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Das irakische Parlament hat ein Gesetz zu homosexuellen Beziehungen verabschiedet, das Haftstrafen von bis 15 Jahren vorsieht.

© Imago/H. Tschanz-Hofmann

Update

Harte Strafen geplant: Gesetz gegen Homosexuelle im Irak sieht bis zu 15 Jahre Haft vor

Homosexualität ist im Irak ein Tabu, doch bisher gab es kein Gesetz, das gleichgeschlechtliche Beziehungen verbietet. Deutschland und die USA rügen die Pläne scharf.

Das irakische Parlament hat ein Gesetz zu homosexuellen Beziehungen verabschiedet, das Haftstrafen von mindestens zehn bis 15 Jahren vorsieht. Wer Homosexualität „in irgendeiner Weise“ fördert, dem drohen mindestens sieben Jahren Haft und eine Geldstrafe von umgerechnet etwa 7000 bis 10.000 Euro.

Die Abgeordneten stimmten am Samstag für eine Verschärfung des Anti-Prostitutionsgesetzes aus dem Jahr 1988. In einem früheren Gesetzentwurf war sogar die Todesstrafe vorgeschlagen worden. Transgender können den neuen Regelungen zufolge mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden.

Der geschäftsführende Parlamentsvorsitzende, Mohsen al-Mandalaui, verteidigte das Gesetz in seiner neuen Fassung. Es sei ein entscheidender Schritt, um die „Struktur moralischer Werte in der Gesellschaft zu verteidigen“, sagte Al-Mandalaui. Ziel sei auch, „unsere Kinder vor den Rufen moralischer Verderbnis und Homosexualität zu schützen“. 

Die im Gesetz vorgesehenen Strafen gefährden die ohnehin vulnerabelsten Gruppen innerhalb der irakischen Gesellschaft.

 Luise Amtsberg, Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung (Grüne)

Homosexualität ist im Irak ein Tabu, doch bisher gab es kein Gesetz, das gleichgeschlechtliche Beziehungen ausdrücklich unter Strafe stellte. Homosexuelle und Transgender sind im Irak jedoch häufig Angriffen und Diskriminierung ausgesetzt.

LGBT-Gemeinde im Irak bereits zuvor verfolgt

Die Behörden nutzten bereits vage gehaltene Sittengesetze, um Angehörige der LGBT-Gemeinde strafrechtlich zu verfolgen. Die Organisation Human Rights Watch beklagte im August, als die Novelle im Parlament eingebracht wurde, bereits eine „feindselige Rhetorik“ gegenüber sexuellen Minderheiten durch Angehörige der Regierung und eine Unterdrückung der Arbeit von Menschenrechtsorganisationen im Land. 

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), verurteilte die vom irakischen Parlament beschlossene Gesetzesverschärfung. „Sollte das Gesetz in Kraft treten, würden schwere Menschenrechtsverletzungen gesetzlich legitimiert“, erklärte Amtsberg in Berlin. „Die im Gesetz vorgesehenen Strafen gefährden die ohnehin vulnerabelsten Gruppen innerhalb der irakischen Gesellschaft.“

Dies widerspräche den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Irak aus dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und verletze Menschenrechte, die allen Menschen zustehen, auch queeren. Amtsberg appellierte an die Verantwortlichen im Irak, das Gesetz nicht weiter voranzutreiben. „Jede Person hat das Recht zu lieben, wen sie will.“

Deutschland werde sich gegenüber der irakischen Regierung weiter für die Würde und Menschenrechte eines jeden Einzelnen unabhängig von seinem Geschlecht und seiner sexuellen Orientierung einsetzen und Menschenrechte deutlich ansprechen.

Das US-Außenministerium zeigte sich „zutiefst besorgt“ über die Verschärfung des Gesetzes. Im Onlinedienst X erklärte Außenamtssprecher Matthew Miller, das Gesetz bedrohe die schwächsten Mitglieder der irakischen Gesellschaft und untergrabe „die Bemühungen der Regierung um wirtschaftliche und politische Reformen“.

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Das Gesetz könne „dazu verwendet werden, die freie Meinungsäußerung zu unterdrücken und die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen im gesamten Land einzuschränken“, hieß es weiter. Menschenrechtsaktivisten nannten das Gesetz den jüngsten Angriff auf die LGBT-Gemeinschaft im Irak.

„Wir bewegen uns in eine Welt, wo es ein Verbrechen ist, sein wahres Selbst zu sein“, teilte IraQueer mit, eine der einzigen LGBT-Organisationen im Irak. „Die Verabschiedung dieses Gesetzes wird die Leben vieler jetzt und in Zukunft ruinieren. Man wird junge Iraker jagen, und die Regierung wird sie ohne Grundlage ins Gefängnis werfen oder schlimmer.“

Die Irak-Expertin Ras Salaji von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach von einer „absolut entsetzlichen“ Entwicklung. Der Irak „kodifiziert Diskriminierung gegen die LGBT-Gemeinde“, schrieb Salaji bei X.

Die Änderung des mehr als 30 Jahre alten Prostitutionsgesetzes sei ein „vehementer Angriff gegen fundamentale Menschenrechte“. (AFP, KNA, Reuters, dpa)

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