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Isst jeden Tag Lachs. Und das schadet Herthas Torhüter Rune Jarstein offensichtlich nicht.

© Ralf Hirschbe/dpa

Von Rune Jarstein bis Silvio Heinevetter: Fünf Torhüter erzählen, warum sie gerne Einzelkämpfer sind

Torhüter sind in einer anderen Disziplin unterwegs als ihre Mitspieler. Was ist der Reiz daran? Wir haben fünf bekannte Berliner Torhüter zum Thema befragt.

Spieler sind dafür da, das Spiel mit Toren zu gewinnen. Torhüter sind dafür da, Tore zu verhindern und das Spiel nicht zu verlieren. Torhüter spielen eine andere Disziplin als ihre Mitspieler. Sie dürfen den Ball oder Puck mit der Hand spielen, was ihren Mitspielern in vielen Sportarten nicht erlaubt ist. Torhüter sind Dirigenten, sind nicht so sehr Teil einer Taktik, wie es die anderen Spieler sind. Torhüter stehen mehr im Fokus als die Vorderleute, das ist von jeher ein Thema über den Sport hinaus.

Der Torwart ist auch Metapher für einen Einzelgänger, wie in Peter Handkes „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“. Torhüter Josef Bloch hat in der Erzählung die Erkenntnis: Nur dem ruhigen Torwart schießt der Schütze den Ball in die Arme. Torhüter werden zur entscheidenden Figur, zum großen Helden oder tragischen Verlierer. Das eint alle Torhüter im Mannschaftssport, ob im Fußball, Handball, Eishockey, Wasserball oder Hockey.

Für uns haben die Berliner Torhüter Rune Jarstein (Hertha BSC), Silvio Heinevetter (Füchse), Maximilian Franzreb (Eisbären), Laszlo Baksa (Wasserfreunde Spandau) und Anna Kilian (Berliner HC) die folgenden zehn Fragen zu ihrer Leidenschaft und Lust im Tor beantwortet.

Rune Jarstein, Hertha BSC

1. Warum sind Sie Torhüter geworden und nicht Feldspieler?

Bis ich etwa 14 Jahre alt war, war ich auch Feldspieler. Stürmer. Ich habe immer eine Halbzeit im Feld und eine im Tor gespielt. Aber dann bekam ich einen Wachstumsschub und bin im Tor immer besser geworden. Da war die Entscheidung klar.

2. Warum ist es attraktiver, Tore zu verhindern als Tore zu schießen?

Ich finde beides attraktiv. Habe ja früher – wie gesagt – auch beides erlebt. Es hat sich einfach so entwickelt. Ich fühle mich sehr wohl in meiner Rolle als eine Art Einzelkämpfer innerhalb eines Teams. Ich kann der Mannschaft mit Ruhe, guten Paraden oder auch guten Pässen im Spielaufbau von hinten heraus helfen. Das gefällt mir.

3. Der Torwart hat eine gänzlich andere Aufgabe als ein Feldspieler. Inwieweit ist ein Torwart da ein Einzelgänger und Antreiber?

Siehe oben.

4. Was sind die wichtigsten Bewegungen eines Torwartes, worauf kommt es besonders an?

Im Tor musst Du vieles mitbringen. Reaktionsschnelligkeit für Schüsse aus kurzer Distanz oder Übersicht und Sprungkraft für Weitschüsse oder die Strafraumbeherrschung. Das Torwartspiel ist sehr vielfältig.

5. Wie trainieren Sie?

Wir Torhüter trainieren zu großen Teilen mit unserem Torwarttrainer Zsolt Petry abseits des Teamtrainings. Wenn es dann um taktische Dinge, Spielformen oder Torschusstraining geht, sind wir Teil des Mannschaftstrainings.

6. Was ist eine gute Abwehrquote für einen Torwart in ihrer Sportart?

Das ist schwer zu sagen. Im Fußball gibt es zwar bei Torhütern die Statistik „gehaltene Torschüsse“ oder auch die „weiße Weste“, also die Anzahl der Zu-Null-Spiele, aber eine wirkliche Quote ist sehr schwer zu nennen.

7. Haben Sie schon mal in einer anderen Sportart im Tor gestanden?

Nein.

8. Wenn Sie kein Torwart in ihrer Sportart geworden wären, dann...

...wäre ich Feldspieler geworden. Aber wahrscheinlich nicht ganz so erfolgreich (lacht).

