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Sebastian Stietzel, Präsident der Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK Berlin).

© privat

Berliner Bürokratismus: Die vielen Formulare füllen ganze Umzugkartons

In Folge 77 unserer Kolumne „In der Lobby“ berichtet unser Autor von der IHK davon, dass die Bürokratie das größte Investitionshemmnis für Unternehmen ist.

Eine Kolumne von Sebastian Stietzel

Der Passierschein A38 aus „Asterix erobert Rom“ gilt gemeinhin als Synonym für Bürokratismus in zur Verzweiflung treibender Reinform. Ach, werden jetzt viele Unternehmerinnen und Unternehmer sagen, wenn es doch nur ein Formular wäre. Mehr als 30 Melde- und Berichtspflichten in den Bereichen Umwelt, Klima und Energie, 30 Formulare zu Compliance, Arbeitssicherheit, Finanzen und Personal, mehr als 20 Formulare für Export- und Importgeschäfte listete jetzt eine süddeutsche IHK auf.

Wenn sich Berliner Unternehmen an öffentlichen Auftragsvergaben beteiligen, füllen die einzureichenden Papiere ganze Umzugskartons. In unserer Konjunkturumfrage identifizieren 65 (!) Prozent der Unternehmen Ineffizienz der Behörden als wesentliches Investitionshemmnis.

Eine moderne und effiziente Verwaltung wird es nicht ohne Verfassungsänderungen geben. 

Sebastian Stietzel, Präsident der Industrie- und Handelskammer Berlin

Damit gehört Bürokratie zu den strukturellen Risiken, die das Wirtschaftswachstum in Berlin faktisch bremsen. Viele Regelungen gehen zwar auf europäische oder bundesgesetzliche Vorgaben zurück, aber auch die Landesebene mischt ordentlich mit. Eine Unternehmensberatung kam vor einiger Zeit auf einen Anteil von 36 Prozent bei wirtschaftsrelevanten Informationspflichten, die auf Landesrecht zurückgehen. Dabei belastet zu viel Bürokratie nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Verwaltung selbst.

Bürokratieabbau und Verwaltungsmodernisierung gehören also zwingend zusammen. Und da reicht es nicht, hier und da eine Verordnung einzusparen. Eine moderne und effiziente Verwaltung wird es nicht ohne Verfassungsänderungen geben. Berlin sei ein „verunfallter Stadtstaat“, sagte letzte Woche ein namhafter Berliner Verwaltungswissenschaftler bei einer IHK-Veranstaltung. Unter völlig anderen Rahmenbedingungen entstanden, alt und an vielen Stellen einfach nicht mehr passend. Das Ziel muss also sein, zuerst die Verwaltung für die Bedarfe einer Millionen-Metropole auszurichten. Dann wird sich eine Entbürokratisierung gar nicht vermeiden lassen.  

In dieser Kolumne kommentieren Köpfe der Berliner Wirtschaft das aktuelle Geschehen.

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