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Ausstellungssal im Märkischen Museum.

© Michael Setzpfandt

Ein letzter Besuch im Märkischen Museum: Wo sich die Sinne verwirren

Das Märkische Museum schließt für mehrere Jahre. Grund genug, dem von Ludwig Hoffmann als kongeniale Renaissance-Kopie erbauten Gebäude noch mal die Ehre zu erweisen.

Ein Kommentar von Udo Badelt

Bevor wir überhaupt reingehen, hat sich der Besuch schon gelohnt. Das Märkische Museum wird modernisiert und schließt für mehrere Jahre, deshalb ist der Eintritt im ganzen Dezember frei – schöner Anlass, noch mal das von Ludwig Hoffmann 1908 erbaute, trotz des U-Bahnhofs ein bisschen in Vergessenheit geratene Gebäude auf sich wirken zu lassen. Aber erst ein kleiner Spaziergang durch den angrenzenden Köllnischen Park. Und was erfährt man da? Er entstand auf den Fundamenten der barocken Festungsanlage! Die Ecke Rungestraße/Am Köllnischen Park markiert die Spitze der Bastion VII. Wusste man auch noch nicht.  

Straßen reden – man muss ihnen nur zuhören

Was andernorts normal wäre, ist in einer Stadt wie Berlin immer wieder Grund für ein Aha-Erlebnis: dass Strukturen der Vergangenheit im Weichbild der Stadt anhand der Straßenführung noch ablesbar sind. Wie bei einem Negativabdruck erahnt man die einst vom Großen Kurfürsten befohlene Festungsanlage an der Form des Köllnischen Parks – wie übrigens auch an der Form des Hausvogteiplatzes oder an dem Knick, den die Neue Schönhauser Straße bei der Hausnummer 14 macht. Straßen reden – man muss ihnen nur zuhören.

Also, rein ins Museum. Der freie Eintritt zieht, das Haus ist an diesem Samstagnachmittag gut voll. In der Großen Halle liegt ein Wummern in der Luft, hat die Berliner Clubkultur den Ort entdeckt? Nein, der Studiengang Sound Studies der UdK testet die Akustik für die künftige Nutzung. Hoffmanns Bau verwirrt immer wieder die Sinne: Mittelalter, Renaissance, Gotik, alles hat er zitiert, die Architektur ist von 1908 und sieht doch aus wie 1508.  

Anhand einzelner Schlaglichter will die aktuelle Ausstellung Berlins Geschichte von den eiszeitlichen Ursprüngen bis heute erhellen. Da ist, als Faksimile, die Urkunde von 1237, die erstmals den Namen „Cölln“ erwähnt. Lange bleiben wir stehen vor einer Fotografie von 1883, die eine große Gruppe von Arbeitern beim Bau einer Kanalisation im Wedding zeigt, und versuchen, den jüngsten zu finden. Sohnemann entdeckt ihn, er dürfte so alt gewesen sein wir er. Das Damals und das Heute fließen ineinander.  

Dann sind wir auch schon wieder am Ausgang. Ein „zeitgemäßes“ Stadtmuseum soll hier in einigen Jahren entstehen, der Turm wieder zugänglich gemacht, der Park in ein Kreativquartier umgewandelt werden. Ein Museumscafé wäre auch nicht schlecht, denken wir, bevor wir wieder nach draußen in den Frost zurückkehren. 

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