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Berlin: Legionellen-Gefahr: Drei Hallenbäder gesperrt, weitere Schließungen möglich

Das Legionellenproblem in den öffentlichen Schwimmbädern weitet sich aus. Nach dem Paracelsus-Bad und dem Hallenbad im Märkischen Viertel ist gestern auch die Lehr- und Sportschwimmhalle am Sachsendamm geschlossen worden.

Das Legionellenproblem in den öffentlichen Schwimmbädern weitet sich aus. Nach dem Paracelsus-Bad und dem Hallenbad im Märkischen Viertel ist gestern auch die Lehr- und Sportschwimmhalle am Sachsendamm geschlossen worden. Im Duschwasser der Hallenbäder wurde im Rahmen einer außerordentlichen Reihenuntersuchung eine erhöhte Konzentration von Legionellen-Bakterien gefunden, die beim Menschen durch Einatmen Lungenentzündung auslösen können. Dies bestätigte der Vorstand der Berliner Bäder Betriebe (BBB), Ortwin Scholz. Senatsverwaltung, Bezirke und die Bäderbetriebe wollen am Montag über ein einheitliches Vorgehen bei Legionellenbefunden beraten.

Aufgrund des Legionellenbefalls im Hüttenweg-Bad im November hatten die BBB die Untersuchung von 17 ähnlichen Bädern in Auftrag gegeben. Bisher liegen sechs Ergebnisse vor: Drei Schwimmbäder wurden negativ getestet, das heißt die Legionellen-Konzentration liegt unter dem Richtwert. Drei Bäder wurden geschlossen. Elf Untersuchungsergebnisse stehen aus. "Wir können nicht ausschließen, dass in den nächsten Tagen weitere Bäder zumachen müssen", sagte Scholz. Der gesundheitspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Bernd Köppl, forderte gestern die Stilllegung aller noch nicht untersuchten Bäder, um eine Gefährdung geschwächter Personen auszuschließen.

Dass es überhaupt zu erhöhten Bakterienkonzentrationen in den Duschen gekommen ist, erklärt Scholz unter anderem damit, dass durch Anbauten die Heizkörper den Anforderungen nicht mehr gewachsen sind. Die Bakterien vermehren sich im bis zu 50 Grad heißen Wasser. Könnte man das Wasser regelmäßig auf 70 Grad erhitzen, würden die Legionellen absterben. Ein weiteres Problem sei, dass in modernen Bädern durch die energiesparende Wasserrückgewinnung 30 bis 40 Grad warmes Wasser in den Rücklauf gerät. "Die Methode senkt die Kosten, erhöht aber das Legionellenrisiko", erläutert Scholz. Ein drittes Risiko seien alte Schwimmhallen, bei denen man zu lange mit der Sanierung gewartet hat. Ritzen in den Kacheln etwa seien ein guter Nährboden für Krankheitserreger.

"Hier rächt es sich, dass man sparen musste", sagt Scholz. Als Reaktion sollen alle Bäder in Zukunft regelmäßig mit heißem Wasser desinfiziert werden. "Zusätzlich kann man nachts chloren", sagt Scholz. Geprüft wird auch ein neues Rohrleitungssystem der Firma Aqua Butzke. "Wenn die Firma hält, was sie verspricht, könnten wir Rohre mit einer antibakteriellen Beschichtung einbauen", so Scholz. Das koste aber 20 000 bis 100 000 Mark pro Schwimmbad. Als Konsequenz aus der unglücklichen Öffentlichkeitsarbeit der BBB hat Scholz jetzt diese Aufgabe selbst übernommen. "Ich kann verstehen, dass unsere Badegäste verunsichert sind, deshalb habe ich das Legionellenproblem zur Chefsache erklärt."

Eine Schöneberger Amtsärztin begrüßte gestern die geplante Sitzung am Montag. Es sei dringend erforderlich, dass man sich auf ein einheitliches Vorgehen in den Bezirken einige, denn bisher habe jeder Amtsarzt einen Spielraum. Sie erwartet von der Gesundheitsverwaltung, dass sie wissenschaftlich fundierte Angaben darüber vorlegt, ab welcher Konzentration Legionellen im Duschwasser tatsächlich eine Gefahr bedeuten. Sie kündigte an, dass das Schwimmbad Sachsendamm ab Mittwoch wieder vollständig nutzbar ist. Laut BBB können alle geplanten Veranstaltungen in der Halle stattfinden, da nur die Duschen befallen sind.

Tagesspiegel-Nachfragen in Hamburg und München ergaben, dass es hier keine Bäderschließungen in Zusammenhang mit Legionellenbefunden gab. Die erlaubten Werte seien nie überschritten worden. Man begründet dies mit dem regelmäßigen heißen Durchspülen der Rohrsysteme.

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