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Eine junge Frau beim Gerüstbau: In Berlin zahlen Firmen, die keine Fachkräfte ausbilden, seit 1977 in einen gemeinsamen Topf ein.

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Ausbildungsumlage auf dem Berliner Bau: DGB würdigt Erfolgsmodell, Arbeitgeberverband bleibt kritisch

Berlins lokale Politik streitet über die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe. Im Bausektor gibt es sie seit 1977. Gewerkschaften und Verbände berichten über Erfahrungen.

Von Alix Faßmann

Seit Jahre geistert die Ausbildungsumlage als Schreckgespenst durch die Berliner Wirtschaft. Unternehmen, die nicht ausbilden, sollen zahlen. Betriebe, die Auszubildende finden und ausbilden, dafür einen finanziellen Ausgleich bekommen. Mit dem „Bündnis für Ausbildung“ hält auch Berlins neuer CDU-Bürgermeister Kai Wegner an dem Instrument fest.

Bedrohlich finden das die Unternehmensverbände und Kammern, erfreulich die Gewerkschaften. Für den DGB Berlin-Brandenburg ist die Bauwirtschaft ein Beispiel dafür, dass die Ausbildungsumlage funktioniert. In der Berliner Baubranche müssen die Betriebe seit 1977 in einen gemeinsamen Topf zahlen.

Bereits seit 1957 gibt es den Lehrbauhof in Marienfelde. Betrieben von Fachgemeinschaft Bau, werden auf dem 30.000-Quadratmeter-Gelände Azubis in 13 Gewerken ausgebildet; die Zimmerer sägen neben den Trockenbauern, die Kanalbauer heben in der Halle dahinter Löcher im Übungssandkasten aus. Neben Ausbildungsbetrieb und Berufsschule ist dieser Lehrbauhof als dritte Lernumgebung für die Azubis fester Bestandteil der Ausbildung.

Umlage zur Umverteilung

Sowohl auf Unternehmer- als auch auf Gewerkschaftsseite ist man stolz auf das Umlagesystem zur Ausbildungsförderung. Wenn die Azubis auf dem Lehrbauhof sind und nicht in ihrem Betrieb, dann zahlt die Sozialkasse des Berliner Baugewerbes (Soka-Bau) einen Ausgleich an die Betriebe. Bis zu 17 Monate Ausbildungsvergütung können Betriebe so erstattet bekommen. Das Geld kommt aus einem Topf der Soka-Bau, in den alle Unternehmen der Baubranche einen Betrag einzahlen. Aktuell sind es 1,65 Prozent der Bruttolohnsumme.

„Das ist ein solidarisches System.

 Nele Techen, stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg

Wer also als Baubetrieb ausbildet, der wird entlastet. „Das ist ein solidarisches System“, sagt Nele Techen, stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass es bereits ein gut funktionierende Ausbildungsumlage in Berlin gibt.“

Und tatsächlich ist es so, dass die Baubranche bei aktuell 7500 offenen Ausbildungsplätzen in Berlin ganz gut dasteht. Allein dieses Jahr wurden im Bauhauptgewerbe 300 Ausbildungsverträge unterschrieben. „Damit liegen wir auf dem gleichen Niveau, wie im letzten Jahr“, sagt Katarzyna Urbanczyk-Siwek, Geschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau. Nach Angabe der Bundesagentur für Arbeit sind 140 Lehrstellen nicht besetzt.

7500
offene Ausbildungsplätze gibt es aktuell in Berlin, davon 140 auf dem Bau.

Trotz solcher Erfolgsmeldungen ist der Arbeitgeberverband kritisch. „Die Umlage schafft keinen einzigen zusätzlichen Ausbildungsplatz“, sagt Klaus-Dieter Müller, Präsident der Fachgemeinschaft Bau. Denn ob ein Betrieb einen Ausbildungsplatz anbieten kann, hänge vor allem von der Auftragslage und der Personalsituation im Betrieb ab. „Aus unserer Sicht müssen die einzelnen Branchen selbst entscheiden, ob sie eine Ausbildungsumlage einführen wollen.“

2000 zusätzliche Plätze

Nach den Plänen des Senats hat die Wirtschaft bis April 2025 Zeit, um 2000 zusätzliche Ausbildungsverträge zu organisieren. Gelingt das nicht, kommt die Umlage.

Die passenden Bewerber für die offenen Stellen seien nicht da, argumentiert die Wirtschaft gegen die Umlage. Die Senatsverwaltungen für Bildung und Arbeit müssten vielmehr die Voraussetzungen schaffen für mehr Bewerber, vor allem durch eine bessere Berufsorientierung, sagt Alexander Schirp, Chef der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg.

„Von einer Zwangsumlage im Gießkannenprinzip halte ich gar nichts“, sagt Gerrit Witschaß, Geschäftsführerin des Berufsförderungswerks der Fachgemeinschaft Bau. In ihrer Arbeit auf dem Lehrbauhof in Marienfelde bekomme sie allerdings mit, dass die junge Generation neue Werte mitbringe und neue Ansprüche an ihre Arbeit stellen. Darauf müssten sich alle Branchen einstellen.

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