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Die letzte Chance? Mit 39 Jahren spielt Gianluigi Buffon sein drittes Finale.

© AFP / Filippo MONTEFORTE

Finale der Champions League: Gianluigi Buffon will seinen dritten Frühling krönen

Gianluigi Buffon könnte am Samstag gegen Real Madrid erstmals den wichtigsten Vereinstitel gewinnen. Mit 39 Jahren wäre der Torwart von Juventus Turin der älteste Sieger aller Zeiten.

Iker Casillas spielt mittlerweile seit zwei Jahren in Porto. Dass der spanische Torwart im Endspiel der Champions League am Samstag auf einen Sieg von Real Madrid hofft, ist angesichts seiner Vergangenheit nicht verwunderlich. Der „Gazzetta dello Sport“ sagte der Torwart jedoch einen Satz, der im europäischen Fußball wohl auf nahezu hundertprozentige Zustimmung trifft: „Die Karriere von Gigi darf eigentlich nicht ohne einen Titel in der Champions League enden.“

Gigi, das ist Gianluigi Buffon – mehrfacher italienischer Meister und Pokalsieger mit Juventus Turin, Weltmeister, Uefa-Cup-Sieger, Welttorhüter. Nur der größte europäische Vereinstitel fehlt ihm noch. Zweimal stand Buffon schon im Finale, 2003 unterlag er mit Juve im Elfmeterschießen gegen den AC Mailand, 2015 war der FC Barcelona im Berliner Olympiastadion zu stark. „Vor zwei Jahren dachte jeder, das wäre mein letztes Endspiel gewesen – ich auch“, sagte Buffon nach dem Sieg im Halbfinale gegen Monaco. Die Champions League sei keine Obsession, bedeute ihm aber viel. „Neben dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2006 wäre es mein größter Erfolg.“

Andrej Schewtschenko verwandelt den letzten Elfmeter und lässt Gianluigi Buffon keine Chance. Der AC Mailand gewinnt das Champions-League-Finale 2003 in Manchester gegen Juventus Turin im Elfmeterschießen.
Andrej Schewtschenko verwandelt den letzten Elfmeter und lässt Gianluigi Buffon keine Chance. Der AC Mailand gewinnt das Champions-League-Finale 2003 in Manchester gegen Juventus Turin im Elfmeterschießen.

© Filippo Monteforte/epa/dpa

Gigi ist ein Phänomen. Im Januar wird der Torwart 40 Jahre alt, bis zur WM in Russland im kommenden Jahr will er aber noch weiterspielen. Warum auch nicht? Buffon befindet sich in Topform, ist zum sechsten Mal in Serie Meister geworden und hat in elf Spielen der Champions League nur drei Tore kassiert. Die Reflexe sind etwas langsamer geworden, die Explosivität nicht mehr dieselbe wie in den Neunzigern und mit dem Ball am Fuß ist er kein Manuel Neuer – doch Weltklasse ist Buffon immer noch.

2006 wurde er nach dem Triumph bei der WM in Deutschland Zweiter bei der Wahl zum Weltfußballer. Elf Jahre später ist er in seiner wohl vorletzten Saison erneut einer der Favoriten. Bei englischen Buchmachern hat Buffon die zweitniedrigste Quote nach Cristiano Ronaldo. Aktuelle und ehemalige Profis wie Xavi, Dino Zoff, Antoine Griezmann, Kylian Mbappé oder Gerard Pique haben sich schon für Buffon ausgesprochen. Das ist von Ronaldo natürlich nicht zu erwarten, aber auch der Portugiese zeigt großen Respekt – auf seine eigene Art: „Ich hoffe, dass Buffon einen schwachen Tag erwischt.“

Buffon spielte 2006 bis tief in die Nacht Tischtennis gegen Inzaghi

Doch wie schafft es der Torwart, nach mehr als 20 Jahren im Profifußball und 168 Länderspielen noch auf dem allerhöchsten Niveau mitzuhalten? Nello di Martino hat den Nationaltorwart bei der WM 2006 kennengelernt, bei der er für die italienische Mannschaft Hotels, Trainingslager und Reisen organisierte. „Gigi ist ein echter Profi, damals hat er sich mit anderen Spielern oft ein Auto besorgt, um früher zum Trainingsgelände zu fahren und Extraschichten zu machen“, erinnert sich der Teamleiter von Hertha BSC. Buffon ist ein Wettkämpfer und will immer gewinnen, auch abseits des Rasens. „Mit Pippo Inzaghi hat er manchmal bis ein Uhr nachts Tischtennis gespielt. Keiner wollte verlieren, das waren richtige Schlachten“, sagt di Martino.

Sportler, die so ehrgeizig und erfolgreich sind, polarisieren meist. Ronaldo, LeBron James, Lewis Hamilton – sie alle werden ebenso leidenschaftlich geliebt wie gehasst. Das war bei Buffon nie so, auch wenn er in der Frühphase seiner Karriere durchaus streitbar war. Aufgrund seiner Trikotwahl – Nummer 88 – wurde ihm rechtes Gedankengut vorgeworfen, er verlor als Unternehmer Millionen, schrieb sich mit einem falschen Abiturzeugnis an der Uni ein und litt unter Depressionen.

Doch diese Zeiten liegen weit zurück. Der in der Marmor-Stadt Carrara geborene Buffon gilt schon vor dem Ende seiner Karriere als einer der besten Torhüter aller Zeiten und wird vereins- und nationenübergreifend als Gentleman geschätzt. Grund sind neben seinen sportlichen Fähigkeiten Szenen wie im Halbfinale gegen Monaco, als er dem jungen Mbappé nach einer vereitelten Chance zärtlich über den Kopf streichelte.

„Er hat großes Charisma und ist immer für die anderen da“, sagt di Martino, den Buffons Reaktion auf Juves Zwangsabstieg 2006 tief beeindruckt hat. „Buffon, aber auch die anderen Spieler wie Alessandro Del Piero, waren trotz aller Ungewissheit so auf das Ziel fokussiert. Dank dieser Atmosphäre hat mir mein Bauchgefühl sofort gesagt, dass wir den WM-Titel holen.“

Nach dem Turnier ging Buffon mit Juventus in die Serie B – als Weltmeister. Das machte ihn bei den Fans endgültig unantastbar. Vor zwei Wochen jährte sich der Wiederaufstieg zum zehnten Mal. Am Samstag könnte sich für Juventus der Kreis schließen. Die Alte Dame wäre wieder ganz oben im europäischen Fußball. Und Buffon der älteste Champions-League- Sieger aller Zeiten.

Die möglichen Aufstellungen für das Champions-League-Finale zwischen Juventus (blau) und Real Madrid (rot).
Die möglichen Aufstellungen für das Champions-League-Finale zwischen Juventus (blau) und Real Madrid (rot).

© Tsp/Schmidt

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