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Eklat um Clement-Äußerungen: "Das Maß an Illoyalität ist voll"

Aufruhr in der SPD: Mit seiner Kritik an der hessischen Spitzenkandidatin Ypsilanti hat der ehemalige Wirtschaftsminister Wolfgang Clement die Genossen massiv gegen sich aufgebracht. Jetzt droht ihm der Rauswurf aus der Partei.

SPD-Fraktionschef Peter Struck hatte am Wochenende mit einem Parteiausschluss gedroht. Der Innenexperte Dieter Wiefelspütz hält ein solches Verfahren für wahrscheinlich. "Peter Struck findet für seine Äußerungen große Zustimmung in Partei und Fraktion", sagte Wiefelspütz den "Ruhr Nachrichten".

"Für jemanden, der der SPD so viel zu verdanken hat, gehört sich so etwas nicht", kritisierte Wiefelspütz Clement. Die Empörung an der Parteibasis sei groß, es herrsche "massive Verärgerung." Ypsilanti genieße die "ungeteilte Unterstützung der SPD".

Clement hatte in der "Welt am Sonntag" eine Woche vor der Landtagswahl in Hessen die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti wegen ihrer Anti-Atom- und Anti-Kohlepolitik gerügt und geschrieben: "Deshalb wäge und wähle genau, wer Verantwortung für das Land zu vergeben hat, wem er sie anvertrauen kann - und wem nicht." Ungeachtet der innerparteilichen Protestwelle verteidigte Clement im "Kölner Stadt-Anzeiger" seine Äußerungen: "Ich habe die Positionen beschrieben, für die ich ein Leben lang gekämpft habe, und dabei bleibt es."

"Nicht besser als Lafontaine"

Der stellvertretende Parteivorsitzende, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, reagierte verärgert: "Ich schätze Wolfgang Clement als Person. Er hat selbst schwierige Wahlkämpfe hinter sich und weiß, wie schädliche und unsolidarisch dieser Zuruf von außen ist. Deshalb verstehe ich ihn nicht", sagte Steinmeier der "Süddeutschen Zeitung". Einen Parteiaustritt oder -ausschluss des früheren Bundeswirtschaftsministers und nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten verlangte Steinmeier allerdings nicht.

Dagegen forderten mehrere SPD-Landesvorsitzende Clement zum Verlassen der Partei auf. Saarlands SPD-Landeschef Heiko Maas sagte in Saarbrücken: "Das Maß an Illoyalität gegenüber der SPD ist jetzt endgültig voll." Sein schleswig-holsteinischer Kollege Ralf Stegner erklärte in Kiel: "Wer aufs eigene Tor schießt, sollte gehen, ehe er hinausgeworfen wird." Stegner zog eine Parallele zum früheren SPD- Vorsitzenden Oskar Lafontaine, der seine Partei verlassen hat und heute Fraktionschef der Linken im Bundestag ist: "Wer als ehemaliger stellvertretender Parteivorsitzender in der Endphase eines Wahlkampfs den eigenen Leuten in den Rücken fällt, ist kein Jota besser als Oskar Lafontaine."

"Er ist bei RWE auf der Gehaltsliste"

Thüringes SPD-Vorsitzender Christoph Matschie sagte der "Thüringer Allgemeinen": "Wolfgang Clement sollte selbst so konsequent sein und sagen, wessen Interessen er vertritt. Und das sind nicht die der SPD." Wer so unverhohlen die Profitinteressen eines Unternehmens wie RWE vertrete, könne nicht Mitglied der SPD sein. Clement sitzt im Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG. Ypsilanti bezeichnete ihn daher als Atom-Lobbyisten. "Er ist bei RWE auf der Gehaltsliste", sagte sie am Sonntag in einem Fernsehduell mit ihrem Kontrahenten, Ministerpräsident Roland Koch (CDU), im Hessischen Rundfunk.

Auch SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber legte Clement den Parteiaustritt nahe. Wer seiner Partei derart schaden wolle, müsse sich überlegen, was er noch in diesem "Verein" wolle, sagte er dem Tagesspiegel. "Die logische Konsequenz wäre, zu gehen." Der Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer, der im Falle eines SPD-Siegs in Hessen Umweltminister werden soll, plädierte für einen Parteiausschluss Clements. "Wenn es einen Grund für ein Parteiausschlussverfahren gibt, dann hat er ihn geliefert. Es ist parteischädigendes Verhalten schwerwiegender Art, wenn man kurz vor der Wahl dazu aufruft, eine andere Partei zu wählen", sagte Scheer dem Online-Magazin der Hamburger Zeitschrift "Stern".

NRW-SPD-Chefin will Vier-Augen-Gespräch mit Clement

Scharfe Kritik erntete Clement auch aus seinem nordrhein- westfälischen Landesverband. Die Landesvorsitzende Hannelore Kraft warf ihm ein "übles Foul" gegen Ypsilanti vor, die in Hessen einen hervorragenden Wahlkampf mache. "Die Äußerungen von Wolfgang Clement sind in der Form völlig inakzeptabel und in der Sache falsch", sagte sie. Clement habe über Jahrzehnte die Solidarität der Partei in unterschiedlichen Funktionen in Anspruch genommen. Diese Solidarität verdiene nun auch Ypsilanti. Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung plant sie so bald wie möglich ein "Vier-Augen-Gespräch" mit Clement. (svo/dpa/ddp)

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