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Berliner Ärger: "Frau Merkel, streichen Sie den Bahnmanagern das Dessert!"

Die Berliner haben bislang das Schienenchaos stoisch durchlitten. Doch allmählich regt sich bei den Fahrgästen Widerstand

Pffft! Dieses Ventil musste dringend geöffnet werden: Seit gestern unter der Überschrift „Stillstand, der rasend macht“ im Tagesspiegel eine Polemik zum Dauerchaos bei der S-Bahn erschienen ist, entweicht die Wut unserer Leser: In Anrufen, Mails und vor allem im Internetforum. Manche Boshaftigkeit ist dabei, reichlich Galgenhumor – und viel Originelles, das als Teil des wahren Lebens einfach in die Zeitung gehört.

„Wenn ich nicht morgen endlich per Fernseher einen explosiven Ausbruch unseres Regierenden Bürgermeisters im Zimmer des Bahnchefs gezeigt bekomme, einen, der sich gewaschen hat und dauerhaft einprägt, dann darf sich Herr Wowereit einen anderen Wähler suchen“, droht Heiko61. Mehrere Leser schlagen vor, der S-Bahn Zeit „zurückzustehlen“. Gesagt, getan: „Angeregt durch den Artikel habe ich die Probe aufs Exempel gemacht und den Kontrolleuren erläutert, einen Fahrschein zu haben (was zutraf), aber nicht vorzuzeigen, um der S-Bahn das Leben ein wenig zu erschweren“, schreibt Bln10555. Nach drei Stationen hätten die Kontrolleure kapituliert.

Ein anderer Kommentator würde sich, nun ja, direkt an die Zentrale wenden: „Am besten, wir laufen mal alle zum Potsdamer Platz und nehmen uns den Glasturm vor.“ Papaya schreibt: „Warum nicht die Montagsdemos als Ausdruck des Protestes wieder ins Leben rufen? Ich sehe im heutigen S-Bahn-Desaster durchaus Parallelen zur Situation 1989 in der DDR. In beiden Fällen haben bzw. hatten eine Handvoll von Kriminellen am Volk vorbei entschieden und gehandelt, was im Osten letztlich die politische und bei der S-Bahn die technische Bankrotterklärung bedeutete.“ An dieser Stelle muss gesagt werden, dass Lesermeinungen Lesermeinungen sind. Das gilt auch für Henning Schluß, der sich „gern einer Aktionsgruppe anschließen würde, meinetwegen einer, die mit Kerzen protestiert oder dem Bahnvorstand Herrn Homburg die Luft aus dem Reifen lässt, damit er mal merkt, wie es ist, wenn man weder zur Arbeit noch nach Hause angemessen kommt“. Subtiler formuliert es Vielleser: „Vielleicht sollte unser Meister Wowereit die Kanzlerin auffordern, auf einem ihrer nächsten Abendessen den Bahnmanagern das Dessert zu streichen.“ Und Luxor dichtet: „Be abgezockt, be durchgefroren, be täglich zu spät ’uff arbeet’“.

Die Grünen-Verkehrsexpertin Claudia Hämmerling kabelte per Mail sinngemäß, dass ihr letzter Herzkasper wegen einer Zwangspause auf der Ringbahn der Ölsardinen gerade zwei Tage her sei. Ein Paar aus Köpenick schickte die Kopie einer um 13 Euro gekürzten Überweisung für die Monatskarte; der 22-prozentige Abzug entspreche dem Anteil des bisher gestrichenen Landeszuschusses. Andere regen eine Internetpetition an den Bundestag an, wollen die Bahn mit Taxiquittungen überhäufen und die S-Bahn aus dem Verkehrsverbund VBB werfen, weil die den Gemeinschaftstarif nicht mehr wert sei und man mit seinem BVG-Ticket ja nicht die aktuelle Leistung der S-Bahn sponsern wolle. Und ein Kommentator, der sich passenderweise Titanic nennt, wagt eine Prognose: „Ich rechne damit, dass der zu erwartende Schneesturm am Wochenende der S-Bahn auf längere Zeit den Rest geben wird.“

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