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Kultur: Helles Glück

Familienkrieg, dänisch: „Das Erbe“ von Per Fly

So muss das Glück aussehen: Christoffer und Maria leben in Stockholm. Er ein smarter Restaurantbesitzer, sie erfolgreiche Schauspielerin. Spielt sie abends im Theater, sitzt er im Publikum, mit leuchtenden Augen. Danach wird im Restaurant gefeiert. Am nächsten Tag hört er ihre Rollen ab, in der großzügigen Altbauwohnung am Park. Hell leuchtet das Lachen in Marias Gesicht, hell das Sonnenlicht in Christoffers blondem Haar. So muss es aussehen, das Glück.

Ganz anders in Kopenhagen, in Christoffers Elternhaus. Dunkel die Firmenvilla des Familienpatriarchen. Dunkel das Eisenwalzwerk, dunkel die Luxuskarrossen und die Anzüge. Kein Wunder, dass Christoffer irgendwann geflohen ist, weg von der väterlichen Autorität, weg aus Dänemark. Der junge dänische Regisseur Per Fly hatte in „Die Bank“ (2000) die Situation der Arbeiterklasse thematisiert. In „Das Erbe“, dem zweiten Teil seiner Trilogie, geht es um eine Unternehmerfamilie zwischen Reichtum und Verpflichtung. Gewiss, das Setting ist luxuriös genug: die Villa, die Limousine, das Ferienhaus in Südfrankreich. Aber dann schließt sich der Zaun, wird die Villa zum Gefängnis. Die Scheiben des Wagens, dunkel getönt, lassen die Gesichter blass und krank aussehen. Konsequent hat Per Fly die Welten gegeneinander geschnitten, knapp, präzise: Die helle Lebensfreude in Stockholm, das düstere Arbeitsethos in Kopenhagen. Das warme Leuchten von Maria, die kühle Härte der Mutter, die sich nach dem Tod des Vaters als gnadenlos berechnende Unternehmerin erweist – und ihren Sohn an seine Pflicht erinnert. Irgendwann wird er in Stockholm auf einer Bank sitzen, ein blasser, fremder Geist. Von Glück keine Spur mehr.

Ulrich Thomsen, der schmale Schlacks aus Thomas Vinterbergs Dogma-Film „Das Fest“, spielt Christoffer – und trägt die schwere Last, den Wandel vom lebenslustigen Juppie zum pflichtbewussten Unternehmer plausibel zu machen. Sicher, der Ernst steht ihm, auch die Kälte, mit der er Mitarbeiter entlässt. Eine Zeit lang folgt man ihm sogar mit Verständnis auf seiner düsteren Reise. Aber am Ende sieht man die strahlende Lisa Werlinder als Maria noch einmal lachen und denkt: Selber schuld, Junge.

Neues Kant, OmU im fsk

Christina Tilmann

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