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Brandenburg: Vernachlässigte Jungen in Pflegefamilie

Eltern haben keinen Widerspruch gegen Vorgehen der Behörden eingelegt

Blankenfelde - Der sechsjährige Rosario und der vierjährige Leon, die von der Polizei in einem eiskalten Anbau eines Hauses in Blankenfelde entdeckt wurden, bleiben vorerst in einer Pflegefamilie. Ihre Eltern haben bislang keinen Widerspruch gegen eine entsprechende einstweilige Anordnung eingelegt, sagte gestern der Direktor des Amtsgerichts Zossen, Michael Friedrich. Wie berichtet, hatte die Polizei die beiden Jungen in der Nacht zu Dienstag zufällig in einem nicht beheizten und völlig verdreckten Anbau des Hauses ihrer Eltern entdeckt. Da die Körpertemperatur der Kinder nur noch 35 Grad Celsius betrug, wurden sie zunächst ins Krankenhaus und später in eine Pflegefamilie gebracht.

Auf Anzeigen von Nachbarn hin hatten Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Gemeinde Blankenfelde die Familie in den vergangenen Monaten allerdings bereits mehr als einmal aufgesucht. Jedoch nicht wegen der beiden Kinder – sondern wegen der Hühner, die auf dem Grundstück scharrten, obwohl wegen der Vogelgrippe längst die Stallpflicht galt. Das Haus hätten die Ordnungsamtsmitarbeiter zur Durchsetzung des Gesetzes nicht betreten müssen, sagt Blankenfeldes Bürgermeister Ortwin Baier. Es habe ausgereicht, dass die Hühner in den Stall gescheucht wurden. Zuvor habe es schon andere Anzeigen von Nachbarn gegeben. Auch die betrafen aber nie die beiden Kinder, sondern die vier großen Hunde der Familie, die gequält worden seien oder als aggressiv aufgefallen seien.

„Wenn uns irgend etwas über misshandelte Kinder zu Ohren gekommen wäre, hätten wir sofort das Jugendamt verständigt“, sagt der Bürgermeister: „Ich hatte selbst viele Pflegekinder und kann nur hoffen, dass die beiden Söhne nur dann zu den Eltern zurückkommen, wenn sie dort menschenwürdig behandelt werden.“

Das zuständige Jugendamt in Luckenwalde hat inzwischen beantragt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder, die Gesundheitsfürsorge und die Berechtigung zur Antragstellung auf Hilfe zur Erziehung übertragen zu bekommen. Das Familiengericht prüft die Voraussetzungen, unter denen eine Trennung der Kinder von den Eltern geboten ist. Eine vorläufige Entscheidung darüber wird es nach Auskunft des Gerichtsdirektors frühestens in zwei Wochen geben.

Das Jugendamt hatte die Familie seit Geburt der Kinder betreut und wies am Mittwoch jede Verantwortung für den verwahrlosten Zustand der Kinder von sich. Die Eltern hätten Hilfsangebote nur zögerlich angenommen, obwohl sie offensichtlich mit der Erziehung der Kinder überfordert waren, hieß es. Man habe deshalb dafür gesorgt, dass die beiden Jungen über den gesetzlichen Anspruch von sechs Stunden hinaus von morgens bis abends in einer Kindertagesstätte betreut wurden.

Gegen den 39-jährigen Vater, der mit der 28-jährigen Mutter der Jungen unverheiratet zusammenlebt, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vernachlässigung von Schutzbefohlenen. Als die entrüsteten Polizisten ihn fragten, warum er seine kleinen Kinder in dem eiskalten und verdreckten Raum schlafen ließ, soll er geantwortet haben: „Die wollten das selbst.“

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