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Die Landwirte fordern unter anderem die bessere Vermarktung ihrer Produkte in der Region.

© Bernd Wüstneck/dpa

„Das kann nicht gut gehen“: Wie Brandenburger Bauern unter den niedrigen Milchpreisen leiden

Die Brandenburger Milchbauern stehen wegen der niedrigen Preise unter massivem Druck. Auch ein Gipfeltreffen mit Politikern enttäuschte die Branche.

Brandenburgs Milchbauern geben nach und nach auf. Wegen der geringen Milchpreise haben seit 2015 insgesamt 140 Landwirtschaftsbetriebe in der Mark die Milcherzeugung aufgegeben. „Den Milchbauern fehlt die Perspektive“, sagt Johannes Funke, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Havelland und Landtagsabgeordneter der SPD. „Inzwischen sind Leute aus der Milchproduktion ausgestiegen, die noch zehn oder zwanzig Berufsjahre vor sich haben: Gut ausgebildete Experten mit leistungsfähigen Betrieben.“

Am Freitag fand ein Spitzengespräch zur Zukunft der Brandenburger Milchwirtschaft statt. Vertreter der Bauern trafen sich per Videokonferenz mit dem Abteilungsleiter Landwirtschaft im Brandenburger Landwirtschaftsministerium, Eduard Krassa, und dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Uwe Feiler (CDU).

Umstritten war vor allem die Art und Weise, wie die Bauern für ihre Milch bezahlt werden: Bislang nämlich liefern sie alle Milch, die ihre Kühe geben, an die Molkereien, unabhängig davon, wieviel es ist – und erfahren erst hinterher, wie viel Geld sie dafür erhalten.

„Wir wollen, dass Deutschland den Artikel 148 der gemeinsamen Marktordnung der EU nutzt und feste Lieferverträge vorschreibt“, sagt der Präsident des Landesbauernverbands Brandenburg, Henrik Wendorff. Also Verträge, die die Abnahme einer bestimmten Menge zu einem fixen Preis beinhalten, wie es in der Wirtschaft ansonsten allgemein üblich ist. Doch das Gespräch am Freitag verlief aus Sicht der Bauern ernüchternd.

Der Bund sehe keine Notwendigkeit, diesen Artikel zu ziehen, sagt Wendorff. „Und das, obwohl der Milchmarkt sehr unter Druck steht.“ Auch Brandenburgs Agrarminister Axel Vogel (Grüne) nannte dies „enttäuschend“. Das Schwinden der Tierhaltung durch Betriebsaufgabe bei gleichzeitig ablaufenden Konzentrationsprozessen sehe er mit Sorge. „Die meisten Betriebe leben bei diesen Milchpreisen von der Substanz, das kann nicht gut gehen“, sagte der Minister.

Kann ein Regionalsiegel helfen?

Aber was soll nun passieren? Der SPD-Landtagsabgeordnete Funke hinterfragt vor allem die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels. Er spricht offen von einem Kartell. „Aldi kann in Größenordnungen die Butterpreise drücken, ohne dass hier die Marktmacht hinterfragt wird“, sagt Funke. „Das geht so nicht.“

Das Land wiederum müsse sich stärker für die regionale Vermarktung von Agrarprodukten einsetzen: Im Koalitionsvertrag hatte die Brandenburger Koalition die Schaffung eines Regionalsiegels für Lebensmittel vorgesehen, die in Brandenburg produziert wurden. Der Landwirtschaftsausschuss des Landtags treffe sich am 25. Januar zur Sondersitzung, kündigte Funke an.

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Ähnlich äußert sich auch Minister Vogel. „Als Landesregierung werden wir alle Möglichkeiten nutzen, die regionalen Akteure und die regionale Vermarktung zu stärken“, sagt der Grünen-Politiker. Man arbeite weiter daran, „ein zweistufiges EU-notifiziertes Qualitätssiegel für regionale Produkte“ einzuführen. „Wir wollen nicht nur Schlachtkapazitäten in der Region aufbauen, sondern auch die Milchverarbeitung regionalisieren“, sagt Vogel.

Die Lage der Milchbauern ist aus Sicht der Landwirte symptomatisch für große Teile der Brandenburger Landwirtschaft insgesamt: „Die Schweinehalter sind wegen der Afrikanischen Schweinepest in der Krise, die Geflügelproduzenten wegen der Schließung der Gastronomie“, sagt Johannes Funke. „Und allein die Tatsache, dass 300.000 Hektar, also gut ein Drittel der Brandenburger Agrarfläche, Grünland sind, das nun einmal am Besten zur Milcherzeugung zu nutzen wäre, zeigt doch, vor welchen Problemen wir gerade stehen.“

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