9. Torhüter, heißt es oft, sind eigen. Haben Sie eine spezielle Macke?

Irgendeinen Spleen hat doch jeder Mensch. Vielleicht ist meiner, dass ich fast jeden Tag Lachs esse.

10. Haben Sie schon mal ein Tor geschossen? Und wenn ja, was war das für ein Gefühl?

Als Torwart ist mir das noch nicht gelungen. Aber vielleicht frage ich mal, ob ich demnächst einen Elfmeter schießen darf. (lacht).

Seite 2: Maximilian Franzreb versteckt sich unterm Handtuch

Oft unten mit den Schonern. Maximilian Franzreb von den Eisbären Berlin.
Oft unten mit den Schonern. Maximilian Franzreb von den Eisbären Berlin.

© Imago/Nordphoto

Maximilian Franzreb, Eisbären

1. Warum sind Sie Torhüter geworden und nicht Feldspieler?

Weil es viele Hilfsmittel gibt, es ist einfach interessanter. Und: Mein Vater war auch Eishockey-Torwart.

2. Warum ist es attraktiver, Tore zu verhindern als Tore zu schießen?

Du kannst Spiele entscheiden. Du kannst der Held sein, allerdings auch der Depp. Das ist unglaublich spannend.

3. Der Torwart hat eine gänzlich andere Aufgabe als ein Feldspieler. Inwieweit ist ein Torwart da ein Einzelgänger und Antreiber?

Man ist schon ein Einzelsportler im Team.

4. Was sind die wichtigsten Bewegungen eines Torwartes, worauf kommt es besonders an?

Auf Reflexe sowie Hand-und-Augen-Koordination. Du musst so schnell wie möglich unterwegs sein. Als Eishockeytorhüter musst du gut im Spagat sein, viele Torhüter spielen ja heute quasi im Sitzen, Reverse heißt das.

5. Wie trainieren Sie?

Mit unserem Torwarttrainer. Wir gehen 20 Minuten vor dem Mannschaftstraining aufs Eis und machen torwartspezifische Übungen, danach gibt es das Training mit dem Team.

6. Was ist eine gute Abwehrquote für einen Torwart in ihrer Sportart?

Es sind 25 bis 30 Schüsse pro Spiel. Aktuell liegt meine Fangquote bei 88,5 Prozent, das ist nicht gut, über 90 sollten es sein. Der beste in der Liga, Danny aus den Birken, liegt bei 93 Prozent. Aber der spielt auch beim Meister, die Quote sagt ja nichts über die Qualität der Schüsse aus.

7. Haben Sie schon mal in einer anderen Sportart im Tor gestanden?

Ja, beim Fußball im Nachwuchs, zwei Spiele sogar. Handball habe ich auch gespielt, aber da wollte ich nicht ins Tor.

8. Wenn Sie kein Torwart in ihrer Sportart geworden wären, dann...

…wäre ich Physiotherapeut geworden.

9. Torhüter, heißt es oft, sind eigen. Haben Sie eine spezielle Macke?

Ich lege mir in der Drittelpause in der Kabine immer ein Handtuch über den Kopf, gehe mal kurz in mich. Wenn der Trainer dann reinkommt und erzählt, höre ich nicht zu. Hoffentlich liest er das hier nicht.

10. Haben Sie schon mal ein Tor geschossen? Und wenn ja, was war das für ein Gefühl?

Ja, als Stürmer im Nachwuchs in der Eishockeyabteilung des Hamburger SV. Das war mit 14 Jahren, sieben Tore habe ich insgesamt geschossen. Aber ich bin dann wieder ins Tor zurück. Es gab aber schon Torhüter in der DEL, die ein Tor geschossen haben – das habe ich auch noch vor.

Seite 3: Silvio Heinevetter bereitet gerne Tore vor

Schwerer Job. Handballtorhüter bekommen mehr Gegentreffer als ihre Kollegen aus den anderen Sportarten. Silvio Heinevetter gefällt es trotzdem.
Schwerer Job. Handballtorhüter bekommen mehr Gegentreffer als ihre Kollegen aus den anderen Sportarten. Silvio Heinevetter gefällt es trotzdem.

