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Im Kampf gegen den Krebs hofft Laura auf eine Stammzellenspende.

© privat

Hilferuf nach einer Stammzellenspende: Eine junge Mutter aus Mahlsdorf kämpft gegen den Blutkrebs

Am Tag vor Weihnachten kam die Diagnose: Die 33-jährige Laura ist an Blutkrebs erkrankt. Sie hat nur noch eine Chance: Eine passende Stammzellenspende.

Luan ist fünf Monate alt, vor vier Tagen hat er seinen zweiten Zahn bekommen. Stefan, der Papa, war natürlich ganz begeistert, als er es sah. Und natürlich war er ganz aufgeregt, als er Luans Mutter Laura davon erzählte. „Ich habe bei Luan das zweite Beißerchen entdeckt“, sagte er.

Laura war glücklich. Stefan und sie hatten so lange auf ein Kind gewartet. „Seine ersten Worte, seine ersten Schritte, die Einschulung, das erste Verliebtsein. All das will ich miterleben. Für mich gibt es viele Gründe zu kämpfen“, sagt sie. Luan weiß nicht, warum seine Mutter kämpfen muss. Luan weiß nicht, dass sie seinen zweiten Zahn nicht sehen kann, weil sie im Krankenhaus ist. Luan weiß nicht, dass seine Mutter fragt: „Werde ich Luan aufwachsen sehen?“

Laura kämpft um ihr Leben, sie hat Blutkrebs. Die 33-Jährige aus Mahlsdorf liegt im Klinikum Buch, sie hat nur noch eine Chance: Ein passender Stammzellenspender muss ihr Leben retten. Laura ist Erzieherin, sie ist mit Stefan verlobt, sie will ihren Nachnamen nicht veröffentlicht haben. Luan kann sie derzeit nur über Video sehen.

Ihre Zitate stammen aus einer Pressemitteilung, die sie und Stefan geschrieben haben. Es ist ein Hilferuf. Die gemeinnützige Organisation DKMS, die sich dem Kampf gegen Blutkrebs verschrieben hat, hat die Pressemitteilung, den verzweifelten Versuch, Laura zu helfen, verbreitet.

Mit Stefan, Luans Papa, hat der Tagesspiegel gesprochen. Wer gesund und zwischen 17 und 55 Jahren alt ist, kann Laura und anderen Patienten helfen und sich mit wenigen Klicks über www.dkms.de/lauras-leben Registrierungsunterlagen nach Hause bestellen. Die Registrierung geht einfach und schnell: Mithilfe von drei medizinischen Wattestäbchen und einer genauen Anleitung sowie einer Einverständniserklärung kann jeder nach Erhalt des Sets selbst einen Wangenschleimhautabstrich vornehmen.

Einen Tag vor Weihnachten bekam Laura die Nachricht

Besonders wichtig ist es, dass die Wattestäbchen nach dem erfolgten Wangenschleimhausabstrich zeitnah zurückgesendet werden. Erst wenn die Gewebemerkmale im Labor bestimmt wurden, stehen Spender für den weltweiten Suchlauf zur Verfügung. Und erst dann besteht auch die Chance, dass Laura den passenden Spender findet.

Die krebskranke Laura mit ihrem Sohn Luan, ihrem Hund und ihrem Verlobten Stefan.

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Die Nachricht, die Lauras Leben in Sekundenschnelle verändert, kommt einen Tag vor Weihnachten. Die 33-Jährige ist gerade mit Luan im Auto auf dem Weg zu ihrer Mutter. Plötzlich klingelt das Handy, ihre Hämatologin ist am Apparat. „Bitte fahren sie rechts ran“, sagt die Ärztin. Sekunden später der Satz: „Bei Ihnen besteht Verdacht auf Blutkrebs.“ Laura ist wie betäubt.

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Sofort ruft Laura Stefan an, sofort fährt sie nach Hause. Zwei Menschen unter Schock. „Wir haben sofort versucht, uns zu sammeln und zu überlegen, was jetzt zu tun sei“, sagt Stefan dem Tagesspiegel.

Die üblichen Reflexe setzen ein. Schutzmechanismen, um die Situation erträglicher zu machen. Vielleicht war es ja ein Fehler. So etwas kann doch passieren, auch Labore arbeiten nicht immer optimal. Oder? Ja, bestimmt war es ein Fehler.

