier Nachbesserungen: den unbefristeten Stop des Atombombenprogramms, die Begrenzung des Raketenbaus, ein Ende der Terrorfinanzierung, den Stop der Entsendung von Revolutionsgarden in Bürgerkriege.

In vielen Konfliktfragen sind Europa und die USA nah beieinander, was sie erreichen wollen. Sie streiten über die Methoden, den Mix aus Druck und Diplomatie. Und wer in Europa meint ernsthaft, die Nahostpolitik der letzten Jahrzehnte sei erfolgreich?

Europa muss aktiver werden, Chancen ergreifen, Risiken mindern

Da liegt der Unterschied im Umgang mit Trump: Amerikaner neigen zu „Disruption“: Wenn eine Strategie nicht zum Ziel führt, sind sie bereit, eine andere zu erproben, ohne zu wissen, ob sie bessere Ergebnisse bringt. Deutsche gewichten Risiken oft stärker als Chancen. Es ärgert sie zudem, dass sie die Folgen eines Kurses tragen müssen, den Trump ihnen aufgezwungen hat, ohne sie zu fragen. Doch Klagen hilft nichts. Trump hat den längeren Hebel. Die Europäer müssen, auch wenn sie sein Vorgehen missbilligen, aktiver werden: in Teheran über einen besseren Deal verhandeln und den Druck auf China verstärken – um die Erfolgschancen zu erhöhen und die Risiken zu verringern. Denn eventuell haben sie es noch vier weitere Jahre mit ihm zu tun.

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