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Karl Lauterbach sah bei der Vorstellung seiner Klinikreform selbst nicht immer sehr zuversichtlich aus.

© imago/Future Image/IMAGO/Frederic Kern

Abrechnung mit Lauterbach: Bundesrechnungshof kritisiert Klinikreform

Der Bundesrechnungshof hält den Umbau der Kliniklandschaft für wenig effektiv. Die Behörde warnt vor rechtlichen Risiken. Gesundheitsminister Lauterbach gerät weiter unter Druck.

Kay Scheller, der Präsident des Bundesrechnungshofes, beweist gutes Timing. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett nach langem Zögern die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Just an diesem Tag veröffentlichte Scheller auf der Homepage des Bundesrechnungshofes ein Gutachten zu Lauterbachs Gesetzentwurf. Die 26 Seiten lesen sich wie eine detaillierte Abrechnung mit den Plänen des SPD-Ministers.

Lauterbach will die Behandlung komplizierter Krankheiten wie Krebs bei großen Spezialkliniken mit hohen Fallzahlen konzentrieren. Viele kleinere Krankenhäuser auf dem Land sollen zu sektorübergreifenden medizinischen Versorgungszentren werden. Dort soll Pflege stattfinden, ambulante Behandlungen und überschaubare Operationen.

2,5
Milliarden Euro pro Jahr soll der Transformationsfonds die gesetzlichen Krankenkassen kosten.

Der Bundesrechnungshof moniert nun, wie Lauterbach den Umbau der Standorte finanzieren will. Der Gesundheitsminister will ab 2026 für zehn Jahre über einen Transformationsfonds insgesamt 50 Milliarden Euro bereitstellen. Die Hälfte der Gelder sollen von den Ländern und die andere Hälfte von den gesetzlichen Krankenkassen – also letztlich von den Beitragszahlern – kommen.

Es „bestehen rechtliche Zweifel an der Zulässigkeit“, heißt es in dem Gutachten. Die gesetzlichen Krankenkassen seien nur für Behandlungskosten – also die laufenden Kosten von Krankenhäusern – zuständig. „Investitionskosten haben die Länder zu übernehmen.“ Der Bundesrechnungshof kritisiert auch, dass Privatversicherte keinen Beitrag leisten müssen.

Immer mehr rechtliche Zweifel

Die Bonner Behörde stützt damit die Argumentation der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Vor knapp zwei Wochen war ein Rechtsgutachten ihres Spitzenverbandes bekanntgeworden. Darin argumentiert die Hamburger Rechtsprofessorin Dagmar Felix, eine Kofinanzierung des Transformationsfonds mit GKV-Mitteln sei verfassungswidrig. Bei der Transformation der Krankenhauslandschaft handle es sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der nicht etwa privat Versicherte sowie Mitglieder anderer Versorgungssysteme ausgenommen werden dürften.

Der Bundesrechnungshof warnt vor deutlich steigenden Beiträgen, wenn 2,5 Milliarden Euro pro Jahr für den Transformationsfonds „den Beitragszahlerinnen und -zahlern aufgebürdet werden“. Das Gutachten greift auch eine Befürchtung der GKV auf, dass mit dem Gesetz die Personalkosten in Kliniken zulasten der Beitragszahler in ungeahnte Höhen getrieben werden könnten, weil die Krankenkassen Tarifkosten für das Personal künftig vollständig übernehmen sollen.

Mitsamt den Zahlungen an den Transformationsfonds würde die Reform die Beitragszahler ab 2027 damit mindestens vier Milliarden Euro zusätzlich kosten, schätzt der Bericht. Vier Milliarden Euro entsprächen mehr als 0,2 Prozentpunkten, heißt es. „Dies würde den Druck auf die Zusatzbeitragssätze der Krankenkassen weiter erhöhen.“

Kritik aus der FDP

Die von Lauterbach angestrebte Entökonomisierung der medizinischen Versorgung wird aus Sicht des Bundesrechnungshofes nicht erreicht, weil hohe Fallzahlen für die Krankenhäuser entscheidend bleiben. Der Behörde warnt außerdem vor „ungewollten Verwerfungen in der stationären Versorgung“, weil Lauterbach bisher keine Auswirkungsanalyse der Reform vorgelegt hat. So bleibt unklar, welche Klinikstandorte wegen der geplanten neuen Finanzierungsregeln schließen könnten.

Auch die Landesgesundheitsminister lehnen die Reform einhellig ab. Einige Länder drohen mit Verfassungsklage, weil Lauterbach das Gesetz ohne Zustimmung des Bundesrates beschließen will.

In der Ampelkoalition wächst die Nervosität. „Es muss dafür Sorge getragen werden, dass das Gesetz nicht nach seiner Verabschiedung durch Gerichtsurteile einkassiert wird“, sagte Karsten Klein, der zuständige FDP-Haushaltspolitiker, Tagesspiegel Background. „Das würde die so dringend benötigte Krankenhausreform erheblich zurückwerfen.“

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