© Imago

Silvio Heinevetter, Füchse Berlin

1. Warum sind Sie Torhüter geworden und nicht Feldspieler?

Weil ich die Illusion hatte, dass ich als Torwart nicht so viel laufen muss.

2. Warum ist es attraktiver, Tore zu verhindern als Tore zu schießen?

Ich finde nicht, dass es attraktiver ist. Tore zu schießen, ist schon das Schönste. Für mich als Torwart ist es attraktiver, Tore vorzubereiten als Tore zu verhindern.

3. Der Torwart hat eine gänzlich andere Aufgabe als ein Feldspieler. Inwieweit ist ein Torwart da ein Einzelgänger und Antreiber?

Alleine geht das nicht, ohne die Hilfe der Mannschaft ist der Torwart aufgeschmissen. Der Torwart ist das Team im Team.

4. Was sind die wichtigsten Bewegungen eines Torwartes, worauf kommt es besonders an?

Man springt mehr als ein Fußballtorwart oder erst recht als ein Eishockeytorwart. Wie dehnbar du bist, ist egal. Hauptsache, du hältst die Bälle.

5. Wie trainieren Sie?

Wir trainieren viel Technik und Schnelligkeit. Koordinative Geschichten sind eben sehr wichtig. Aber es kommt natürlich auf die Saisonphase an, wie und wie viel du trainierst.

6. Was ist eine gute Abwehrquote für einen Torwart in ihrer Sportart?

Man spricht so in der Regel davon, dass der Torhüter ab einer Abwehrquote von 33 Prozent aufwärts ein gutes Spiel macht. Aber Statistiken sagen nichts über die Qualität der Schüsse aus. Das ist mehr was für die Trainer. Du kannst auch das ganze Spiel nix halten, aber wenn du den entscheidenden Schuss hältst, dann gewinnst du.

7. Haben Sie schon mal in einer anderen Sportart im Tor gestanden?

Im Fußball. Bei einem Benefizspiel mit anderen Sportlern gegen Borussia Dortmund.

8. Wenn Sie kein Torwart in ihrer Sportart geworden wären, dann...

...hätte ich nicht Handball gespielt oder wäre Kreisläufer geworden. Denn dafür hätte es noch gereicht.

9. Torhüter, heißt es oft, sind eigen. Haben Sie eine spezielle Macke?

Nein.

10. Haben Sie schon mal ein Tor geschossen? Und wenn ja, was war das für ein Gefühl?

Ich habe schon viele Tore geschossen, das ist für mich nichts Besonderes. Ich finde es schöner, einen Assist, also eine Vorlage, zu machen.

Seite 4: Anna Kilian - lieber Linie als Dauerlauf

Beweglichkeit ist alles. Hockeytorhüterin Anna Kilian vom Berliner HC.
Beweglichkeit ist alles. Hockeytorhüterin Anna Kilian vom Berliner HC.

© Imago/Beautiful Sports

Anna Kilian, Berliner HC

1. Warum sind Sie Torhüter geworden und nicht Feldspieler?

Um ehrlich zu sein: Ich war einfach zu schlecht als Feldspielerin. Im Nachwuchs durfte sich jede mal im Tor probieren und da bin ich dann hängengeblieben.

2. Warum ist es attraktiver, Tore zu verhindern als Tore zu schießen?

Es ist unfassbar viel Technik im Spiel, das ist sehr cool und spannend.

3. Der Torwart hat eine gänzlich andere Aufgabe als ein Feldspieler. Inwieweit ist ein Torwart da ein Einzelgänger und Antreiber?

Die Torhüterin hat andere athletische Schwerpunkte als die Spielerinnen. Ich muss nicht so ausdauernd laufen können wie eine Feldspielerin. Ich bin immer die letzte Person in der Fehlerkette. Torwartspiel ist Kopfsache. Du kannst mit deinen Aktionen viel Ruhe oder viel Hektik ins Spiel bringen.

4. Was sind die wichtigsten Bewegungen eines Torwartes, worauf kommt es besonders an?

Spagat muss man können. Als Torfrau rutschst du viel, machst Ausfallschritte und für die hohen Bälle musst du gut abspringen können. Es gibt Torhüter, die rauslaufen und mit den Schonern schießen. Ich bleibe lieber auf der Linie.

