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Von Stephan-Andreas Casdorff: Verdienter Lohn

Mehr Frauen in die Firmenführung? Erst mal mehr Geld für die am Ende der Skala

Bei den Grünen gibt es sie ohnedies, seit 1988 bei der SPD, seit 1996 – nach einer quälenden Diskussion – bei der CDU, inzwischen sogar bei der CSU: die Quote für Frauen in Führungspositionen. Bei der CDU brauchte es damals einen alten Kämpen, Hermann Schnipkoweit, einen Christsozialen aus Niedersachsen, um die Delegierten zu überzeugen, bei der CSU hat sich ein Mann an der Spitze, Horst Seehofer, dafür starkgemacht. Und, ist jetzt alles gut in der Politik? Machen Männer den Weg frei?

Natürlich nicht. Noch immer gilt unverändert die Forderung von August Bebel: „Es gibt keine Befreiung der Menschheit ohne die soziale Unabhängigkeit und Gleichheit der Geschlechter.“ In der Politik, wo die Frauen ungeachtet einer Bundeskanzlerin nach wie vor das unterschätzte Geschlecht sind, in der Wirtschaft aber noch mehr. Darum ist es tatsächlich an der Zeit, für beides einzutreten: für bessere Chancen in den großen Firmen (die jetzige Frauenquote liegt bei 2,2 Prozent in der Spitze der führenden 100 Unternehmen) – und für eine bessere Entlohnung in den Jobs, die am meisten unter Armutslöhnen zu leiden haben, und in denen häufig Frauen arbeiten. Also: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, aber auf allen Gebieten und in jeder Hinsicht.

Ob es das ist, was sich die Arbeitsministerin von der CDU vorstellt? Wenn es so wäre, dann hätte sie die Zustimmung beispielsweise der SPD sicher, dann gäbe es eine große Koalition in dieser Frage. Aber die Skepsis ist groß – und berechtigt. Ministerin Ursula von der Leyen spielt gerne mit der Sozialdemokratie, wie schon einige Male, wie auch schon vorher als Familienministerin. In den parallel stattfindenden Hartz-IV-Verhandlungen allerdings zeigt sich, dass sie nicht beides zusammendenkt, das Oben und das Unten, sondern offenkundig ihrer Taktik folgt.

Das hilft in der Sache nicht. Zumal sich in der Union ohne vehemente Kraftanstrengung und eine konzentrierte Aktion keine Mehrheit für eine verpflichtende Frauenquote in der Wirtschaft finden wird, nur ein weicheres Instrumentarium, wie es lange das sogenannte Quorum in der CDU war. „Stoßt die Paschas vom Thron“ war noch nie eine Forderung der Christdemokratie in ihrer Gesamtheit, eine ihrer Frauen und Männer, sondern eines Einzelnen: Heiner Geißler. Von der Kanzlerin ist Kampfesmut in dieser Sache nicht bekannt geworden, auch nicht aus der Zeit, als sie Frauenministerin war.

Unabhängig davon ist die Lösung für Frauen am unteren Ende der Skala dringlich – weil sie jetzt ansteht. Da muss sich die Arbeitsministerin bewegen und ihren Willen zur Veränderung im Sinne der Frauen als Erstes dokumentieren. Erst dann, wenn klar wird, dass sie hart in der Sache ist, in dieser Sache, finden sich Mitstreiter für Weiteres. Auch Männer in der Union, wie damals der alte Schnipkoweit. Bei der SPD sowieso. Die ist dann wie von selbst mit in der Pflicht.

Einer ihrer großen alten Männer, Egon Bahr, schrieb vor Jahren gleichsam die Handlungsanleitung für eine erfolgreiche Politikerin in der SPD: „Nervtötende Beharrlichkeit, bohrende Logik, lächelnde Unerbittlichkeit, verbindliche Drohung.“ Das gilt bis heute. Aber parteiübergreifend. Und nicht nur in der Politik. Ach ja: und nicht nur für Frauen. So weit sollten wir schon sein.

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