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Genug gestritten. Luis Enrique mag nicht mehr bei Barça.

© AFP

Spanien: Der Abschied des Sturkopfs Luis Enrique

Nach drei Jahren verlässt er den FC Barcelona am Saisonende – als einer der erfolgreichsten, aber auch streitbarsten Trainer der Klubhistorie.

In einem Punkt ist sich Luis Enrique stets treu geblieben, ob als Spieler oder als Trainer. Enrique schert sich nicht um Konventionen. Er macht sein Ding, einfach das, was er für richtig hält. Wie vor 21 Jahren, als er von Real Madrid zum Erzrivalen FC Barcelona wechselte. So gesehen war das, was sich am Mittwochabend in Barcelona abspielte, ein typischer Enrique-Moment.

Barça hatte gerade den Abstiegskandidaten Sporting Gijon beim 6:1 aus dem Camp Nou gefegt, als Enrique, anstatt freudig zu strahlen, seinen Abschied zum Saisonende bekannt gab. „Ich werde nicht mehr Trainer des FC Barcelona sein“, sagte der 46-Jährige und gab als Grund Müdigkeit und Erschöpfung, hervorgerufen durch die Erfordernisse des Traineralltags, an. Sein Vertrag läuft am Saisonende aus und wird nicht verlängert. In den vergangenen Wochen hatte sich der Eindruck erhärtet, dass eine weitere Zusammenarbeit sowohl vom Klub als auch vom Trainer selbst nicht mehr gewünscht wird.

Kandidaten für die Nachfolge sind Sampaoli, Allegri, Valverde und Eusebio

Von der tags darauf erscheinenden Presse wurde Enriques Entscheidung als konsequent und aufrichtig bewertet. Er gebe den Spielern Klarheit und dem Verein genügend Zeit, sich um einen Nachfolger zu bemühen, schrieb die Zeitung „El Pais“. Letzteres machen die Verantwortlichen aber nicht erst seit dem historischen Debakel von Paris, als Barça 0:4 unterging und ein desaströses Bild abgab. Als aussichtsreichste Kandidaten gelten Jorge Sampaoli vom FC Sevilla, Juves Massimo Allegri, Bilbaos Ernesto Valverde und Eusebio von Real Sociedad San Sebastian. In Paris wirkte Enrique dünnhäutig und angreifbar, wie einer, der mit seiner aktuellen Aufgabe bereits abgeschlossen hat. Nach dem Spiel verzettelte er sich in einem wüsten Streit mit einem TV-Journalisten. Das wirkte wie der hilflose Versuch, von den eigentlichen Problemen abzulenken, die in den 90 Minuten zuvor sichtbar geworden waren.

Da ist das angespannte Verhältnis zu seinen wichtigsten Spielern. Sergio Busquets, einer der Wortführer in der Kabine, wählte ungewöhnlich deutliche Worte und kritisierte den Trainer stark. Über Paris sagte Busquets: „Sie waren uns in allem überlegen. Gerade taktisch. Sie hatten einen Plan, und der ging voll auf.“ Vernichtender hätte das Urteil kaum ausfallen können. Dass Enrique mit einigen führenden Köpfen der Mannschaft keine allzu harmonische Beziehung pflegt, ist ein offenes Geheimnis.

Drei Jahre Trainerdasein haben Enrique viele Kompromisse abgefordert

Mit Lionel Messi redet er laut Überlieferung nur das Nötigste, ähnlich soll es sich mit Luis Suarez verhalten. Neben seiner an Sturheit grenzenden Dickköpfigkeit störten sich vor allem jene, die schon unter Pep Guardiola da waren, an Enriques Vorgaben und seiner Spielauffassung. In guten Zeiten hieß es, er habe Barcelonas Spiel vertikaler gemacht, habe es entschnörkelt und der Mannschaft wieder Zielstrebigkeit verliehen. Was der Wahrheit entsprach. Die Spieler wirkten fit wie lange nicht und durch die Verpflichtung des ehemaligen Schalkers Ivan Rakitic erhöhte sich die physische Präsenz im Mittelfeld.

In schlechten Zeiten, wie nach dem Auftritt in Paris, wurde moniert, die vielen langen Bälle aus der Abwehr direkt zu den Angreifern Messi, Suarez und Neymar seien eine zu radikale Abkehr vom typischen Spielstil und würden die Mannschaft nur verunsichern.

So wie das eben ist in Barcelona, wo es rund um die erfolgreichste Fußballmannschaft der Stadt keine Mitte gibt, sondern nur Extreme. Etwas, an dem sich Enrique genau wie Guardiola stets störte.

Drei Jahre Trainer der ersten Mannschaft zu sein hat Enrique mehr Kompromisse abgefordert, als ihm von seinem Naturell her lieb war. Schon im ersten Jahr geriet er mit Messi so schwer aneinander, dass ein vorzeitiges Ende von Enriques Tätigkeit als sicher galt. Nur auf Vermittlung des Mediators Xavi Hernandez schlossen die beiden Dickköpfe einen Burgfrieden, der wenige Monate später im Gewinn von Champions League, Meisterschaft und Pokal mündete. Sollte sich dieser Erfolg am Ende von Enriques Amtszeit wiederholen, würde er trotz aller Differenzen endgültig als das in die Annalen des Klubs eingehen, was er nach sieben Titeln ohnehin schon ist. Als einer der erfolgreichsten Trainer in der Geschichte des FC Barcelona.

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