5. Wie trainieren Sie?

Bei der Nationalmannschaft haben wir einen Torwarttrainer, im Klub arbeite ich ab und an mit einem Trainer. Sonst mache ich viel im Selbstcoaching. Ich habe ein spezielles Athletiktraining und mache weniger Dauerläufe als die Mannschaft.

6. Was ist eine gute Abwehrquote für einen Torwart in ihrer Sportart?

Auf dem Feld sind es sechs bis acht Torschüsse pro Spiel, da sollten es nicht mehr als ein, zwei Gegentore sein. In der Halle bekommst du dann viel mehr Schüsse drauf, das ist ein anderes Spiel.

7. Haben Sie schon mal in einer anderen Sportart im Tor gestanden?

Tatsächlich nicht.

8. Wenn Sie kein Torwart in ihrer Sportart geworden wären, dann...

...wäre ich zum Klettern gegangen.

9. Torhüter, heißt es oft, sind eigen. Haben Sie eine spezielle Macke?

Mir wird oft gesagt, dass ich komisch sei. Ich bin sehr akribisch im Zeitmanagement. Kleinste Verzögerungen gehen mir unheimlich auf die Nerven.

10. Haben Sie schon mal ein Tor geschossen? Und wenn ja, was war das für ein Gefühl?

Als Torwart darf ich beim Hockey nicht über die Viertellinie hinauslaufen. Aber ich tauchte vergangene Saison mal als Torschützin in der Statistik auf, fälschlicherweise.

Seite 5: Laszlo Baska will nicht so viel schwimmen

Will auch mal ein Tor schießen. Laszlo Baksa (rechts) von den Wasserfreunden Spandau.
Will auch mal ein Tor schießen. Laszlo Baksa (rechts) von den Wasserfreunden Spandau.

© Imago/Camera 4

Laszlo Baksa, Wasserfreunde Spandau 04

1. Warum sind Sie Torhüter geworden und nicht Feldspieler?

Weil ich als Kind nicht so viel schwimmen wollte, hat mich mein Trainer ins Tor gestellt. Kein Witz.

2. Warum ist es attraktiver, Tore zu verhindern als Tore zu schießen?

Ist es nicht. Wenn ich den Ball an den Kopf bekomme, dann ist das nicht schön.

3. Der Torwart hat eine gänzlich andere Aufgabe als ein Feldspieler. Inwieweit ist ein Torwart da ein Einzelgänger und Antreiber?

Der Druck auf den Torwart ist größer als auf die anderen Spieler. Wenn ich einen Fehler mache, kann den keiner ausbügeln. Mir hilft keiner in der Not. Der Torwart ist Einzelgänger und Teamspieler zugleich.

4. Was sind die wichtigsten Bewegungen eines Torwartes, worauf kommt es besonders an?

Die Bewegungen sind ein bisschen so wie beim Handball. Du musst schnell sein im Wasser. Der Unterschied zu Torhütern anderer Sportarten ist der Widerstand im Wasser. Da ist eben keine Luft. Du musst viel Kraft in den Beinen haben.

5. Wie trainieren Sie?

Wir haben einen Torwarttrainer, ich mache auch viele Übungen ohne die Mannschaft. Stretching und Krafttraining sind sehr wichtig für einen Torwart.

6. Was ist eine gute Abwehrquote für einen Torwart in ihrer Sportart?

Mindestens 60 Prozent, darunter ist das nicht gut. Du bekommst so 20 bis 25 Schüsse im Spiel aufs Tor.

7. Haben Sie schon mal in einer anderen Sportart im Tor gestanden?

Nein.

8. Wenn Sie kein Torwart in ihrer Sportart geworden wären, dann...

...wäre ich Handballtorwart geworden. Der Sport ist in Ungarn groß. Fußballer wäre nichts für mich gewesen. Ich mag ja nicht so viel laufen.

9. Torhüter, heißt es oft, sind eigen. Haben Sie eine spezielle Macke?

Nee, habe ich nicht.

10. Haben Sie schon mal ein Tor geschossen? Und wenn ja, was war das für ein Gefühl?

Ja, vor 20 Jahren. Im Nachwuchs. Ich habe einfach mal geschossen, drin war der Ball. Der andere Torwart hatte geschlafen. Ich bin ausgeflippt vor Freude. Im Wasserball ist es nicht einfach, als Torwart ein Tor zu schießen. Aber ich habe noch vor, das für Spandau 04 zu schaffen.

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