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Janik Haberer (re.) traf in der Nachspielzeit zum 2:1 für Union.

© IMAGO/Jan Huebner

Nach einer Saison wie ein Absteiger: Der 1. FC Union darf sich von der glücklichen Rettung nicht blenden lassen

Schlechte Transfers, zwei Trainerwechsel, viel Unruhe – die Köpenicker haben in dieser Saison alles getan für den Abstieg. Für eine gute Zukunft muss Union wieder Union sein.

Ein Kommentar von Julian Graeber

An diesem Samstagnachmittag war er wieder da, der alte 1. FC Union Berlin. Der 34. Spieltag im Stadion An der Alten Försterei hat eigene Gesetze und wie schon in den vergangenen Jahren spielte sich in Köpenick ein wahres Fußballdrama ab. Und wie in den vergangenen Jahren jubelte am Ende Union.

Die Berliner haben – mit gütiger Beihilfe von Werder Bremen – gerade noch so den Kopf aus der Schlinge gezogen und spielen auch in der kommenden Saison in der Fußball-Bundesliga. Diese Willensleistung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Union über Monate wie ein Absteiger präsentiert hat.

Der Profifußball kann mitunter ein seltsames Geschäft sein. Fünf Jahre lang haben die Verantwortlichen um Dirk Zingler und Oliver Ruhnert scheinbar alles richtig gemacht. Die Köpenicker sind 2019 zum ersten Mal in die Bundesliga aufgestiegen, haben sich sensationell in den Europapokal und sogar in die Champions League geackert.

Erst im September erlebten sie im legendären Bernabéu-Stadion eines der Highlights der Vereinsgeschichte – und standen beim jetzigen Finalisten haarscharf vor einem Punktgewinn. Es war das große Märchen im deutschen Fußball.

In den vergangenen zwölf Monaten haben dieselben Verantwortlichen scheinbar alles falsch gemacht – und das, obwohl sie ihre Strategie nicht grundlegend verändert haben. Die Neuzugänge, die sonst in schöner Regelmäßigkeit einschlugen, passen fast alle nicht. Große Namen wie Leonardo Bonucci und Robin Gosens sind entweder schon wieder weg oder enttäuschten in wichtigen Phasen der Saison. Im Winter ließ Union mit Kevin Behrens und Sheraldo Becker die zwei torgefährlichsten Spieler ziehen, im Nachhinein eine fatale Fehlentscheidung.

Die Berliner legten eine in der Vereinsgeschichte beispiellose Niederlagenserie hin, trennten sich von Erfolgstrainer Urs Fischer, entließen vor zwei Wochen auch dessen Nachfolger Nenad Bjelica. Dazu kommen ungewohnt viele Nebengeräusche, Streit, Unruhe. Kurzum: Der 1. FC Union Berlin hat um den Abstieg gebettelt.

Dass die Köpenicker nun nach einem Last-Minute-Tor am letzten Spieltag nicht in die Zweite Liga müssen, hat weniger mit der eigenen Stärke, als mit der Schwäche der Konkurrenz zu tun. Darmstadt war von Beginn an nicht konkurrenzfähig und der 1. FC Köln trat – abgesehen vom kurzen Aufbäumen in den vergangenen Wochen – noch fragiler und chaotischer auf als Union. Der letzte Spieltag war exemplarisch für die Unfähigkeit der Abstiegskandidaten. Köln ging in Heidenheim unter, Bochum verlor in Bremen, Union nutzte die Steilvorlage mit viel Moral und Glück erst in der Nachspielzeit. 

Damit die Berliner in der kommenden Saison wieder häufiger Union-like auftreten, wie Christopher Trimmel gerne sagt, muss der Verein diese missratene Spielzeit knallhart analysieren. Oder wie es der Kapitän sagt: „Das Schöne im Fußball ist: Wenn man es am Ende doch geschafft hat, kann man die Lehren daraus ziehen und weiter geht’s.“

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