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Auch gegen VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh soll die Staatsanwaltschaft nun ermitteln.

© picture alliance/dpa

Volkswagen in der Kritik: Ein Betriebsrat muss moralisch unangreifbar sein

Der Fall VW zeigt, wie problematisch es ist, wenn der Betriebsratschef ein zu hohes Gehalt kassiert. Dort einzugreifen wäre Aufgabe der Politik. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Als wenn Volkswagen mit der Dieselkrise nicht schon genug Probleme hätte. Nun steht auch noch der Betriebsratschef in der Kritik. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn: wegen möglicher Hilfe zur Untreue. Die Beamten beschuldigen Bernd Osterloh, „am Zustandekommen der mutmaßlich unrechtmäßigen Vergütungsvereinbarungen mitgewirkt zu haben“. Sperrige Worte, die es in sich haben. Ausgerechnet der Betriebsratschef soll eine Teilschuld daran haben, dass im Konzern zu hohe Gehälter gezahlt worden sind – konkret auch ihm und seinen Betriebsratskollegen.

Gehalt ist bei VW ein Dauerthema

Ein harter Vorwurf, hinter dem ein grundsätzliches Problem steht. Denn VW und das liebe Geld, das ist ein Dauerthema. Immer wieder stehen die Vorstände wegen ihrer hohen Gehälter in der Kritik. VW-Chef Herbert Diess zum Beispiel verdient im Jahr fast acht Millionen Euro und damit das 127-fache eines einfachen Angestellten. So groß ist die Diskrepanz zwischen den Gehalt des Vorstandschefs und seinen Mitarbeitern in keinem anderen Dax-Konzern.

Zwar hat VW erst vor zwei Jahren auf öffentlichen Druck hin die Vergütung der Vorstandschefs gekappt, doch was gut klingt, ist in der Praxis nahezu irrelevant. Maximal verdienen darf der VW-Chef demnach nämlich zehn Millionen Euro: Diese Grenze überschreitet unter den Dax-Bossen einzig Topverdiener Bill McDermott von SAP. Trotz Gehaltsdeckel bleibt VW-Chef Diess so einer der bestbezahltesten Vorstandschefs.

Da genauer hinzuschauen, im Zweifel eine striktere Begrenzung der Bezüge für die Führungsetage zu fordern: Das wäre Aufgabe des Betriebsrats. Doch Osterloh soll selbst bis zu 750.000 Euro im Jahr verdient haben. Erst als bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund der hohen Gehälter der Arbeitnehmervertretung aktiv wird, hat der Konzern das begrenzt.

Auf dem Spiel steht die Akzeptanz der Mitarbeiter

Auf wessen Seite steht ein Betriebsratschef, wenn er bei den eigenen Gehältern offenbar nicht Maß halten kann? Gerne sprechen Arbeitnehmervertreter von dem „Wir“. Doch wen meinen sie damit, wenn sie selbst zu den Topverdienern gehören? Zählen sie dann wirklich noch zu denen unten, deren Rechte und Interessen sie eigentlich vertreten sollten – oder eher zu denen ganz oben? Das sind unangenehme Fragen für einen Betriebsratschef. Und sie können ihn seine Akzeptanz im Unternehmen kosten. Um die Interessen der Mitarbeiter glaubhaft zu vertreten, muss ein Betriebsrat moralisch unangreifbar sein. Nur dann wird er von den Arbeitnehmern akzeptiert. Nur dann wird man ihm abnehmen, dass er aktiv etwas gegen die hohen Gehaltsunterschiede im Unternehmen tut.

Auch die Politik wird nicht aktiv

Das Problem liegt aber nicht nur bei Bernd Osterloh. Auch die Politik trägt eine Mitschuld an der Misere. Denn sie hält sich bewusst raus aus der Frage, was ein Betriebsrat verdienen sollte oder darf, statt klare Vorgaben zu machen. Bislang sind die Regeln dazu extrem schwammig. So ist die Arbeit im Betriebsrat zunächst ein Ehrenamt. Wie viel dessen Mitglieder verdienen, soll sich an dem Gehalt orientieren, das sie bekommen hätten, wenn sie in ihren Job regulär weitergearbeitet hätten. Das zu beziffern, ist schwer. Wer kann schon glaubhaft aufzeigen, wie sich die eigene Karriere unter anderen Vorzeichen entwickelt hätte?

Klarere Vorgaben würden da helfen. Für die Politik wie für die Konzerne wäre es ein wahrer Verdienst.

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