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Rückzug: Stoiber bleibt in Bayern

Nach heftigen internen Querelen mit der CDU will CSU-Chef Edmund Stoiber nun definitiv nicht in die neue Bundesregierung eintreten. An seine Stelle könnte Michael Glos (CSU) treten.

Berlin/München - CSU-Chef Edmund Stoiber hat bestätigt, dass er in Bayern bleiben und nicht nach Berlin wechseln will. Das gelte unabhängig von der weiteren Entwicklung in der SPD, machte Stoiber nach Angaben von Teilnehmern am Dienstag bei einer Telefon-Konferenz des CSU-Präsidiums deutlich. Auch ein Wechsel von SPD-Chef Franz Müntefering in das Kabinett einer Kanzlerin Angela Merkel (CDU) könne ihn nicht umstimmen. Seine Entscheidung sei klar und eindeutig, sagte er nach Angaben von Teilnehmern.

Neuer Wirtschaftsminister soll statt Stoiber der bisherige CSU-Landesgruppenchef Michael Glos werden, hieß es in hochrangigen CSU- Kreisen. Ein Wechsel des bayerischen Staatskanzleichefs Erwin Huber (CSU) auf den Posten stehe nicht zur Debatte. Stoiber hatte am Montagabend erstmals persönlich seinen Wechsel nach Berlin als Wirtschaftsminister in Frage gestellt. Als Grund hatte Stoiber offiziell angegeben, dass für ihn mit dem Schritt von Müntefering eine neue Lage entstanden sei.

In der CDU wird nach dpa-Informationen befürchtet, dass der Schritt Stoibers die Koalitionsverhandlungen weiter belasten könne. Es sei nicht abzusehen, wie Stoiber sich als bayerischer Ministerpräsident zur großen Koalition verhalten werde, hieß es von mehreren Seiten.

In Bayern hat sich durch den Entschluss Stoibers die Nachfolgediskussion zunächst erledigt. In der CSU wurde aber bezweifelt, dass Stoiber nach seinem Manöver noch einmal seine alte Autorität zurückgewinnen könne. Wenn Stoiber nach Berlin gegangen wäre, hätte es in der Landtagsfraktion in zwei Wochen eine Kampfabstimmung zwischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) und Huber gegeben.

Zwischen Stoiber und Merkel war es zuletzt zu starken Spannungen gekommen. Aus der CSU hieß es schon vor der SPD-Krise wiederholt, Stoiber drohe damit, in München zu bleiben, weil er sich von der CDU nicht angemessen behandelt fühle. Zwischen Stoiber und der designierten Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) gab es seit zwei Wochen Streit über den Ressortzuschnitt des künftigen Wirtschaftsministeriums. Stoiber verübelte Merkel, dass sie nicht energisch für ihn Partei ergriffen hatte.

In der CDU war zuletzt andererseits wiederholt darauf verwiesen worden, dass sich Stoiber im Wahlkampf und auch danach nicht loyal zu Merkel verhalten habe. Als besonderen Affront gegen die designierte Kanzlerin wurde Stoibers Zweifel an der Richtlinien-Kompetenz von Merkel in einer großen Koalition gewertet. Die Bundestagsfraktion hatte Merkel später in diesem Punkt in Beisein Stoibers Rückendeckung gegeben.

In der CSU hieß es, mit Glos' Berufung dürfte es keine Schwierigkeiten geben, nachdem Merkel ihn ursprünglich bereits als Minister vorgesehen hatte. Nach der für den Nachmittag geplanten telefonischen Schaltkonferenz wollte Stoiber eine Erklärung abgeben.

Der stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende Rainer Brüderle begrüßte den Verzicht von Stoiber auf den Posten des Wirtschaftsministers. «Aus ordnungspolitischer Sicht weine ich Herrn Stoiber keine Träne nach», sagte Brüderle der dpa. Jetzt bestehe die Chance, dass in das wichtige Ministerium «doch keine interventionistische Industriepolitik bayerischer Art einzieht».

CDU-Generalsekretär Volker Kauder zeigte sich trotz der Entwicklungen in Union und SPD zuversichtlich, dass eine Einigung bis zu den Parteitagen Mitte November gelingt. «Wir verhandeln konsequent weiter für eine große Koalition», sagte Kauder in der ARD. «Wir wollen dem Land eine stabile Regierung stellen.» Dafür sei es höchste Zeit. Ungeachtet der jüngsten Entwicklungen in der SPD werde es zu einer Übereinkunft kommen. (tso/dpa)

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