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Homepage: Nördlichste Sporthalle der Welt

Letzte Post aus dem Eis: Dr. Jens Kube und Konstanze Piel von der Koldewey-Station beantworten Leserfragen

Letzte Post aus dem Eis: Dr. Jens Kube und Konstanze Piel von der Koldewey-Station beantworten Leserfragen Potsdamer Polarforscher des Alfred-Wegener-Instituts haben seit Dezember den PNN regelmäßig eine Botschaft aus dem Eis geschickt. Zum Abschluss der Serie beantworten Stationsleiter Dr. Jens Kube und Chefingenieurin Konstanze Piel nun Fragen, die von den Lesern an die Koldewey-Station auf Spitzbergen geschickt wurden. Norwegenliebhaber hoffen, dass sich noch lange Zeit viele Menschen von der „Kälte und Dunkelheit“ abhalten lassen, damit die Ruhe dort erhalten bleibt. Empfinden Sie auch so? Die Ruhe und die Unberührtheit der Natur sind hier schon einmalig. Wir können es selbst kaum verstehen, dass unsere Freunde die Entscheidung, einen Winter fast am Nordpol zu verbringen, zwar mit Respekt, aber ohne Neid kommentieren. Viele Menschen zieht es also gar nicht in diese extremen Gegenden. So werden Spitzbergen und Skandinavien sicher nie durch zu viele Besucher ihren Reiz verlieren. Womit verbringen Sie ihre Abende? Eigentlich nicht anders als in Deutschland auch. Freunde treffen, Sport treiben. Ny-Ålesund hat die nördlichste Sporthalle der Welt mit verschiedenen Fitnessgeräten, einer Kletterwand, Basketballkörben, Volleyball- und Badmintonnetz. Dreimal in der Woche wird gemeinschaftlich Bandy, eine Art Hallenhockey, gespielt. Oft lesen wir – es gibt eine gut sortierte Bibliothek und verschiedene, auch deutsche, Zeitschriftenabonnements – oder sehen Filme. Je nach Jahreszeit und Wetterbedingungen erkunden wir die Umgebung zu Fuß, mit Skiern, Scootern oder Booten. Und nicht zuletzt verbringen wir einen Teil unserer Abende auch mit Arbeit, wenn der Tag noch nicht ausgereicht hat oder sich abends Messbedingungen ergeben. Gibt es bevorzugte heiße Getränke? Ganz besonders beliebt ist hier, natürlich nur nach Feierabend und am Wochenende, der Ny-Ålesund-Kaffee – Kaffee mit je 2cl Bailey“s und Cognac. Ansonsten trinken wir viel Kaffee und Tee. Ernährt man sich bei der Kälte anders? Nicht zwingend wegen der Kälte, aber die Ernährung durch die Kantine hier ist anders als in Deutschland gewohnt. Kurz zusammengefasst: mehr, fettiger, süßer und weniger frisches Obst und Gemüse. Am unangenehmsten ist, dass es kein vernünftiges, festes Brot gibt. Trotzdem schmeckt das Essen sehr gut – zu gut, wie man leicht merkt, wenn man jeden Tag auf die Flughafenwaage steigt, die am Ausgang der Kantine platziert ist. Was passiert bei Erkrankungen, gibt es eine umfassende ärztliche Versorgung? Im Ort gibt es nur begrenzte Möglichkeiten. Wir haben ein freiwilliges Ersthelfer-Team und einen guten Vorrat an Medikamenten. Bei ernsthaften gesundheitlichen Problemen muss der Patient aber nach Longyearbyen ins nächste Krankenhaus ausgeflogen werden. Zum Glück kommt das nur selten vor. Wie sieht es mit der Abfallentsorgung im Eis aus? Alles, was in Ny-Ålesund an Abfall produziert anfällt, wird per Schiff zur Entsorgung auf das norwegische Festland nach Tromsø transportiert. Jeder Einwohner wird dazu angehalten, seinen Abfall vorzusortieren, wobei 28 Kategorien unterschieden werden. Dabei gibt es neben den auch in Deutschland üblichen Müllgruppen „Papier, Glas, Plastik, Restmüll“ auch Tonnen für Hartplastik, Schaumstoffe, Elektronik, Toner und Tintenpatronen, Gummi usw. Das Motto des Ortes ist „reduce, reuse, recycle“, also etwa „reduzieren, wieder verwenden, verwerten“. Nach Einführung dieses Systems wurde Ny-Ålesund mit einem nordischen Umweltpreis ausgezeichnet. Gehen Ihnen mit der Zeit nicht die Gesprächsthemen aus? Nein. Zwar besteht der Kern der Einwohner aus nur rund 35 Bewohnern. Doch mit dem wöchentlichen Wechsel der Gäste kommen immer neue Personen in den Ort, die das Zusammenleben bereichern. Was ist das herausragende Forschungsergebnis, dass sie sich von ihrer Arbeit erträumen? Als Stationspersonal sind wir hier eher Generalisten als Spezialisten. Damit stehen wir am Anfang der Auswertungskette unserer Forschungsarbeit, bekommen also von den Endergebnissen nur wenig mit. Die Atmosphärenforschung, insbesondere die Erforschung der Ozonschicht, die uns vor UV-Strahlung schützt, ist der Schwerpunkt in unserer Station. Damit bearbeiten wir ein Themengebiet, das für das Alltagsleben viel bedeutet. Wenn durch unsere Forschung – auch in nicht ozonbezogenen Themen der Erderforschung – das Verständnis für Prozesse unseres Planeten wächst und menschliche Eingriffe in das System Erde in Zukunft etwas weitsichtiger und weniger schädlich erfolgen als bisher, dann ist das sicherlich ein wünschenswertes Resultat unserer Bemühungen. Die Fragen stellten Leser der PNN.

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