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Dieses Foto zeigt Rohre einer Gasförderanlage in der Nähe von Garelsweerd in der holländischen Provinz Groningen. Die Umgebung wird immer wieder von Erdbeben heimgesucht, die auf die Erdgasförderung zurückzuführen sind.

© AFP/JOHN THYS

Holland schließt Europas größtes Gasfeld : „Kaum auf langfristige Risiken geachtet“

Die holländische Regierung will die verbleibenden Bohrlöcher im Gasfeld Groningen bis Oktober 2024 „dauerhaft schließen“. Anwohner klagen seit Jahrzehnten über Erdbeben.

Holland hat die Förderung aus Europas größtem Gasfeld in der Provinz Groningen eingestellt. Nach Behördenangaben wurde die Produktion in dem seit Jahren von Erdbeben erschütterten Groningen-Feld am Sonntag beendet.

Elf Bohrlöcher des in den 1960er Jahren eröffneten Standorts sollen jedoch im Fall eines „strengen Winters“ noch ein Jahr lang offen gehalten werden. Trotz der Schließung warnen Experten davor, dass die Beben in der Region weitergehen könnten.

Die unterirdischen Gasfelder bei Groningen im Norden Hollands sind die größten Vorkommen in Europa. Seit mehr als zwei Jahrzehnten klagen die Anwohner über Erdbeben, die direkt auf die Ausbeutung der Vorkommen zurückgeführt werden. In den vergangenen Jahren war die Gasförderung deshalb zurückgefahren worden.

Förderung sollte bereits vergangenes Jahr beendet werden

2021 wurden in Groningen nur noch 4,5 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert. In früheren Jahren waren es über 20 Milliarden Kubikmeter gewesen.

Schon 2022 sollte die Gasförderung ganz eingestellt werden. Angesichts der weltweiten Energiekrise im Zuge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine erklärte die Regierung aber im vergangenen Herbst, dass doch erneut 2,8 Milliarden Kubikmeter Gas entnommen werden sollten – die nötige Mindestmenge, um die bestehenden Standorte und Infrastrukturen zu betreiben.

Die Behörden ignorierten langfristige Risiken

Ein im Februar veröffentlichter Bericht eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses warf den holländischen Behörden vor, bei der erfolgreichen Förderung „kaum auf die langfristigen Risiken geachtet“ zu haben. Die Parlamentarier forderten die Regierung zum Handeln auf.

Die Regierung unter Ministerpräsident Mark Rutte entschied schließlich im Juni, die Produktion bis zum 1. Oktober komplett einzustellen. „Aufgrund der unsicheren internationalen Situation“ werde es ein weiteres Jahr lang möglich bleiben, „in sehr außergewöhnlichen Situationen“ an dem Standort Gas zu entnehmen, erklärte die Regierung damals – etwa bei „sehr strenger Kälte“ oder bei Gasmangel. Bis Oktober 2024 würden die letzten elf Bohrlöcher dann „dauerhaft geschlossen“.

Der holländische Staat verdiente an der Förderung ordentlich mit

Die Ölriesen Shell Niederlande und ExxonMobil sind zu gleichen Teilen an dem Konzern NAM beteiligt, der seit den 1960er Jahren für die Ausbeutung des Groninger Gasfeldes verantwortlich ist. Auch eine Shell-Führungskraft hatte im März erklärt, dass die Regierung das Feld schließen müsse.

Laut Shell wurden rund 2300 Milliarden Kubikmeter aus dem Vorkommen gefördert. Zwischen 1963 und 2020 wurden etwa 429 Milliarden Euro mit dem Groninger Gas erwirtschaftet. 85 Prozent dieser Gewinne flossen in die holländische Staatskasse.

Die Erdbeben haben den Häusern in der Gegend zwar schwere Schäden zugefügt, die Anwohner haben aber laut dem Parlamentarierbericht nur minimale Entschädigungen erhalten. Die Betroffenen sind demnach in einem Netz aus bürokratischen Hürden und Stümperei gefangen. (AFP)

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