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Berlin: Attacken aus der Luft sind nicht zu verhindern

Ein Sportflugzeug rast in das Europa-Center, den Steglitzer Kreisel oder die Restaurant-Kugel des Fernsehturms am Alex. Glas splittert, Metall verbiegt sich und 200 Liter Benzin explodieren in einem Feuerball.

Ein Sportflugzeug rast in das Europa-Center, den Steglitzer Kreisel oder die Restaurant-Kugel des Fernsehturms am Alex. Glas splittert, Metall verbiegt sich und 200 Liter Benzin explodieren in einem Feuerball. Während sich der Bug der Maschine in das Gebäude bohrt, stürzt das brennende Heck in die Tiefe. In den USA wurden am Wochenende die Schreckensbilder der Terroranschläge von New York erneute Realität, als ein Jugendlicher eine entführte Cessna in ein Hochhaus der Bank of America in Tampa (Florida) steuerte.

Auch in Berlin könnte ein solches Szenario nicht verhindert werden. An ein Wunder grenzt, dass bei der neuesten Tat in den USA die Treibstofftanks unbeschädigt blieben und es zu keiner Explosion kam. Weil außerdem die Mitarbeiter aus den Büros längst im Wochenende waren, kam nur der Pilot selbst ums Leben. Amerika ist haarscharf einer neuen Katastrophe entronnen.

Verhindert werden konnte das Unglück nicht, obwohl umgehend die Flugsicherung verständigt wurde, ein Hubschrauber der Küstenwache die Verfolgung aufgenommen hatte und Kampfjets bereits gestartet waren. Auch in Berlin gibt es vor einem solchen Szenario keinen Schutz. Zahlreiche Privatpiloten haben ihre Sportmaschinen auf Plätzen im Umland wie Schönhagen, Strausberg oder Nauen abgestellt, auch im Südteil des Flughafens Schönefeld sind viele Kleinflugzeuge zu Hause. Mitgliedern von Luftsportclubs stehen Vereinsmaschinen zur Verfügung. Nahezu jeder volljährige Bürger kann für etwa 7000 Euro an einer der vielen Flugschulen seinen Pilotenschein erwerben. Und jeder, der eine gültige Lizenz vorweist, kann ein Kleinflugzeug für einen Trip chartern. Vor knapp drei Jahren mietete ein Berliner am Flugplatz Bienenfarm (Kreis Havelland) eine einmotorige Cessna und sprang offenbar nach dem Start in Selbsttötungsabsicht aus der Maschine. Das steuerlose Flugzeug zerschellte neben einem Wohnhaus in Hoppenrade (Kreis Oberhavel). Über Berlin fliegen die Verkehrsbeobachter verschiedenster Rundfunksender, kommerzielle Anbieter von Rundflügen und besonders an den Wochenenden auch die Privatpiloten, die mit ihren Passagieren einen Blick von oben auf die Metropole werfen möchten. Im Höhenbereich zwischen 300 und 800 Metern kann zumindest über dem südlichen Teil der Stadt nach Anmeldung beim Tempelhofer Kontrollturm relativ frei herumgekurvt werden. Ob die Mindesthöhen auch tatsächlich eingehalten werden, lässt sich nur kontrollieren, wenn die Maschine mit einem sogenannten Transponder ausgestattet ist, was bei Sportflugzeugen selten der Fall ist. An den verkehrsschwachen Wochenenden ist es auch relativ einfach, eine Freigabe für den nördlichen Bereich zu erhalten, über dem die An- und Abflugrouten des Tegeler Airports verlaufen. Doch auch wer ohne Genehmigung in den Berliner Luftraum steuert, ist nicht zu bremsen. Über dem Berliner Stadtgebiet würden zwischen dem Abweichen vom Kurs und einer gewollten Kollision mit einem Gebäude nur wenige Sekunden vergehen. Die Flugsicherung hätte kaum eine Chance, dies rechtzeitig zu bemerken und ohnehin keine Möglichkeit, einzugreifen. Selbst Regierungsgebäude wie das Kanzleramt ließen sich nur durch eine weiträumige Sperrzone schützen, in der Eindringlinge sofort abgeschossen würden - ein in der Großstadt undenkbares Szenario. Eine Sperrung des Berliner Luftraumes für Kleinflugzeuge wäre keine Alternative, denn zumindest für Start und Landung auf einem der Berliner Flughäfen müsste der Überflug dennoch genehmigt werden. Einen gewissen Schutz könnten eine bessere Sicherung auch kleiner Sportflugplätze und eine Kontrolle der Piloten durch den jeweiligen Flugplatzbetreiber bieten, Vorschriften, die seit dem 11. September verstärkt gefordert werden. Eine absolute Sicherheit gibt es aber nicht.

Rainer W. During

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