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Problem mit zwei PS.

© Guenter Peters

Berlin: Amtlich veräppelt

Der Bezirk Mitte fordert vom Senat eine Verordnung gegen Pferdemist Aber in der Hauptverwaltung will keiner dafür zuständig sein.

Von Fatina Keilani

Das Thema ist anrüchig, und so wird es mit spitzen Fingern zwischen den Senatsverwaltungen hin- und hergeschoben: der Pferdemist auf den Straßen in Mitte. Radfahrer rutschen drauf aus, Fußgänger treten hinein. Doch zum Thema Pferdewindel (auch Exkremententasche oder mondäner: „Poo Bag“) gibt es auf Senatsebene keinen Beschluss, obwohl der Bezirk Mitte das seit Wochen fordert. Nach Senatsangaben hat die Zahl der Kutschfahrten im Innenstadtbereich in den vergangenen zehn Jahren stetig zugenommen.

Der derzeitige Zustand könnte teuer werden, speziell für die Fuhrunternehmen. „Richtig ärgerlich wird es, wenn jemand einen Unfall verursacht, etwa weil ein Radfahrer auf dem Mist ausrutscht“, sagt Harald Strehlow, Leiter des Ordnungsamts Mitte. Dann sei der Unternehmer schadensersatzpflichtig. Strehlow sieht das Problem als ungelöst an. „Wir wollen eine rechtliche Regelung unter Beachtung des Tierschutzes“, sagt er. Dies müsse eine Verordnung sein; eine solche könne der Bezirk aber nicht erlassen, sondern nur der Senat. Der Verschmutzungsgrad habe jedenfalls nicht abgenommen, trotz verhängter Bußgelder.

Der Bezirk Mitte hat der Stadtentwicklungsverwaltung deshalb einen Brief geschrieben. „Ja, den haben wir bekommen, es handelt sich aber um eine veterinärrechtliche Angelegenheit“, heißt es von dort. „Den Brief haben wir deshalb an die Verbraucherschutzverwaltung weitergeleitet, die sind für Tierschutz zuständig.“ Straßenrechtlich sei die Sache klar: Wer es verursacht, muss es wegmachen, so stehe es im Straßenreinigungsgesetz. Das gilt übrigens auch für Hundehalter.

Bei der Verbraucherschutzverwaltung will man von einer Zuständigkeit nichts hören. „Ganz ehrlich: Es ist uns total egal, ob die Pferde Unter den Linden alles zukacken“, sagt eine Mitarbeiterin. „Wir sind nämlich nicht zuständig. Das ist Schmutz, also Sache von SenStadt. Den Brief haben wir bestimmt schon zurückgeschickt.“ Erst wenn der Tierschutz betroffen sei, komme man wieder ins Spiel. Andere Städte haben das Problem gelöst – mit Auffangvorrichtungen am Pferd oder mit Eimer und Schaufel.

Es gibt in Berlin ein Regelwerk, die Leitlinie für Pferdefuhrwerksbetriebe. Sie wurde im April 2009 erlassen. Zur Äpfelfrage steht dort nichts. „Grundsätzlich könnten die genannten Leitlinien um eine entsprechende Regelung ergänzt werden“, schreibt Verbrauchersenator Thomas Heilmann (CDU) in einer noch nicht veröffentlichten parlamentarischen Anfrage. Es gebe „Überlegungen“.

Rechtsgrundlage ist bisher das erwähnte Straßenreinigungsgesetz, das die „vermeidbare Verschmutzung von Straßen“ mit einem Bußgeld belegt. Räumt der Verursacher den Dreck nicht weg, so kann das zuständige Ordnungsamt das erledigen lassen und ihm die Kosten in Rechnung stellen. Problem: Am Mist steht nicht dran, wer ihn hat fallen lassen.

Nur ganz selten wird mal jemand in flagranti erwischt. Ein Kutscher hatte Ende Juni richtig Ärger mit der Polizei. An der roten Ampel Ecke Unter den Linden und Glinkastraße ließ sein Pferd seine Äpfel auf die Straße kullern – unter den Augen einer Polizeistreife. Die forderte den Kutscher auf, den Dreck zu beseitigen, was der aber nicht tat. Stattdessen legte der Mann den ersten Gang Richtung Alexanderplatz ein. Als die Polizei ihn aufforderte, am Fahrbahnrand anzuhalten, fuhr er einfach weiter. Erst als zwei Polizeiautos sich quer vor die Kutsche stellten, hielt der 52-Jährige an. Seine Personalien wollte er nicht angeben. So endete der Tag des Kutschers mit drei Anzeigen und einem drohenden Punkt in Flensburg.

In Berlin sind derzeit 23 Kutschen und 31 Pferde aus zehn Fuhrwerksbetrieben unterwegs. Fatina Keilani

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