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Zufrieden in Kiel. Grünen-Verhandlungsführerin Monika Heinold ist sich einig mit dem künftigen Ministerpräsidenten Daniel Günther von der CDU (links) und Heiner Garg (FDP)

© dpa/Rehder

Vor dem Grünen-Parteitag: Grüne sehen in Kieler Jamaika-Bündnis keine Festlegung für die Bundestagswahl

In Kiel haben sich CDU, FDP und Grüne auf ein Jamaika-Bündnis geeinigt. Im Bund wollen die Grünen noch keine Energie auf Koalitionsdebatten "verschwenden".

Berlin - Auf eine Botschaft legt der Wahlkampfleiter der Grünen, Michael Kellner, besonders Wert: Die Jamaika-Koalition, die in diesen Tagen in Schleswig-Holstein geschmiedet wird, bedeute noch keine Vorfestlegung für den Bund. Die Grünen blieben dabei, dass sie eine Zusammenarbeit nur mit der AfD ausschlössen, sagt Kellner. „Wir verschwenden jetzt keine Energie darauf, mit wem wir koalieren könnten.“ Im Bund gehe es außerdem um ganz andere Themen als auf Landesebene.

Zwei Tage sind es noch bis zum Beginn des Parteitags, mit dem die Grünen in den Wahlkampf starten wollen. Auf der Delegiertenversammlung will die Partei mit dem Beschluss ihres Wahlprogramms wieder deutlicher machen, wofür sie eigentlich steht. Von dem Parteitag soll außerdem das Signal ausgehen, dass die Grünen geschlossen und kampfeslustig in die Wahl ziehen. Strittige Farbdebatten über mögliche Koalitionen, die einige Grünen-Promis nach der letzten Bundestagswahl immer wieder aufwärmten, würden da nur stören.

Grüne wollen auf dem Parteitag keine Koalitionsdebatten führen

Dabei ist vielen Grünen schon jetzt klar: Ein Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen könnte im September zumindest eine Alternative zur großen Koalition sein. Dass dies für die Grünen keine Wunschkoalition wäre, ist auch kein Geheimnis. Doch die Parteiführung weiß, dass sie auf eine Neuauflage von Rot-Grün im Bund nicht ernsthaft hoffen kann. Es sei eine „Binsenweisheit“, dass es mit den Sozialdemokraten die größten Schnittmengen gebe, sagt Kellner. Doch man sei auch „nicht blauäugig“. In dem Zehn-Punkte-Regierungsprogramm, das am Wochenende beschlossen werden soll, versprechen die Grünen deshalb, sie wollten mit allen Parteien außer der AfD reden. Wenn dann die Richtung stimme und grüne Kernvorhaben umgesetzt würden, seien sie zum Regieren bereit.

Dieser Realismus hat sich offenbar auch an der Grünen-Basis durchgesetzt. Von den mehr als 2000 Änderungsanträgen zum Wahlprogramm beschäftigt sich ein einziger mit der Koalitionsfrage. Ein gesellschaftlicher Wandel könne realistischerweise nur mehrheitsfähig werden in einem Bündnis von SPD, Grünen und Linkspartei, schreibt der Antragsteller aus dem Kreisverband Berlin-Pankow. Dass er für eine solche Festlegung eine Mehrheit bekommen könnte, gilt jedoch als ausgeschlossen. Bundesgeschäftsführer Kellner jedenfalls findet es „bemerkenswert“, dass Koalitionsdebatten ausbleiben. Für ihn auch „ein Zeichen“, dass die Partei für ihre Inhalte kämpfen wolle.

Verhandlungsführerin Monika Heinold: Kann der Grünen-Basis die Annahme des Koalitionsvertrags guten Gewissens empfehlen

Doch auch wenn die Grünen sich nicht länger mit Farbdebatten aufhalten wollen, soll auf dem Parteitag am Wochenende das gerade abgeschlossene Jamaika-Bündnis in Kiel auch nicht verschämt verschwiegen werden. Als Rednerin ist für den Freitagabend Monika Heinold eingeplant, die Verhandlungsführerin der Grünen in Schleswig-Holstein. Heinold wird den Delegierten berichten, was sie bereits am Mittwoch in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihren Kollegen von der CDU und der FDP deutlich machte: Sie könne guten Gewissens mit dem Koalitionsvertrag durch das Land reisen und den Grünen-Mitgliedern empfehlen, die Vereinbarung anzunehmen. Diese sei inhaltlich ausgewogen, die Grünen fänden sich als gleichberechtigte Partner wieder.

Noch hat Jamaika in Kiel nicht alle Hürden genommen: Die Grünen wollen in der nächsten Woche ihre Mitglieder in einer Online-Abstimmung befragen, die CDU lässt auf einem Parteitag über den Koalitionsvertrag abstimmen, bei der FDP entscheidet ein kleiner Parteitag nach einer Mitgliederbefragung. CDU-Verhandlungsführer Daniel Günther zeigte sich zuversichtlich, dass aus dem Jamaika-Bündnis eine stabile Regierung werden könne. Es sei gelungen, ein echtes gemeinsames Projekt zu entwickeln, sagte der designierte Ministerpräsident. Der Koalitionsvertrag zeige auf, wie Ökologie und Ökonomie miteinander verbunden werden könnten.

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