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Aus dem GERICHTSSAAL: Sieben Bier zum Frühstück

Stationäre Heilbehandlung als Bewährungsauflage

Aus dem GERICHTSSAALStationäre Heilbehandlung als Bewährungsauflage Vor der Verhandlung genehmigte sich Susanne S. (34, Name geändert) lediglich ein Bier. Schließlich könne sie nicht besoffen vor Gericht erscheinen, zeigte sich die Alkoholikerin einsichtig. Ansonsten frühstücke sie schon sechs bis sieben Flaschen Gerstensaft, um sich fit für den Tag zu fühlen. So auch am 10. März dieses Jahres. Nachdem Schweißausbrüche und Händezittern mit flüssiger Nahrung erfolgreich bekämpft waren, begab sich die vierfache Mutter – ihre Kinder leben bei Pflegeeltern – auf Einkaufstour. Der Freund hatte Geburtstag und sollte mit einem Pullover beglückt werden. Bei einem Textildiscounter in Babelsberg wurde Susanne S. fündig. Anfangs hatte sie noch vor, das Kleidungsstück, das sie in der Kabine anprobierte und als passend für ihren Partner empfand, zu bezahlen. Später spazierte sie mit dem Pulli, über den sie einen eigenen Pullover und ihre Jacke gezogen hatte, durch den Kassenbereich. „So etwas passiert mir immer, wenn ich getrunken habe“, räumte die Angeklagte ein. Und da sie häufig zur Flasche greift, machte sie schon oft lange Finger. Viermal wurde Susanne S. bereits wegen Ladendiebstahls verurteilt, zuletzt im Dezember 2003 zu drei Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Dass deren Widerruf drohen könne, habe sie bei dem Pulloverklau nicht bedacht. „Die alkoholisierte Frau bestritt den Diebstahl zuerst, dann zog sie den Pulli wütend aus“, erinnerte sich Verkäuferin Nicole Sch. (23). Dabei habe sie gedroht, sie umzubringen, falls sie sie demnächst auf der Straße träfe. „Ich war so erschrocken, dass mir die Tränen kamen.“ Am nächsten Tag habe sie sich kaum zur Arbeit getraut, eine Woche gebraucht, bis sie die böse Äußerung verdaut hatte. Ihre Kollegin Anja R. (27) berichtete im Zeugenstand, die Angeklagte habe auch angekündigt, den Laden in die Luft zu sprengen. Susanne S. musste sich gestern zudem wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr verantworten. „Die meisten Menschen können mit 2,5 Promille nicht einmal mehr aufs Fahrrad steigen. Sie fuhren am 7. Juli problemlos vom Schlaatz bis zum Lutherplatz“, staunte die Vorsitzende. Entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die Alkoholkranke diesmal für sechs Monate hinter Gitter zu schicken, setzte sie diese Sanktion für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung aus. In dieser Zeit muss sich Susanne S. mit Unterstützung ihres Bewährungshelfers einer stationären Heilbehandlung unterziehen. G. Hohenstein

G. Hohenstein

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