Schon in der Schwangerschaft hatte Laura schlechte Eisenwerte. Aber haben das nicht viele Schwangere? Ist doch noch nicht automatisch ein schlechtes Zeichen. Laura nahm Medikamente. Aber die Werte blieben auch nach der Geburt schlecht. „Bitte gehen Sie zum Hausarzt“, sagte die Hebamme. Der Hausarzt sagte: „Bitte gehen Sie zu einer Hämatologin.“

Am 29. Dezember wird bei Laura eine Knochenmarkpunktion vorgenommen. Und dann steht fest: Es war kein Messfehler, Laura hat Blutkrebs. Laura und Stefan sind am Boden zerstört. „Wir haben immer wieder überlegt, warum es unsere Familie trifft“, sagt Stefan.

Neuseeland ist ihr großes Ziel in den nächsten Jahren

Sie haben die Diagnose auf dem Papier, aber sie haben sie noch nicht vollständig als grausame Wahrheit verinnerlicht. „Eigentlich haben wir sie erst nach der Chemotherapie so richtig akzeptiert“, sagt Stefan. Die erste Chemo hat vor wenigen Tagen stattgefunden. „Laura geht es psychisch einigermaßen gut, sie ist vergleichsweise stabil“, sagt Stefan.

Der 36-Jährige hat sein Leben komplett auf Luan umgestellt. Der Ingenieur arbeitet im Homeoffice, hat Urlaub genommen, kümmert sich um seinen Sohn, telefoniert viel mit seiner Frau. Sie reden viel über Alltägliches, manchmal tauschen sie auch lockere Sprüche aus.“

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„Ich versuche, sie spielerisch aufzufangen“, sagt Stefan. Er ist eher der Typ, der gerne lustige Sprüche macht. „So ist Laura auch.“ Die lockeren Sprüche nehmen der grausamen Situation ihre Radikalität. Ablenkungen von der Not. „Psychohygiene“, nennt das Stefan.

Junges Familienglück: Stefan, Laura und ihr Kind Luan.

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Sie reden über die Zeit, wenn sie wieder nach Hause kommt, wenn wieder so etwas wie ein normaler Alltag entsteht. Nach Neuseeland wollen sie, ihr großes Ziel in den nächsten Jahren. „Wir hatten einen wunderschönen Australien-Urlaub erlebt, da wollten wir dann Neuseeland dranhängen“, sagt Stefan.

Um Laura besuchen zu können, lebt Stefan völlig isoliert

Sie haben auch ein kleines Schiff, ein 68 Jahre altes ehemaliges Polizeiboot, das auf der Ostsee Patrouille gefahren ist. „Benzl“ heißt es, Laura hat es so getauft. Sie haben es liebevoll restauriert, seine Einsatzorte sind jetzt nur noch die Berliner Gewässer. Aber jetzt bestimmt die Krankheit den Alltag. Stefan lebt zu Hause völlig isoliert. Er hält komplette Quarantäne ein, nur so kann er Laura im Krankenhaus besuchen.

„Die Familie hält eng zusammen. Jeden Tag steht tolles Essen vor der Tür und Laura bekommt Mut-Mach-Pakete ins Krankenhaus geschickt. Ich bin unseren Eltern und Freunden unendlich dankbar dafür“, sagt Stefan. Mit Laura telefoniert er ständig, Videoaufnahmen verbinden die beiden. Soziale Kontakte zu seinen Freunden organisiert Stefan über digitale Treffen am Abend.  

Mehr als 1200 Menschen hätten sich bis jetzt die Registrierungsunterlagen besorgt, sagt Annika Schirmacher, bei DKMS für die Spender-Neugewinnung zuständig. In seiner Datenbank hat DKMS rund 10,3 Millionen Menschen gespeichert. Auf der Welt gibt es rund ein halbes Dutzend solcher Organisationen wie DKMS, sie verfügen über einen Datenbestand von rund 29 Millionen Menschen. Einer von ihnen könnte der passende Spender für Laura sein.

Luan bekommt bald seinen dritten Zahn. Seine Mutter sagt: „Ich liebe Stefan, ich liebe meine Freunde, und der größte Grund zu kämpfen, liegt gerade zu Hause auf dem Wickeltisch.“

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