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Sieben Hallen hätten auf dem Vorfeld des ehemaligen Flughafens Platz.

© Phillipp Meuser, Günther Wicker, EUREF AG

Macher vom Euref-Campus am Schöneberger Gasometer: Jetzt träumen sie von einem Messe-Gelände am Flughafen Tempelhof

Die Berliner Messehallen haben einen erheblichen Sanierungsbedarf. Ebenso das alte Flughafengebäude in Tempelhof. Weil Berlin weder das eine noch das andere bezahlen kann, könnte ein großer Umzug helfen.

Die Sanierung des maroden Flughafengebäudes in Tempelhof zieht sich seit Jahren hin, das Geld reicht immer nur für die nächste Etappe. Auch die Generalsanierung der alten Messehallen wird immer wieder verschoben, weil andere Baustellen drängender sind. Zwischendrin schlummert das Milliardengrab ICC weiter seinen Dornröschenschlaf.

In dieser Gemengelage hat der neue Vorschlag von Reinhard Müller, erfolgreicher Entwickler des Innovations-Campus Euref am Gasometer in Schöneberg, etwas Bestechendes. Könnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Vielleicht sogar drei.

Müller schlägt vor, auf dem Vorfeld des ehemaligen Flughafens Tempelhof, das nicht zum Tempelhofer Feld gehört, sechs neue Messehallen zu bauen. Zusammen mit den Hangars käme dabei ein Messezentrum heraus, das es von der Fläche her mit dem bestehenden aufnehmen könnte.

Entwürfe für eine Vision des Projektentwicklers EUREF AG für den ehemaligen Flughafen Berlin-Tempelhof.

© Phillipp Meuser, Günther Wicker, EUREF AG

Außerdem sollte zwischen den Hallen noch eine Konzert- und Veranstaltungsarena entstehen, alles für zusammen rund 800 Millionen Euro, wie Müller in der „Berliner Morgenpost“ erklärte.

800
Millionen Euro würden die neuen Messehallen kosten

Nach dem Vorbild des Euref-Campus soll die Idee aber nicht realisiert werden. „Wir wollen Tempelhof nicht erwerben“, sagte Karin Teichmann, Vorstandssprecherin von Müllers Euref AG, dem Tagesspiegel. Mit dem Vorschlag solle vor allem eine Diskussion über die Zukunft von Messe und Ex-Flughafen angeregt werden.

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Die alten, teils maroden Hallen auf dem Messegelände könnten abgerissen und die Fläche vermarktet werden, um Geld für die Neubauten und die Sanierung des Flughafengebäudes zu erwirtschaften, was bereits vor Jahren mit 500 Millionen Euro veranschlagt worden ist. Neuere Hallen wie der Citycube und der Hub27 an der Jafféstraße könnten als Sportarenen nachgenutzt werden.

ICC wäre als Teil der Messe verloren

Das ICC wäre damit als Teil des Messezentrums verloren, aber welche Nutzung für das verschwenderisch gebaute Kongresszentrum in Zukunft finanzierbar sein könnte, ist bis jetzt ohnehin noch völlig offen.

Müllers Vorschlag ist nicht ganz uneigennützig. Sein Architektenteam hat nach der Fertigstellung des Euref-Campus ein wenig Leerlauf, außerdem würde das neue Messezentrum näher an den Euref-Campus rücken.

Die Messe Velo Berlin findet bereits auf dem Vorfeld und in einem der Hangars statt.

© Velo Berlin/Stefan Hähnel

Die Berliner Politik reagiert teils aufgeschlossen, teils ablehnend. Der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Abgeordnetenhaus, Jörg Stroedter (SPD), findet den Vorschlag „sehr interessant“. Damit könnte die Sanierung des Flughafengebäudes in Angriff genommen werden, außerdem würden Flächen für Wohnungsbau auf dem Messegelände frei. Man sollte das mal durchrechnen, findet Stroedter.

CDU-Wirtschaftsexperte Christian Gräff findet den Vorschlag „super interessant“, wie er im Inforadio des RBB sagte. Berlin benötige zusätzliche Messekapazitäten. Das Land als Messe-Eigentümer könne die anstehenden Sanierungen nicht alleine stemmen.

Einige Hallen der Messe Berlin – hier beim Aufbau zur Internationalen Grünen Woche – sind stark sanierungsbedürftig.

© Messe Berlin GmbH/Volkmar Ottto

Der grüne Abgeordnete Christoph Wapler findet es dagegen falsch, den traditionellen Messestandort aufzugeben. Ähnlich sieht es der Linken-Abgeordnete Sebastian Scheel. Er erinnerte im Inforadio daran, dass auf den Messehallen gerade die größte Solaranlage der Stadt installiert werde.

Aus den bislang veröffentlichten persönlichen Ideen erschließt sich uns weder eine Notwendigkeit noch die Sinnhaftigkeit solcher Überlegungen. 

Emanuel Höger, Sprecher Messegesellschaft Berlin

Auch die landeseigene Messegesellschaft lehnt die Pläne ab: „Aus den bislang veröffentlichten persönlichen Ideen erschließt sich uns weder eine Notwendigkeit noch die Sinnhaftigkeit solcher Überlegungen. Wir investieren derzeit in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat und dem Land Berlin in den nachhaltigen Umbau des Messegeländes und setzen den Masterplan Sanierung plangemäß um“, erklärte Messe-Sprecher Emanuel Höger.

Eine weitere Visualisierung der Pläne der Euref AG für Tempelhof, hier mit der markanten Radar-Anlage.

© Phillipp Meuser, Günther Wicker, EUREF AG

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey erklärte, sie wolle sich das Konzept zusammen mit Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (beide SPD) anschauen. „In welcher Form sich Tempelhof für Kongresse und Großveranstaltungen eignet und für die Bedarfe der wachsenden Branche Lösungen bieten kann, ist eine spannende Frage.“ Den Messestandort am Funkturm zugunsten von Tempelhof aufzugeben, sei allerdings keine Option.

Dehoga-Präsident Christian Andresen könnte sich einen zweiten Messestandort mit angeschlossenen Hotelkapazitäten gut vorstellen. Seit dem Wegfall des ICC fehle der Stadt ein großes Kongresszentrum, das auf Knopfdruck betriebsbereit sei. „Der CityCube muss für Kongresse immer erst aufwendig eingerichtet werden.“

Ob sich Müllers Pläne mit dem Denkmalschutz des Flughafengebäudes vereinbaren lassen, müsste die Stadtentwicklungsverwaltung klären. Auch das Messegelände steht unter Denkmalschutz. Wobei in Berlin letztlich die Politik darüber entscheidet, welche Gebäude erhaltenswert oder verzichtbar sind. Die denkmalgeschützte Deutschlandhalle wurde 2011 trotz Protesten den Neubauplänen der Messe geopfert.

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