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KulTOUR: Alles im Fluss

„Hohelied Salomos“ in Petzower Kirche

Werder · Petzow - Zweimal im Jahr ist die sonst verweltlichte Schinkel-Kirche zu Petzow auch für geistliche Gelegenheiten gut. Wo „die Kultur“ vom Landratsamt sonst Ausstellungen und Konzerte organisiert, finden Weihnachten und Himmelfahrt Gottesdienste statt. Letzten Donnerstag konnte man auf dem Grelleberg beides erleben, eine musikalische Andacht und die Ausstellung „Das Hohelied Salomos“ der Caputher Künstlerin Sabine Kahle-Wendrock.

Gleich Chagall von der „wunderschönen metaphorischen Phantasie“ des Salomonischen Hoheliedes inspiriert, schuf sie zu diesem und anderen alttestamentarischen Themen Collagen von einigem Reiz und teils zierlichem Ausdruck. Thematisch findet man neben den Illustrationen zum „Buch der Bücher“ auch Darstellungen aus dem Leben Davids, wie er den baumhohen Goliat schlägt, die in einer Mandel arrangierte Begegnung mit Jonathan, die Batseba-Szene, seine Abgötterei, aber auch Simson, über den eine schöne Dalila argwöhnisch wacht. Überhaupt sind die Frauengestalten von außergewöhnlicher Schönheit, schwarzhaarig, einmal auch purpurn die Haare der Königin des Hohenliedes, Augen voller Verführung, südliches Maß der elastischen Körper, mal griechisch, mal ägyptisch kostümiert.

Formal verwendet die Künstlerin ein selbstproduziertes („getunktes“) Marmorpapier, Leihgabe einer altorientalischen Technik, wodurch sich „natürliche“, an den Jugendstil erinnernde Fließstrukturen bilden. Der Aquarellpinsel vervollständigt behutsam das Sujet, mit Zell-Leim bestrichenes Seidenpapier bringt besonders in die sparsame Konfektion der Figuren räumliche Tiefe. So scheint auf diesen Bildern mit Heraklit alles im Flusse zu sein, lebendigen Ausdrucks, mit luftigen Farben gemalt, teilweise ganz dynamisch arrangiert – etwa die Abgötterei des sagenumwobenen, dann von Gott abgefallenen Weisen, oder die Bathseba-Szene in ihrer Spannung von Nähe und Hintergrund. Gegen sie wirken andere Darstellungen eher flächig.

Das Hohelied selbst wird sinnlich, fleischlich, hitzig gefasst. Transparent diese Menschengewänder, begehrlich die Blicke, deutlich die Gesten, wenn es aufs Lager geht: Eine „mystische Hochzeit“? Die im Leimbad schwimmende Ölfarbe hat beim Schöpfen des Papiergrunds gut vorgearbeitet. Nun umspielen, umspülen meist grüne Töne die alttestamentliche Szenerie.

Vieles wirkt leicht, anmutig, mehr noch, als nach der Andacht die Spots wieder angemacht werden durften. War in ihren aquarellierten Kommentaren zu Ingeborg Bachmann die Figurage am „Verschwimmen“, so sind es diesmal die getönten Konturen am Rande der Bilder. Das märchenhaft-orientalische zieht unwiderstehlich heran, Arabesken mit knisterndem Hauch beherrschen den Bildfluss, wo ist der Verleger, der solche Darstellung nutzt? Indes verbraucht sich solche Technik schnell: Man hat sie probiert, nun sei es genug, sagt die Caputherin.

Die biblischen Themen gelten gleichfalls als „ausgeschöpft“, doch einmal im Jahr steht zu Himmelfahrt auch die Diakonie an der Kirche, Kaffee und Kuchen zum guten Zweck der Suchtbekämpfung anbietend. Alles zusammen gab, mit Heraklit, ein eigenes Bild dieses Tages.

Bis 4. Juni heute und morgen 14 bis 17 Uhr, Sonnabend und Sonntag 11 bis 18 Uhr

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