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Das Vertrauen der Deutschen in die Gesundheitsbehörden leidet unter der Coronovirus-Krise.

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Morgenlage aus der Hauptstadt: Deutsche verlieren Vertrauen in Gesundheitsbehörden

Deutsche sehen Behörden schlecht vorbereitet +++ Berlin zieht den Kürzeren bei Bewerbung als IAA-Austragungsort +++ Giffey unter Druck.

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Unter dem Eindruck des Umgangs mit dem Coronovirus leidet das Vertrauen der Deutschen in die Gesundheitsbehörden. Die knapsen laut einer repräsentativen Civey-Umfrage für Background Gesundheit gewissermaßen an der Fünf-Prozent-Hürde. Auf die Frage, wie gut deutsche Gesundheitsbehörden auf die Ausbreitung des Coronavirus vorbereitet sind, antworteten nur etwas mehr als fünf Prozent mit „sehr gut“, und 34 Prozent mit „eher gut“. 51 Prozent sind skeptisch und 21 Prozent sehen die Behörden „sehr schlecht“ vorbereitet. Viel Arbeit also für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Heute gibt er zum Coronavirus eine Regierungserklärung ab, am Nachmittag trifft er seine Länderkollegen zur Krisensitzung. Wenn sich die Angst in der Bevölkerung so schnell ausbreitet wie das Virus selbst, können sich bald auch Wirtschafts- und Finanzminister zur Krisensitzung treffen. Gestern Abend kündigte Peter Altmaier bereits KfW-Kredite und Bürgschaften für Unternehmen an, die Stundung von Steuern seien denkbar. Der Vergleich zur Finanzkrise 2008 drängt sich auf.

Gestern sah es zunächst so aus, als müsse die Wahl eines neuen Ministerpräsidenten wegen Coronavirus-Verdachts in der CDU womöglich verschoben werden, ist unterdessen klar: Der Verdacht einer Coronavirus-Infektion bei einem CDU-Abgeordneten hat sich nicht bestätigt – eine Quarantäne ist nicht nötig. Damit kann die für heute angesetzte Plenarsitzung zur Ministerpräsidentenwahl wie geplant stattfinden. Diesmal tritt Bodo Ramelow dabei gegen AfD-Fraktionschef Björn Höcke an. Um gewählt zu werden, braucht der Linken-Politiker Stimmen aus der CDU. Im Blick behalten sollte man aber auch die FDPMein Kollege Paul Starzmann berichtet, dass der geschäftsführende Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich mitnichten ans Aufhören denkt. Der FDP-Mann hat stattdessen an einem „Plan B“ gefeilt für den Fall, dass Ramelow scheitert. Bereits am Donnerstag könne man neue Staatssekretäre berufen – und eben: weitermachen.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey steht unter wachsendem Rechtfertigungsdruck für das Vorgehen ihres Mannes.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey steht unter wachsendem Rechtfertigungsdruck für das Vorgehen ihres Mannes.

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Weitermachen kann auch Karsten Giffey, für den zunächst eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vorgesehen war, bevor er am Ende mit einer Herabstufung bei der Besoldung davon kam. Dem Mann von SPD-Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, wurde große Milde zuteil - zu große Milde? Explizit unter Verweis auf die Interessen seiner Ehefrau wollte er verhindern, dass ein Disziplinarurteil gegen ihn öffentlich wird. Doch nun liegt es meinen Kollegen vor. Es zeigt: Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) hielt ihre schützende Hand über ihn. Giffey hoffte auch im Namen seiner Frau auf Milde, weil die Veröffentlichung des Urteils zu Empörung gegen sie führen könnte. Doch nun dürfte der Rechtfertigungsdruck auf die Bundesministerin steigen.

Den Kürzeren zog Berlin im Rennen um die Gunst der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA). Den Zuschlag als nächster Austragungsort ging an München. Und das hat durchaus politische Gründe: Markus Söder stellte aus dem Landeshaushalt 15 Millionen Euro für die IAA bereit und verpasste damit der Bewerbung der Messe München einen Schub. Die rot-rot-grüne Koalition des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller hatte keinen Cent dafür übrig. Dabei hatte sich gerade bei den Grünen zuletzt ein deutlich wirtschaftsliberalerer Kurs angedeutet, als etwa Wirtschaftssenatorin Ramona Popp sich statt „Kieferplantage“ für zügige „Zukunftsinvestition von Tesla“ einsetzte. Ihre Liebe zu einer der wichtigsten (und umsatzstärksten) Bühne für deutsche Autobauer ist dagegen nicht so groß: Berlins IAA-Bewerbungspräsentation beim Verband der Automobilindustrie hatte sie geschwänzt.

Wer trötet lieber als zu zwitschern? Immer mehr Behörden. Sie halten die Twitter-Nutzung datenschutzrechtlich für unzulässig – und steigen auf das dezentrale Netzwerk Mastodon um. Dort werden Posts nicht gezwitschert, sondern wegen des namensgebenden Rüsseltieres „getrötet“. Vor allem aber: Die Daten laufen nicht nur über einen Server, sondern über 2700 so genannte Instanzen. Wer möchte, kann auch eigene betreiben. Die Landesregierung Baden-Württemberg trötet bereits, die Stiftung Datenschutz und der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich KelberDie Kollegen vom Background Digitalisierung & KI berichten von einem Trend: Auch die Regierung von Sachsen-Anhalt will in der Onlinekommunikation auf das Rüsseltier setzen, weitere Regierungen und Behörden wollen folgen. Doch Mastodon bleibt eine Nische. Dort tummeln sich etwa 3,8 Millionen Nutzer – auf Twitter sind es 145 Millionen.

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